20.6.2025 – Obwohl ein Landwirt in einem Strafverfahren mangels Beweisen freigesprochen wurde, muss er seiner Versicherung nun 600.000 Euro plus Zinsen zurückzahlen. Denn in dem folgenden Zivilprozess sah es das Oberlandesgericht Oldenburg als erwiesen an, dass er den Brand selbst in Auftrag gegeben hatte.
Bei einem Landwirt war es in den Jahren 1996, 1997, 2001 und 2006 in verschiedenen Gebäuden seines Bauernhofs zu Bränden gekommen. Diese befanden sich im Eigentum von ihm und seiner Frau. In allen Fällen erhielten die beiden Entschädigungsleistungen aus der Feuerversicherung.
Während die Ermittlungsbehörden die ersten drei Brände auf technische Defekte zurückgeführt hatten, wurde beim letzten Brand aus dem Jahr 2006 Brandstiftung als Ursache festgestellt.
Darüber hinaus hatte der Landwirt über mehrere Jahre hinweg Schäden aus Verkehrsunfällen gemeldet, für die er Leistungen aus Kfz-Haftpflichtversicherungen erhielt. In zwei Fällen kamen Gerichte zu dem Ergebnis, dass es sich um fingierte Unfälle gehandelt habe.
Doch die vermeintliche Pechsträhne des Bauern hielt an. Im Jahr 2009 kam es erneut zu einem Brand, diesmal in einem Kälbermaststall auf einem Grundstück, das der Ehefrau des Landwirts gehört. Der Versicherer zahlte daraufhin knapp 600.000 Euro an die Ehefrau.
Im folgenden Jahr ereigneten sich zwei weitere Brände an einem Wohn- und Geschäftshaus des Landwirts. Diesmal weigerte sich der Versicherer, für den geltend gemachten Schaden zu zahlen.
Eine daraufhin erhobene Klage des Mannes wurde später durch das Landgericht Oldenburg, bestätigt durch das Oberlandesgericht Oldenburg, zurückgewiesen; denn die Gerichte waren davon überzeugt, dass der Landwirt die Brände selbst herbeigeführt hatte.
Daraufhin forderte der Versicherer auch die gezahlten 600.000 Euro zurück, die er für den Brand im Kälbermaststall 2009 erstattet hatte. Er argumentierte, dass auch dieser Brand vom Landwirt selbst gelegt worden sei. Als dieser nicht zahlen wollte, zog das Versicherungsunternehmen vor Gericht.
Bereits zuvor hatte sich der Landwirt auch strafrechtlich verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hatte im Jahr 2012 Anklage gegen ihn und weitere Personen erhoben – wegen des Verdachts auf Betrug und Brandstiftung im Zusammenhang mit Bränden in den Jahren 2006, 2009 und 2010.
Die große Strafkammer des Landgerichts sprach die Angeklagten mit Urteil vom 30. Mai 2013 (1 KLs 95/12) frei. Die Begründung: Es ließ sich nicht mit der für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen, dass sie die ihnen vorgeworfenen Taten tatsächlich begangen hatten.
Auch im vorliegenden zivilrechtlichen Verfahren wies das Landgericht Oldenburg die Klage des Versicherers zunächst ab. Es sah es nach eigener Beweisaufnahme nicht als erwiesen an, dass der Landwirt den Brand selbst gelegt hatte.
Doch der Landwirt muss nun zahlen: Das Oberlandesgericht Oldenburg verurteilte ihn laut einer Mitteilung des Gerichts am 20. März 2025 (1 U 229/20) dazu, der Versicherung rund 600.000 Euro Schadenersatz zu erstatten. Durch aufgelaufene Zinsen dürfte die Summe mittlerweile deutlich höher liegen.
Eine Gerichtssprecherin bestätigte auf Nachfrage, dass der vollständige Urteilstext derzeit nicht öffentlich zugänglich ist. Die Angaben beruhen auf der zusammenfassenden Darstellung des Landgerichts gegenüber der Presse.
Nach Angaben des Gerichts stützt sich die Schadensersatzpflicht auf mehrere rechtliche Grundlagen: Zum einen auf § 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 265 StGB (Versicherungsmissbrauch) und § 25 StGB (Täterschaft). Zum anderen greift auch § 826 BGB, der Schadenersatz bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung regelt.
Der Senat sah es nach einer Gesamtwürdigung aller vorliegenden Indizien als erwiesen an, dass der Landwirt den Brand in dem Kälbermaststall herbeigeführt hat. Der Bauer habe nach einem eigenen Tatplan einen Dritten mit der Brandlegung beauftragt und die Tat auch selbst mit vorbereitet.
Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO war der Senat dabei nicht an das frühere strafrechtliche Urteil – und damit an den Freispruch – gebunden. „Es handelt sich um selbstständige Verfahren, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können“, teilt die Sprecherin mit. So sei jedes Gericht verpflichtet, selbstständig Beweise zu erheben, Gutachten zu würdigen et cetera, um zu einem Urteil zu gelangen.
Im vorliegenden Fall habe es sich um ein aufwendiges Indizienverfahren gehandelt, bei dem das Gesamtbild letztlich zu der Überzeugung des Senats geführt habe, dass der Tatbestand des Versicherungsmissbrauchs erfüllt sei, berichtet die Sprecherin weiter. Zum Beispiel sei auffällig gewesen, dass bei den Schäden immer wieder dieselben Personen beteiligt gewesen seien. Auch hätten sich Zeugenaussagen widersprochen.
Ebenfalls sei auffällig gewesen, dass nach der anfänglichen Schadenhäufung überhaupt keine Schäden mehr auf dem Bauernhof aufgetreten seien, nachdem sich der Versicherer nach 2010 erstmals geweigert habe zu zahlen, berichtet die Sprecherin weiter.
Dass die ebenfalls beklagte Ehefrau am Versicherungsbetrug beteiligt war, konnte der Senat im Übrigen nicht feststellen. Das Urteil ist rechtskräftig.
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