Höhere Bemessungsgrenze? PKV-Verband sieht „Sondersteuer auf Arbeitsplätze“

11.6.2025 – Die Regierungsparteien diskutieren über höhere Krankenkassenbeiträge für Gutverdiener. Angestoßen hat die Debatte SDP-Politiker Christos Pantazis, der zugleich eine Anhebung der Versicherungspflichtgrenze fordert. Der PKV-Verband lehnt den Vorstoß ab und verweist auf zweistellige Zuwächse bei den Lohnzusatzkosten.

Die SPD macht weiter Druck bei den Sozialversicherungen. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas hatte kürzlich vorgeschlagen, künftig auch Beamte und Selbstständige in die Rentenkasse einzahlen zu lassen (VersicherungsJournal 13.5.2025). Am Wochenende äußerte sich Gesundheitsexperte Dr. Christos Pantazis zu Rechengrößen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Angesichts der angespannten Finanzlage der GKV schlug der SPD-Politiker und Arzt vor, dass Gutverdiener mehr einzahlen sollten. Er sprach sich für eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 5.512,50 Euro pro Monat auf das Niveau der Bemessungsgrenze der Rentenversicherung aus. Das beträgt seit dem 1. Januar monatlich 8.050 Euro (27.11.2024).

Diese Anpassung „kann ein Beitrag zur finanziellen Entlastung der Krankenkassen sein, ohne die Versicherten über Gebühr zu belasten“, sagte Pantazis gegenüber Bild. „Für eine nachhaltige Stabilisierung der GKV-Finanzen dürfen wir uns keine Denkverbote auferlegen – wir müssen über alle relevanten Stellschrauben offen diskutieren.“

Pantazis fordert Anhebung der Versicherungspflichtgrenze

Christos Pantazis (Bild: SPD)
Christos Pantazis (Bild: SPD)

Unter Berufung auf den Bund der Steuerzahler berichtete die Redaktion, dass ein Single mit 6.000 Euro Monatsbrutto dann 406 Euro, mit 7.000 Euro Monatsbrutto sogar 1.170 Euro pro Jahr mehr an die Kasse entrichten müsste. Eine vierköpfige Familie mit 6.500 Euro Monatsbrutto hätte 865 Euro weniger netto im Jahr, mit 7.500 Euro Monatsbrutto 1.697 Euro weniger.

Der Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (IW) hat den Angaben zufolge berechnet, dass sich durch die Anpassung Mehreinnahmen von fast 20 Milliarden Euro für die Krankenkassen ergeben würden.

Pantazis plädierte zudem für eine Anhebung der Versicherungspflichtgrenze, um breite Bevölkerungsschichten und die Wirtschaft von Lohnnebenkosten zu entlasten.

Diese Grenze regelt, ab wann Arbeiter und Angestellte versicherungsfrei in der GKV sind und somit in die private Krankenversicherung (PKV) wechseln können. Sie war erst zum Jahreswechsel von 5.775 Euro im Monat und 69.300 Euro im Jahr auf 6.150 Euro monatlich und 73.800 Euro jährlich gestiegen.

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Union lehnt mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ab

Albert Stegemann (Bild: privat)
Albert Stegemann (Bild: privat)

Die CDU erteilte den Vorschlägen des gesundheitspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion im Bundestag umgehend eine Absage.

„Dadurch wird Arbeit und Leistung unnötig verteuert und es schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland“, wurde Albert Stegemann (CDU), stellvertretender Unionsfraktionschef und zuständig für Gesundheitspolitik, von Tagesschau.de zitiert.

Belastungen für die Beitragszahler sollten vermieden werden. Darauf habe man sich im Koalitionsvertrag verständigt.

„Daher werden wir uns gemeinsam mit der SPD grundlegend mit der Finanzierung beschäftigen.

Wir müssen insbesondere das System effizienter machen und dadurch Kosten senken“, so Stegemann.

PKV-Verband befürchtet Anstieg der Sozialbeiträge

Florian Reuther (Bild: PKV-Verband)
Florian Reuther (Bild: PKV-Verband)

Ähnlich äußerte sich auch Florian Reuther, Direktor des Verbands der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV-Verband). „Die Erhöhung der Bemessungsgrenzen in der Krankenversicherung auf das Niveau der Rentenversicherung ist nichts anderes als eine Sondersteuer auf Arbeitsplätze“, meldete er sich am Wochenende in einer Pressemitteilung zu Wort.

Sie belaste Arbeitgeber und hochqualifizierte Arbeitnehmer gerade in den zukunftsfähigen Branchen, auf die Deutschland in der aktuellen wirtschaftlichen Lage dringend angewiesen sei. „Ihre Beiträge würden in der Folge um bis zu 46 Prozent steigen – und dadurch Arbeitsplätze in Deutschland vernichten“, so Reuther.

Auf ihnen laste ohnehin schon eine der weltweit höchsten Abgabenquoten. Für eine verantwortliche Gesundheitspolitik müsse die Priorität sein, mit den vorhandenen Einnahmen auszukommen. „Der Zugang zur PKV darf nicht weiter eingeschränkt werden. Um unser Gesundheitssystem besser auf die Belastungen des demografischen Wandels einzustellen, ist das genaue Gegenteil nötig“, betonte er.

Beispielrechnungen zeigen zweistelliges Plus bei Lohnzusatzkosten

Der PKV-Verband berichtete unter Berufung auf den Arbeitgeber-Belastungs-Rechner des VBW – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., dass bei einer Erhöhung der Rechengröße der Krankenversicherung auf das Niveau der Rentenversicherung für ein Unternehmen der Automotive-Industrie mit 6.741 Beschäftigten die Lohnzusatzkosten um 23,2 Prozent steigen würden.

Ein Start-up im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) mit 20 Beschäftigten wäre von einem Anstieg der Lohnzusatzkosten um 23,8 Prozent betroffen. Ein kleineres Krankenhaus auf dem Land, das ohnehin schon unter Kostendruck stehe, müsste einen Zuwachs von zehn Prozent verkraften.

 
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