Welche Partnereinkommen bei der Grundrente angerechnet werden

1.12.2025 – Eheleute sind besser finanziell abgesichert als nichteheliche Lebenspartner, stellt das Bundessozialgericht in einem aktuellen Urteil fest. Daher verstößt es nicht gegen die Verfassung, wenn Verheiratete bei der Berechnung des sogenannten Grundrentenzuschlags für langjährig Versicherte gegebenenfalls schlechter gestellt werden. Diese vermeintliche Ungerechtigkeit basiere auf typischen Lebenssachverhalten.

In dem aktuell verhandelten Fall hat eine 1960 geborene Frau, die seit Mai 2022 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezieht, gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund geklagt. Sie forderte, dass ein Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherte berücksichtigt wird.

Die beklagte Körperschaft des öffentlichen Rechts hatte aus 43 Beitragsjahren einen sogenannten Grundrentenzuschlag in Höhe von 1,1760 Entgeltpunkten ermittelt. Die entsprechende Monatsrente von zunächst knapp 40 Euro wurde jedoch mit dem Einkommen ihres Ehemanns verrechnet.

Um dennoch eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung des Grundrentenzuschlags zu erhalten, zog die Frau vor Gericht. Konkret verlangte die Klägerin, das Einkommen ihres Ehemanns nicht anzurechnen – so wie es bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gilt.

Berufungsgericht bestätigt Urteil der ersten Instanz

Mit dieser Klage hatte die Frau aber laut einem Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23. August 2022 (S 10 R 338/22) keinen Erfolg. Daher ging die Frau in Berufung vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (VersicherungsJournal 19.3.2024).

Doch auch die Richter in Essen führten in ihrem Urteil vom 30. Januar 2024 (L 18 R 707/22) aus, der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung habe nur die gesetzlichen Vorschriften rechtmäßig angewandt. Die Praxis verstoße auch nicht gegen Artikel 3 GG in Verbindung mit Artikel 6 GG.

Bei dem vollständig aus Steuermitteln finanzierten Grundrentenzuschlag verfüge der Gesetzgeber nämlich über einen weiten Gestaltungsspielraum. Und grundsätzlich sei es bei einer aus Gründen der Fürsorge gewährten Sozialleistung geboten, die Einkommen anzurechnen.

WERBUNG

Klägerin geht in Revision vor dem Bundessozialgericht

Gegen dieses Urteil ist die Klägerin in Revision gegangen, weil hiermit Verfassungsrecht verletzt werde. Die Einkommensanrechnung führe demnach zu einer Ungleichbehandlung von Verheirateten gegenüber Versicherten in nichtehelichen Lebensgemeinschaften, die nicht gerechtfertigt sei.

Doch auch die Revisionsklage der Frau ist ohne Erfolg geblieben, so dass sie keine höhere Rente beanspruchen kann. Der Grundrentenzuschlag kommt nach der Anrechnung des zu versteuernden Einkommens ihres Ehemanns in dem betreffenden Zeitraum nach § 97a SGB VI nicht zum Tragen.

Hierdurch werde die Klägerin nicht in ihren Grundrechten verletzt, stellt das Bundessozialgericht in einem Urteil vom 27. November 2025 (B 5 R 9/24 R) fest. Denn: „Es bestehen hinreichende sachliche Gründe, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen“, heißt es von den Richtern in Kassel.

Eheleute besser abgesichert als nichteheliche Partner

„Eheleute unterliegen einer gesteigerten bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht“, erklärt das Bundessozialgericht zur Begründung seines Urteils. „Dagegen schulden die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft einander keinen gesetzlichen Unterhalt.“

Diese Tatsachen stützen laut dem Gericht die Annahme, dass ein verheiratetes Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung besser finanziell abgesichert ist als ein nicht verheiratetes. Dies sei eine sachliche Erwägung, die auf typischen Lebenssachverhalten beruhe.

Der Grundrentenzuschlag wird zudem nur dann gezahlt, wenn dem Berechtigten nicht aufgrund anderer Ansprüche – wie den ehelichen Unterhaltspflichten – mehr Geld als einem Empfänger der Sozialhilfe zur Verfügung steht.

Grundrentenzuschlag mit dem Grundgesetz vereinbar

Ziel der Gesetze sei es, den steuerfinanzierten Grundrentenzuschlag als Maßnahme des sozialen Ausgleichs nur den wirklich Bedürftigen zu gewähren. Er sollte demnach denjenigen Haushalten verwehrt bleiben, die ihn aufgrund ihres Gesamteinkommens wirtschaftlich gar nicht benötigen.

Um das umzusetzen, würden die zu versteuernden Einkommen des jeweiligen Ehegatten eines Rentners mithilfe eines vollautomatisierten Datenabgleichs mit den Finanzbehörden angerechnet. Eine spezielle Bedürftigkeitsprüfung wie bei der Grundsicherung sei ausdrücklich nicht gewollt.

Die Regelungen verstoßen nach Angaben der Richter auch nicht gegen das verfassungsmäßige Grundrecht auf Eigentum aus Artikel 14 GG. Sie seien auch dann eine „zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung“, wenn man den Rentenanspruch insgesamt als Schutzobjekt betrachtet.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Bundessozialgericht · Grundrente · Rente · Sozialhilfe
 
WERBUNG
Werben im Extrablatt

Mit einer Anzeige im Extrablatt erreichen Sie mehr als 12.500 Menschen im Versicherungsvertrieb, überwiegend ungebundene Vermittler. Über die Konditionen informieren die Mediadaten.

Ihr Wissen und Ihre Meinung sind gefragt

Ihre Leserbriefe können für andere Leser eine wesentliche Ergänzung zu unserer Berichterstattung sein. Bitte schreiben Sie Ihre Kommentare unter den Artikel in das dafür vorgesehene Eingabefeld.

Die Redaktion freut sich auch über Hintergrund- und Insiderinformationen, wenn sie nicht zur Veröffentlichung unter dem Namen des Informanten bestimmt ist. Wir sichern unseren Lesern absolute Vertraulichkeit zu. Schreiben Sie bitte an redaktion@versicherungsjournal.de.

Allgemeine Pressemitteilungen erbitten wir an meldungen@versicherungsjournal.de.

WERBUNG
Noch erfolgreicher Kundengespräche führen

Geraten Sie in Verkaufssituationen immer wieder an Grenzen?
Wie Sie unterschiedliche Persönlichkeitstypen zielgerichtet ansprechen, erfahren Sie im Praktikerhandbuch „Vertriebsgötter“.

Interessiert? Dann können Sie das Buch ab sofort zum vergünstigten Schnäppchenpreis unter diesem Link bestellen.

Diese Artikel könnten Sie noch interessieren
10.10.2025 – Für Menschen mit mindestens 33 Jahren versicherungspflichtigen Rentenzeiten gibt es nicht nur den Grundrentenzuschlag, sondern auch einen Freibetrag bei Leistungen wie Wohngeld oder Grundsicherung. Wer das nicht weiß, verschenkt unter Umständen Geld. (Bild: DIW Berlin) mehr ...
 
11.6.2025 – Ein Selbstständiger hatte viele Jahre freiwillig Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet, aber diese Zeiten wurden nicht für die Grundrente anerkannt. Er sah darin eine Benachteiligung freiwillig Versicherter und klagte. (Bild: Pixabay, CC0) mehr ...
 
19.3.2024 – Ist die Anrechnung des Einkommens des Ehegatten auf den Grundrentenzuschlag für langjährig Versicherte verfassungsgemäß? Mit dieser Frage hat sich das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen befasst. (Bild: Pixabay CC0) mehr ...
 
13.9.2021 – Ein Sozialhilfeträger wollte auf die private Rentenversicherung eines Hilfebedürftigen zurückgreifen. Dieser zog daraufhin bis vor das Bundessozialgericht. Denn er war der Meinung, dass die Hilfen angesichts des mit seinem Versicherer vereinbarten späten Verwertungsausschlusses als Zuschuss und nicht als Darlehen gewährt werden mussten. (Bild: Pixabay, CC0) mehr ...
 
22.12.2020 – Das Arbeits- und Sozialministerium hat die umfangreichen Änderungen aufgelistet, die ab dem kommenden Januar gelten. Unter anderem steigen die Beitragsbemessungs-Grenzen erneut deutlich an, der Zugang zur PKV wird weiter erschwert – und die Grundrente kommt. (Bild: Pixabay, CC0) mehr ...
 
13.9.2019 – Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat für die Bertelsmann Stiftung untersucht, wie sich die Altersarmut bis 2039 entwickeln könnte. Die Forscher bemängeln insbesondere die vorliegenden Grundrentenmodelle und plädieren für einen alternativen Ansatz. (Bild: Pixabay CC0) mehr ...
 
31.5.2019 – Den Zusammengang zwischen einem sinkenden Rentenniveau und dem Armutsrisiko hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes untersucht. Tenor: jetzt mit privater und betrieblicher Vorsorge gegensteuern. (Bild: DIW) mehr ...
WERBUNG