28.7.2025 – Eine Kurzumfrage des VersicherungsJournals beleuchtet die Regulierungspraxis der größten Wohngebäudeversicherer bei Schäden durch Überflutung. Ein Ergebnis: Für den Eintritt des Versicherungsfalls ist für alle fünf befragten Versicherer – dies sind die Allianz, die Versicherungskammer Bayern, die Provinzial, die R+V und die SV – nicht relevant, welche Bodenbeschaffenheit die Grundstücksfläche hat.
In einem aktuellen Beitrag in einer Facebook-Gruppe von Versicherungsvermittlern wird ein Schadenfall in der Gewerbesachversicherung durch Überschwemmung geschildert. Der Versicherer lehnt eine Regulierung ab.
Dies begründet er wie folgt: „Bei Gebäudeteilen und versiegelten Flächen des Grundstücks handelt es sich nicht um ‚Grund und Boden‘.“ Das Gelände um das versicherte Objekt sei ausschließlich gepflastert.
Der Beitrag war Anlass dafür, dass das VersicherungsJournal leistungsstarke Gewerbesachversicherer nach ihrer Regulierungspraxis bei Überschwemmungen von versiegelten Flächen befragt hat (VersicherungsJournal 25.7.2025).
Gleichwohl ist dieser Aspekt auch in der privaten Wohngebäudeversicherung relevant. Denn beispielsweise in Innenstädten sind die Grundstücke oft klein und daher meist zugepflastert. Deshalb haben wir den fünf größten Wohngebäudeversicherern (28.11.2024) ebenfalls folgende Fragen vorgelegt:
Es wäre also egal, ob es sich um eine Wiese, einen Schotterplatz oder einen betonierten Hof/Parkplatz handelt.
Allianz
Die Allianz Versicherungs-AG erklärt: „Laut unseren Bedingungen muss – analog zu den Musterbedingungen des GDV – eine Überschwemmung von Grund und Boden vorliegen. Eine ‚erhebliche Menge von Oberflächenwasser‘ ist bei uns nicht in den Bedingungen erhalten; somit sind auch kleinere Überschwemmungen mitversichert.
Sollte nur ein Teil des Grundstücks überschwemmt sein und diese Schäden an dem versicherten Gebäude oder einem fest mit dem Versicherungsgrundstück verbundenen und mitversicherten Gebäudebestandteil verursachen, ist das ebenfalls versichert.“
Welche Beschaffenheit die Grundstücksfläche habe, sei für den Eintritt des Versicherungsfalls nicht relevant. „Es wäre also egal, ob es sich um eine Wiese, einen Schotterplatz oder einen betonierten Hof/Parkplatz handelt“, berichtet eine Unternehmenssprecherin.
Auf den Privatbereich bezogen, erläutert sie: „Je nach Produktlinie unseres Privatschutz Wohngebäude sind auch weitere bauliche Grundstücksbestandteile, die sich außerhalb des Gebäudes befinden, mitversichert. Voraussetzung ist, dass diese mit dem versicherten Grundstück dauerhaft verbunden sind.“
Hierunter würden beispielsweise Zäune, Mauern, Müllbehälterboxen, Überdachungen, Terrassen und Wallboxen fallen. „Im Tarif Basis bieten wir keine Deckung, in Smart besteht Versicherungsschutz bis 5.000 Euro, in der Komfortlinie sowie Premium unbegrenzt“, so die Sprecherin. Voraussetzung sei, dass sich diese Dinge auf dem versicherten Grundstück befinden.
Carports, Garagen und Tiefgaragen auf dem Versicherungsgrundstück sind ihren Angaben zufolge bei der Allianz ohne weitere Angaben bei Antragsaufnahme als baulicher Grundstücksbestandteil mitversichert.
Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer gibt es keinen Grund, hinsichtlich ‚Grund und Boden‘ zwischen versiegelt und unversiegelt zu unterscheiden.
Versicherungskammer Bayern
Die Versicherungskammer Bayern, deren Tochter Bayerische Landesbrandversicherung AG an dritter Stelle der größten Wohngebäudeversicherer nach Verträgen liegt, antwortet auf die Frage, ob versiegelte Flächen dem Grund und Boden gleichgesetzt werden:
„Ja. Zur Erklärung: Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer gibt es keinen Grund, hinsichtlich ‚Grund und Boden‘ zwischen versiegelt und unversiegelt zu unterscheiden, er wird diesen Begriff mit dem nicht durch Gebäude bedeckten Anteil des Versicherungsgrundstückes zu Recht gleichsetzen. Wir unterscheiden demnach nicht zwischen versiegelten und unversiegelten Flächen des Versicherungsgrundstücks.“
„Oberfläche“ sei in den eigenen aktuellen Versicherungsbedingungen nicht definiert beziehungsweise auch nicht hinsichtlich Deckungsbeurteilung relevant. Unter „Grund und Boden“ sei der Teil des Versicherungsgrundstücks zu verstehen, der nicht durch Gebäude bebaut ist. Oberflächenwasser sei ungebundenes, sich auf der Erdoberfläche befindliches Wasser und stehe im Gegensatz zu Grundwasser oder erdgebundenem Wasser.
Auf die Frage, inwiefern Schäden an einer Tiefgarage abgesichert sind, heißt es: „Sofern der ‚Überschwemmungsbegriff‘ an sich erfüllt ist. Das heißt: Überflutung des Grund und Bodens, auf dem sich das versicherte Gebäude (= Versicherungsgrundstück) befindet, durch Ausuferung von oberirdischen Gewässern oder durch Witterungsniederschläge. Eine Überflutung von Grund und Boden liegt vor, wenn sich auf der Geländeoberfläche erhebliche Wassermengen ansammeln.“
Im Rahmen einer bedingungsgemäßen Überschwemmung gelte auch eine überschwemmte Tiefgarage als versichert – „also wird die Überschwemmung von Grund und Boden des Versicherungsgrundstückes mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser vorausgesetzt“. Sofern dies nicht der Fall sei, also zum Beispiel lediglich Wasser durch Gefälle begünstigt in die Tiefgarage schädigend eintrete, liege kein Versicherungsfall vor.
Und wenn nur eine Teilfläche des Grundstücks von einer Überflutung betroffen war? „Es ist nicht erforderlich, dass das gesamte Versicherungsgrundstück überflutet ist“, wird berichtet. „Eine Überflutung im Sinne der Bedingungen setzt aber voraus, dass ein erheblicher Teil des Versicherungsgrundstücks überflutet ist. Die Überflutung kleinerer Teile ist jedoch zur Erfüllung des Begriffs ‚Überschwemmung‘ nicht ausreichend.“
Dies sei im Einzelfall genau zu beurteilen. Eine exakte, zum Beispiel prozentuale Bestimmung gebe es bisher auch in der einschlägigen Rechtsprechung nicht.
In Einzelfällen ist die individuelle Topografie des Versicherungsgrundstücks zu betrachten und zu bewerten.
Provinzial
„Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist die Überflutung von Grund und Boden des Versicherungsgrundstücks mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser. Die Bodenbeschaffenheit ist daher nicht erheblich für die Entscheidung zum Versicherungsschutz“, schreibt die Provinzial Versicherung AG.
Grundwasser sowie erdgebundenes Wasser sind, so der öffentliche Versicherer, vom Versicherungsschutz ausgenommen – soweit beides nicht infolge von Witterungsniederschlägen oder Ausuferung von oberirdischen stehenden oder fließenden Gewässern an die Erdoberfläche gedrungen ist.
Grundsätzlich sei der Gebäudeversicherungsvertrag maßgeblich in Verbindung mit dem Zusatzbaustein für Elementarversicherungsschutz. „Ist eine Tiefgarage Bestandteil des Vertrages, so gelten die gleichen Versicherungsbedingungen zur Beurteilung des Versicherungsschutzes, wie für ein Wohngebäude“, heißt es.
Zur Frage der Überflutung nur einer Teilfläche wird berichtet: „Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist die Überflutung von Grund und Boden des Versicherungsgrundstücks mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser. In Einzelfällen ist die individuelle Topografie des Versicherungsgrundstücks zu betrachten und zu bewerten. Eine pauschale Antwort kann zu dieser Frage nicht erfolgen.“
Der klassische Überschwemmungsbegriff nach den GDV-Musterbedingungen wäre in diesem Fall also nicht erfüllt.
R+V
R+V bietet Baustein zur Erweiterung des Versicherungsschutzes
„Versiegelte Flächen gehören auch zu Grund und Boden“, schreibt die R+V Allgemeine Versicherung AG. Beim klassischen Überschwemmungsbegriff nach den GDV-Musterbedingungen gehörten allerdings Terrassen, Lichtschächte, Kellerabgänge, Tiefgarageneinfahrten nicht dazu. Hintergrund sei, dass sie zum Gebäude zählten. Die R+V biete den Baustein „Naturgefahren plus“ an, über den auch diese Überschwemmungsschäden abgedeckt werden könnten.
„In den Bedingungen sprechen wir von Oberflächenwasser. Dieses ist laut Definition Wasser, das sich offen und ungebunden auf der Erdoberfläche befindet. Zum Oberflächenwasser zählen beispielsweise Flüsse oder Seen und noch nicht versickertes Niederschlagswasser“, wird weiter erklärt.
Wenn vom Grundstück nur die Tiefgarageneinfahrt überflutet sei, sei das keine Überflutung von Grund und Boden. „Zur Erklärung: Die Tiefgarageneinfahrt gehört zum Gebäude. Der klassische Überschwemmungsbegriff nach den GDV-Musterbedingungen wäre in diesem Fall also nicht erfüllt“, schreiben die Wiesbadener. Eine Absicherung biete auch hier der Baustein „Naturgefahren plus“.
Damit der Versicherungsschutz greife, müssten Grund und Boden des Grundstücks mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser überflutet sein. Dabei reiche eine Teilüberschwemmung, es müsse nicht der Großteil des Grundstücks überflutet sein.
Die SV Sparkassenversicherung Gebäudeversicherung AG nimmt eigenen Angaben zufolge keine Unterscheidung zwischen versiegelten und nicht versiegelten Grundstücksflächen vor. „So sind auch Überschwemmungsschäden versichert, wenn versiegelte Grundstücksflächen (zum Beispiel Parkplatzflächen) überschwemmt werden und zu einem Gebäudeschaden führen“, wird berichtet.
Voraussetzung sei die auch nur teilweise Überflutung des Versicherungsgrundstücks oder von unmittelbar angrenzenden Grundstücken, Straßen, Geh- oder Radwegen mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser. Nicht ausreichend sei das Eindringen des Oberflächenwassers in das Gebäude ohne die vorgenannte Überflutung.
Auch bei einer überfluteten Tiefgarage sei Voraussetzung, dass die auch nur teilweise Überflutung des Versicherungsgrundstücks oder von unmittelbar angrenzenden Grundstücken, Straßen, Geh- oder Radwegen mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser vorliege.
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