Verbraucher verzichten wegen steigender Kosten auf ihr Recht

2.6.2025 – Ab Juni gelten höhere Kostensätze für Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren hierzulande. Darauf macht der GDV aufmerksam und zeigt, wie teuer ein typischer Prozess Verbraucher derzeit kommen kann.

Mit Inkrafttreten des Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetzes 2025 werden juristische Streitigkeiten in Deutschland wieder erheblich teurer. Ab Juni steigen demnach unter anderem die Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren.

Bereits durch die Kostenrechtsnovelle 2021 wurden die Gebührensätze deutlich angehoben. Wie genau sich die Kosten für einige Musterfälle seit dem Jahr 2020 bis heute entwickelt haben, zeigt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV).

Kosten für typische Streitfälle bei 2.000 bis 11.000 Euro

In absoluten Zahlen müssen Verbraucher in den typischen Streitfällen nach GDV-Angaben derzeit mit Kosten von mindestens 2.000 bis 2.500 Euro rechnen

Für einen Rechtsstreit um höherwertige Anschaffungen werden bis zu rund 11.000 Euro fällig.

Streitwerte und Kosten fünf typischer Streitfälle im Jahr 2025 in Deutschland

Streitfall

Streitwert 2025*

Kosten 2025*

Räumungsklage bei Eigenbedarf

7.137

4.369

Kündigungsschutzklage und Arbeitszeugnis

21.048

4.126

Ersteigerung einer gefälschten Armbanduhr

3.349

2.499

Schadensersatz für Reisemängel im Urlaub

2.977

2.031

Rückabwicklung eines Kaufvertrags über defekten Neuwagen

45.896

11.109

Streitwerte um etwa ein Fünftel gestiegen

Den Angaben zufolge stiegen die Streitwerte in den Musterfällen allein durch die Inflation jeweils um etwa ein Fünftel.

Doch die Kosten für die entsprechend verteuerten Rechtsstreitigkeiten wuchsen teilweise um mehr als das Doppelte (43 Prozent) und nur in einem Fall unterdurchschnittlich (16 Prozent).

Entwicklung der Streitwerte und Kosten typischer Streitfälle von 2020 bis 2025 (Bild: Hilmes)

Mehrkosten von rund 250 Millionen Euro im Jahr

Diese Entwicklungen haben auch erhebliche Folgen für die Assekuranz hierzulande. „Allein für die Rechtsschutzversicherer rechnen wir durch das neue Gesetz mit Mehrkosten von rund 250 Millionen Euro im Jahr“, sagt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin.

Anja Käfer-Rohrbach (Bild: GDV)
Anja Käfer-Rohrbach (Bild: GDV)

Negative Folgen erwartet sie jedoch insbesondere bei vielen Verbrauchern. Denn: „Ohne Rechtsschutzversicherung kann ein Rechtsstreit damit zu einer erheblichen finanziellen Belastung werden“, so Käfer-Rohrbach weiter. Eine solche Police haben heute rund 60 Prozent der Haushalte.

Insgesamt bestanden 2024 in Deutschland rund 27,3 Millionen Rechtsschutzversicherungsverträge. Für diese erbrachten die Versicherer in etwa 4,8 Millionen Rechtsschutzfällen mehr als 3,8 Milliarden Euro an Leistungen. Rund vier Fünftel davon entfallen auf Anwaltshonorare.

Hohe Rechtskosten als Hürde für Verbraucher

Die bereits hohen Kosten eines Rechtsstreits stellen für Verbraucher ohne Absicherung eine erhebliche Hürde, beobachtet die stellvertretende GDV-Chefin. „Wenn die Kosten stetig steigen, wächst das Risiko, dass immer mehr Menschen auf die Durchsetzung ihres Rechtes verzichten.“ (VersicherungsJournal 10.2.2025)

Dies belegte ein Forschungskonsortium im Auftrag des Bundesjustizministeriums, das seinen Abschlussbericht 2023 übergeben hat. Hierfür wurden Eingangszahlen der Gerichte statistisch untersucht, Gerichtsakten ausgewertet sowie ergänzende Daten bei Rechtsschutzversicherern und Schlichtungsstellen erhoben.

Zudem wurden Rechtsanwälte gefragt, warum ihre Mandanten auf eine Klage verzichten. Fast 60 Prozent der Verbraucher sehen demnach aus Kostengründen hiervon ab. 52 Prozent der Anwälte gaben an, wegen der hohen Kosten ihren Mandanten von einem Verfahren abzuraten.

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Berufsunfähigkeit · Inflation · Rechtsschutz · Schadenersatz
 
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