27.6.2025 – Die Bundesregierung hat den ersten Teil eines Gesamtpakets einer Rentenreform geschnürt. Darin werden das Rentenniveau auf 48 Prozent bis zum Jahr 2031 und die Ausweitung der Mütterrente festgeschrieben. Zudem wird künftig ein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis für Personen, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, möglich sein.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat den „Entwurf eines Gesetzes zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten“ vorgelegt. Die Tagesschau berichtet in ihrem Online-Newsletter zuerst über das Papier. Das VersicherungsJournal hat aus Regierungskreisen ebenfalls den Entwurf erhalten.
Darin werden drei Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag (VersicherungsJournal 9.4.2025) aufgegriffen. Wichtigster Punkt ist die Festschreibung des Rentenniveaus auf 48 Prozent bis zum Jahr 2031.
Damit löst die SPD ihr zentrales Wahlversprechen (20.12.2024) ein. Für Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) sei das eine Frage der Gerechtigkeit, berichtet die Tagesschau. Für die Menschen bedeute das Stabilität, dass sie auch nach einem langen Arbeitsleben die Sicherheit hätten, eine stabile Rente zu bekommen.
Die Festschreibung nur bis zum Jahr 2031 wirkt wie ein gegenseitiges Entgegenkommen der aktuellen Koalitionspartner. Die vorherige, SPD-geführte Regierung war in ihren Plänen weit darüber hinausgegangen.
In ihrem Entwurf des Rentenniveaustabilisierungs- und Generationenkapitalgesetzes, genannt Rentenpaket II, war eine Haltelinie von 48 Prozent sogar bis einschließlich Juni 2040 vorgesehen (30.5.2024). Durch das Aus der Ampel trat das Gesetz jedoch nicht in Kraft.
Haltelinien gibt es bereits seit 2019. Diese wurden im Rentenpaket I beschlossen. Demnach darf laut § 154 Absatz 3 SGB VI bis einschließlich 2025 der Rentenbeitragssatz höchstens 20 Prozent betragen und das Sicherungsniveau vor Steuern darf nicht unter 48 Prozent liegen.
Die Regelungen kamen erstmals zum 1. Juli 2024 zur Anwendung und sorgen auch in diesem Jahr dafür, dass das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinkt. Laut Berechnungen des BAMS wäre das ohne die Haltelinie der Fall gewesen. Ohne entsprechende Neuregelungen für die Jahre ab 2026 wird nach diesen Berechnungen das Rentenniveau bis 2038 auf 45,2 Prozent abrutschen (20.11.2025).
Die bis zur Rentenanpassung 2025 geltende Haltelinie für das Rentenniveau bei 48 Prozent habe vertrauensbildend gewirkt, heißt es in dem Bas-Entwurf. Das Ziel sei, nun dafür zu sorgen, dass die gesetzliche Rentenversicherung weiterhin verlässlich bleibe.
„Dazu gehört, dass die Bürgerinnen und Bürger auf ein stabiles Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung vertrauen können und ein angemessenes Verhältnis von Rentenversicherungsbeiträgen und Leistungen gewahrt bleibt“, wird berichtet.
Zur Lösung werde die Haltelinie für das Rentenniveau bei 48 Prozent bis zum Jahr 2031 verlängert. „Die sich daraus ergebenden Mehraufwendungen der Rentenversicherung werden aus Steuermitteln vom Bund erstattet. Durch die Erstattung werden Auswirkungen auf den Beitragssatz grundsätzlich vermieden“, wird betont.
Zudem werde geregelt, dass die Bundesregierung im Jahr 2029 einen Bericht über die Entwicklung des Beitragssatzes und der Bundeszuschüsse vorzulegen habe. Ziel dieses Berichts sei es, zu prüfen, ob und welche Maßnahmen erforderlich sind, um das Rentenniveau von 48 Prozent über das Jahr 2031 hinaus beizubehalten.
Die Maßnahme ist jedoch höchst umstritten. Führende Ökonomen warnen immer wieder vor einem Festzurren dieser Stellschraube, insbesondere, wenn gleichzeitig die Lebensarbeitszeit nicht verlängert und die Praxis des vorzeitigen, abschlagsfreien Renteneintritts nicht beendet wird (20.1.2025).
Zuletzt baten eindringlich 28 Wirtschaftswissenschaftler, darunter die Wirtschaftsweisen, in einem Brandbrief an die neue schwarz-rote Bundesregierung, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen (Medienspiegel 8.4.2025). Eine Stabilisierung des Rentenniveaus auf dem jetzigen Niveau „dürfte in den kommenden 20 Jahren zusätzliche 520 Milliarden Euro kosten“, hieß es.
Dadurch würden die Beitragssätze zur Rentenversicherung, die je zur Hälfte von Beschäftigten und Arbeitgebern getragen werden, noch stärker steigen, als dies ohnehin aufgrund der Alterung der Bevölkerung absehbar sei.
Das BMAS hat dagegen berechnet, dass der Beitragssatz durch die Maßnahmen lediglich im Jahr 2027 um 0,1 Prozentpunkte höher ausfällt als im geltenden Recht und ab 2028 dann wieder auf gleichem Niveau liegt. Allerdings werden dann 20,0 Prozent statt heute 18,6 Prozent prognostiziert.
Durch die Erstattung werden Auswirkungen auf den Beitragssatz grundsätzlich vermieden.
Entwurf eines Gesetzes zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten
Die Ökonomen forderten zudem, die sogenannte Mütterrente nicht auszuweiten. Ansonsten würden jüngere Beitragszahler ungerecht belastet und Arbeit noch teurer. Aber auch dieses Vorhaben will die neue Bundesregierung nun umsetzen.
Derzeit beträgt die anrechnungsfähige Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung für vor 1992 geborene Kinder zweieinhalb Jahre, für nach 1991 geborene Kinder sind es drei Jahre.
Ziel sei es, mit der Anerkennung von drei Jahren für alle Kinder die vollständige Gleichstellung zu schaffen. Eine Beibehaltung der bisherigen Handhabung widerspräche dem bestehenden Gerechtigkeitsempfinden der betroffenen Mütter und Väter, so der Wortlaut im Entwurf.
Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hält nichts von der Ausweitung der Mütterrente. Der Wunsch der CSU koste fünf Milliarden Euro jährlich, davon kämen bei den profitierenden Müttern jeweils nur rund 20 Euro an, warnte DRV-Präsidentin Gundula Roßbach bereits im Frühjahr (Medienspiegel 17.3.2025).
Die mit diesem Gesetzentwurf umgesetzten Maßnahmen sind der erste Teil eines Gesamtpakets einer Rentenreform.
Entwurf eines Gesetzes zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten
Der jetzt von Arbeitsministerin Bas vorgelegte Entwurf sieht ferner vor, Personen, die die Regelaltersgrenze erreicht haben, die Rückkehr zu ihrem bisherigen Arbeitgeber zu erleichtern.
Dazu soll das Anschlussverbot des § 14 Absatz 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz für diesen Personenkreis aufgehoben werden, so dass künftig ein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis nach Renteneintritt möglich ist – auch wiederholt. Als Grenzen werden eine Höchstdauer von insgesamt acht Jahren oder eine maximale Anzahl von zwölf befristeten Arbeitsverträgen festgesetzt.
Hintergrund ist, „eine freiwillige Weiterarbeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze für die Arbeitsvertragsparteien einfacher zu gestalten und damit insbesondere einen Beitrag zur Fachkräftesicherung zu leisten“, heißt es. Damit wird ferner der Weg für die „Aktivrente“ geebnet, ein Projekt der CDU (18.12.2024).
Demgemäß wird berichtet: „Die mit diesem Gesetzentwurf umgesetzten Maßnahmen sind entsprechend des vom Koalitionsausschuss am 28. Mai 2025 beschlossenen Sofortprogramms der Bundesregierung der erste Teil eines Gesamtpaketes einer Rentenreform, zu der unter anderem auch die Einführung der Aktivrente und die Einführung der Frühstartrente gehören.“
Zu den finanziellen Auswirkungen auf die Bundesmittel heißt es: „Die Erstattung der Mehrkosten der Verlängerung der Haltelinie führt – unter Berücksichtigung sämtlicher weiterer Maßnahmen – ab dem Jahr 2029 zu zusätzlichen Ausgaben in Höhe von zunächst 4,1 Milliarden Euro.
Im Jahr 2030 steigen die Kosten auf 9,4 Milliarden Euro, im Jahr 2031 auf 11,2 Milliarden Euro. Auch in den Folgejahren ist mit einem weiteren Anstieg zu rechnen, da das Rentenniveau zwar sukzessive sinkt, jedoch weiterhin über dem sich nach geltendem Recht ergebenden Niveau liegt.“
Durch die Ausweitung der Mütterrente entstehen ab 2028 jährlich Mehrausgaben von fünf Milliarden Euro im Bundeshaushalt. Bis zum Jahr 2040 sinken die Erstattungen auf vier Milliarden Euro jährlich.
Unter Berücksichtigung sämtlicher Maßnahmen erhöhen sich den Angaben zufolge die zusätzlichen Gesamtmittel des Bundes perspektivisch auf zunächst 14,9 Milliarden Euro im Jahr 2030 und steigen bis zum Jahr 2040 auf insgesamt 20 Milliarden Euro an.
Laut Regierungskreisen soll das neue Rentenpaket diesen Sommer im Kabinett beschlossen und anschließend dem Bundestag zur weiteren Beratung zugeleitet werden. Somit könnte das Gesetzgebungsverfahren noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Dadurch würde die derzeit noch geltende Haltelinie nahtlos verlängert.
Zudem geht Berlin davon aus, dass eine reibungslose Auszahlung der erhöhten Mütterrente ab 2028 sichergestellt werden kann. Weitere rentenpolitische Maßnahmen sollen in Kürze auf den Weg gebracht werden, darunter die Frühstartrente, die Aktivrente und die Stärkung der Betriebsrente.
Andreas Klapproth - Die Reform geht nicht weit genug. mehr ...
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