7.8.2025 – Nach starken Regenfällen blieb auf einer gefliesten Terrasse mehrere Zentimeter hoch Wasser stehen. Dadurch wurde das Wohnhaus beschädigt. Der Wohngebäudeversicherer braucht trotz der mitversicherten erweiterten Elementardeckung den Schaden nicht regulieren, entschied das Oberlandesgericht Dresden. Ausschlaggebend war, dass die Wassermassen für eine Überschwemmung im Sinne der Versicherungsbedingungen zu gering waren.
Nach starken Regenfällen stand das Wasser auf der Terrasse einer Hauseigentümerin laut ihrer Schilderung bis zu fünf Zentimeter hoch. Infolgedessen entstand ein Schaden am Wohnhaus.
Die Frau machte daraufhin Ansprüche gegenüber ihrem Wohngebäudeversicherer geltend. Ihrer Auffassung nach lag ein Überschwemmungsschaden vor, der durch die in der Police enthaltene Elementarschadenversicherung abgedeckt sei.
Der Versicherer argumentierte dagegen, dass weder eine Überschwemmung im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliege noch die Terrasse als „Grund und Boden“ im Sinne der Klauseln gelte. Die Hauseigentümerin sah dies anders und klagte.
Das Landgericht (LG) Leipzig (03 O 1016/24) wies die Klage ab. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass eine gepflasterte Terrasse nicht als „Grund und Boden“ zu verstehen sei, auf den sich jedoch der Versicherungsschutz bei Überschwemmungen beziehe.
Denn in den Besonderen Bedingungen für die Elementarversicherung – Wohngebäude (BEW), die der Police zugrunde liegen, sind Schäden durch eine Überschwemmung nur mitversichert, wenn es sich um eine Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks handelt.
3.1 Überschwemmung ist die Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser durch |
Quelle: Besondere Bedingungen für die Elementarversicherung – Wohngebäude (BEW) des beklagten Versicherers. |
Da laut Landgericht die Terrasse nicht als „Grund und Boden“ zu werten ist, bestehe auch keine Leistungspflicht, wenn Wasseransammlungen von dort zu Gebäudeschäden führen.
Dagegen legte die Versicherungsnehmerin Berufung ein. Sie argumentierte, es liege eine Überschwemmung auch dann vor, wenn das Wasser auf versiegelten Flächen wie der Terrasse stehe, zumal diese direkt an das Haus angrenze.
Doch auch das Oberlandesgericht (OLG) Dresden gab mit dem Urteil vom 17. Juni 2025 (4 U 1685/24) dem Versicherer recht, wenn auch mit einer anderen Begründung als die Vorinstanz. Anders als der Versicherer und das Landgericht ist für das OLG die Frage, ob eine gepflasterte oder sonst versiegelte Fläche wie eine Terrasse grundsätzlich zum „Grund und Boden“ zählt, umstritten.
Laut Gericht ist in Ziffer 3 BEW nicht eindeutig geregelt, ob „Grund und Boden allein deshalb, weil er von Menschenhand bearbeitet worden ist (also gefliest, gepflastert, betoniert oder auf ähnliche Art und Weise bearbeitet) und weil er an ein Gebäude unmittelbar angrenzt, noch als Gebäudeteil anzusehen ist, oder wegen seiner ebenerdigen Beschaffenheit dem ‚Grund und Boden‘ zugerechnet wird“.
Wie Gebäudeversicherer bei Überflutungen von versiegelten Flächen verfahren, hat die VersicherungsJournal-Redaktion bei großen Anbietern erfragt. Dabei zeigten die einzelnen Unternehmen deutliche Unterschiede. Das gilt für Wohngebäude (VersicherungsJournal 28.7.2025) und für gewerblich genutzte Bauten (25.7.2025). |
„Eindeutig ist lediglich, dass natürliches Gelände von einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer als Grund und Boden angesehen werden wird“, so das Gericht.
Es merkt im Urteil an: „Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss.“
Das OLG stellt im Urteil jedoch klar, dass es im vorliegenden Fall nicht darauf ankommt, ob die Terrasse als Grund und Boden gilt. Denn unabhängig davon fehlt ein weiteres, entscheidendes Kriterium, damit es sich um einen Überschwemmungsschaden handelt – nämlich die „erheblichen Wassermengen“.
Eine Anreicherung des Erdbodens mit Niederschlags- und Grundwasser bis zur Sättigungsgrenze genügt […] nicht.
OLG Dresden
Auf Grundlage diverser anderer Urteile stellt das OLG in seiner Entscheidung fest: „Eine Überschwemmung setzt voraus, dass sich Wasser auf der Geländeoberfläche, also auf dem Grund und Boden außerhalb der Bebauung, sammelt und in ein Gebäude eindringt, weil es auf dem Gelände weder vollständig versickern noch sonst geordnet auf natürlichem Wege abfließen [… kann].
Bei den Wasseransammlungen auf dem Gelände muss es sich zudem um „erhebliche“ Mengen handeln […].“
Weiter führt das Gericht aus: „Kennzeichnend ist nach der Rechtsprechung ein Hinaustreten des Wassers über die Erdoberfläche, so dass das Wasser nicht mehr ‚erdgebunden‘ ist […]. Eine Anreicherung des Erdbodens mit Niederschlags- und Grundwasser bis zur Sättigungsgrenze genügt demgegenüber nicht […].“
Diese Maßstäbe für das Vorliegen einer Überschwemmung sah das OLG im konkreten Fall jedoch als nicht erfüllt an.
Stehendes Wasser auf einer Geländeoberfläche in einer Höhe von bis zu fünf Zentimetern reicht für eine Überschwemmung nicht aus.
OLG Dresden
So konnte nach Angaben der Klägerin und ihres Ehegatten „zwar die Rasenfläche außerhalb der Terrasse weiteres Wasser nicht mehr aufnehmen, der Sättigungsgrad sei insoweit erreicht gewesen; allerdings sei die Wiese noch sichtbar gewesen, hier habe lediglich eine erhebliche Pfützenbildung vorgelegen“.
Nach Auffassung des OLG reicht dies, gemessen an den genannten Kriterien, jedoch nicht aus, um von einer Überschwemmung auszugehen.
Zwar ist es laut dem Urteil nicht erforderlich, dass das Vorliegen einer Überschwemmung absolut sicher bewiesen wird; die Beweise müssen jedoch so überzeugend sein, dass am Ende kaum Zweifel daran bestehen. Das sei hier nicht gelungen.
„Stehendes Wasser auf einer Geländeoberfläche in einer Höhe von bis zu fünf Zentimetern reicht für eine Überschwemmung nicht aus, erforderlich sind insofern erhebliche Wassermassen“, so ein Leitsatz zum OLG-Urteil.
Das Gericht prüfte außerdem, ob ein Rückstauschaden auf Grundlage der in der Police vereinbarten Ziffer 3.2 BEW in Betracht komme.
Nach den BEW liegt ein Rückstau vor, wenn „Wasser durch Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern oder durch Witterungsniederschläge bestimmungswidrig aus den gebäudeeigenen Ableitungsrohren oder damit verbundenen Einrichtungen in das Gebäude eindringt.“
Die Klägerin hatte jedoch lediglich angegeben, sie könne „nicht ausschließen“, dass Wasser bestimmungswidrig aus den Ableitungsrohren ins Gebäude eingedrungen sei. Ein konkreter Nachweis fehlte. Daher verneinten die Richter die Leistungspflicht des Versicherers aufgrund eines versicherten Rückstaus. Eine Revision zum Bundesgerichtshof ließ das OLG nicht zu.
Erwin Daffner - Die Hürden für eine Leistung sind in der Elementarversicherung recht hoch. mehr ...
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