Überflutung: Handelt es sich bei versiegelten Flächen um „Grund und Boden“?

25.7.2025 – Eine Kurzumfrage des VersicherungsJournals beleuchtet die Regulierungspraxis von leistungsstarken Gewerbesachversicherern bei Schäden durch Überschwemmungen. Ein Ergebnis: Die Alte Leipziger setzt versiegelte Flächen dem „Grund und Boden“ gleich, die Inter, sofern die Flächen funktional zum Grundstück gehören und die SV verfährt hier nicht pauschal.

Starkregen tritt dieser Tage vielerorts auf – und verursacht Schäden an Gebäuden und Inventar. Umso mehr lässt ein aktueller Beitrag in einer Facebook-Gruppe aufhorchen, in dem ein Schadenfall durch Überschwemmung geschildert wird.

Der Versicherer lehnt eine Regulierung ab. Dazu zitiert er zunächst aus den Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV). „Überschwemmung ist die Überflutung des Grunds und Bodens des Versicherungsgrundstücks mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser durch

  • a) Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Binnengewässern,
  • b) Witterungsniederschläge,
  • c) Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche infolge von a) oder b).“

Danach folgt die Begründung: „Bei Gebäudeteilen und versiegelten Flächen des Grundstücks handelt es sich nicht um ‚Grund und Boden‘.“

Das Gelände um das versicherte Objekt sei ausschließlich gepflastert. Es werde davon ausgegangen, dass die Bereiche um das Gebäude unter Wasser standen und ein größerer Teil des Regenwassers über die abschüssige Auffahrt eingedrungen sei. „Eine Überschwemmung im Sinn der Bedingungen war damit nicht gegeben“, so der Versicherer.

Kurzumfrage unter den leistungsstärksten Gewerbesachversicherern

Bei dem geschilderten Fall geht es um eine Inhaltsschadenversicherung. Deshalb hat das VersicherungsJournal bei Gewerbesachversicherern nachgefragt, die aus Sicht der Partner der Vema Versicherungsmakler Genossenschaft e.G. am leistungsstärksten sind (VersicherungsJournal 3.6.2025).

Die Fragen waren: Wie wird verfahren, wenn versiegelte Grundstücksflächen, zum Beispiel Parkplatzflächen, überflutet wurden und diese Überflutung zu Schäden geführt hat? Werden versiegelte Flächen dem Grund und Boden gleichgesetzt? Was gilt nicht als Oberfläche?

Und über den konkreten Fall hinaus: Inwiefern sind Schäden durch eine überflutete Tiefgarage abgesichert? Wie wird verfahren, wenn nur eine Teilfläche des Grundstücks von einer Überflutung betroffen war, die zu Schäden geführt hat?

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Die Alte Leipziger macht keinen Unterschied

Die Alte Leipziger Versicherung AG antwortet mit einem klaren: „Ja, wir setzen versiegelte Flächen dem Grund und Boden gleich.“

Bei den übrigen Fragestellungen möchte der Anbieter keine pauschalen Antworten geben. „Sie sind abhängig vom jeweiligen Schadenbild und dessen Individualbetrachtung“, begründet dies eine Unternehmenssprecherin.

Eine Versiegelung durch Asphalt oder Pflaster verändert nichts an der grundsätzlichen Einordnung als Teil des versicherten Grundstücks.

Unternehmenssprecherin der Inter

Für die Inter müssen die Flächen ...

Auch die Inter Allgemeine Versicherung AG setzt versiegelte Flächen dem „Grund und Boden“ gleich, „sofern die Flächen funktional zum Grundstück gehören“, berichtet eine Sprecherin.

„Eine Versiegelung durch Asphalt oder Pflaster verändert nichts an der grundsätzlichen Einordnung als Teil des versicherten Grundstücks. Entscheidend ist, dass Oberflächenwasser in erheblicher Menge von außen auf diese Flächen eingedrungen ist und dadurch Schäden entstanden sind.“

Die eigenen Versicherungsbedingungen enthielten keine ausdrückliche Definition von Oberfläche. „Klar ist jedoch: Schäden durch Grundwasser sind nicht versichert, solange dieses nicht an die Erdoberfläche gelangt.

Grundwasser, das unterhalb der Oberfläche verbleibt, auch wenn es etwa zu Durchfeuchtungen von Kellern oder Fundamenten führt, gilt nicht als Oberflächenwasser und fällt damit nicht unter den Versicherungsschutz“, betont sie.

... funktional zum Grundstück gehören

Tiefgaragen gelten ihren Angaben zufolge bei der Inter als Bestandteil des versicherten Gebäudes. Schäden durch Überschwemmung seien versichert, wenn das Wasser infolge einer versicherten Schadenursache von außen eindringe.

„Auch Rückstauschäden sind versichert, wenn Wasser infolge von Ausuferung oder starkem Niederschlag bestimmungswidrig aus gebäudeeigenen Ableitungsrohren oder angeschlossenen Einrichtungen austritt“, sagt sie. Vertraglich gelte die Obliegenheit, Rückstausicherung anzubringen und funktionsfähig zu halten. Individualvertragliche Vereinbarungen seien hier nicht berücksichtigt.

Wenn nur eine Teilfläche des Grundstücks von einer Überschwemmung betroffen war, die zu Schäden geführt hat, sei ausschlaggebend, dass der Grund und Boden des Versicherungsgrundstücks in einem relevanten Umfang mit Oberflächenwasser überflutet wurde.

„Auch eine Teilfläche reicht aus, wenn sie funktional zum Grundstück gehört und die Überschwemmung auf eine versicherte Ursache zurückzuführen ist“, so die Sprecherin der Inter.

Hierbei kommt es maßgeblich auch auf die jeweils vorhandenen baulichen Gegebenheiten und Entwässerungssysteme an.

Unternehmenssprecher der SV

Die SV berücksichtigt unter anderem ein starkes Gefälle ...

Die SV Sparkassenversicherung Gebäudeversicherung AG antwortet: „Grundsätzlich setzen wir versiegelte Flächen nicht pauschal dem Grund und Boden gleich. Insbesondere dann nicht, wenn die versiegelten Flächen verbunden mit einem starken Gefälle den Wassereintritt in ein Gebäude begünstigen.“

Hierbei komme es dann maßgeblich auch auf die jeweils vorhandenen baulichen Gegebenheiten und Entwässerungssysteme an, die für einen normalen und bisweilen auch kurzen stärkeren Regenschauer ausgelegt sein müssen.

Im Hinblick auf den Einzelfall sei zudem zu bewerten, ob beispielsweise vorhandene Abflussschächte und Regenabläufe gemäß den vertraglichen Obliegenheiten regelmäßig gereinigt und von Laub und Schmutz befreit wurden.

„Gleichwohl sind wir bei Großereignissen mit Extremniederschlägen und einer Vielzahl von geschädigten Kunden hinsichtlich der Bewertung, ob ein versichertes Überschwemmungsereignis vorliegt, sehr viel großzügiger und unterstellen dies in aller Regel“, berichtet ein Unternehmenssprecher.

... und erachtet die Überflutung von Teilflächen für ausreichend

Für ein versichertes Überschwemmungsereignis sei es nicht maßgeblich, dass der gesamte Grund und Boden überflutet wurde – hierzu genügten auch bereits Teilflächen, soweit der Ursprung des Wassers bedingungskonform ist und die Wassermengen erheblich sind.

Nicht zum Grund und Boden könnten beispielsweise Balkone, Terrassen oder auch Kellerabgänge und Lichtschächte der Kellerräume zählen, „da dies meist Gebäudebestandteile und eben nicht Grund und Boden sind“.

„Liegt ein versichertes Überschwemmungsereignis vor und ist die Tiefgarage im Rahmen der Gebäudeversicherung versichert, so besteht auch für eine Tiefgarage Versicherungsschutz“, stellt er fest.

Natürlich komme es immer sehr stark auf den Einzelfall und die Umstände an. „Zudem sind nicht alle unsere Versicherungsbedingungen gleich und bieten zwischenzeitlich gegenüber den Musterbedingungen des Verbandes oftmals einen verbesserten Versicherungsschutz“, so der Sprecher der SV. Eine persönliche Beratung sei daher stets zu empfehlen.

Leserbriefe zum Artikel:

Erwin Daffner - Nicht Versicherer zur Auslegung der AVB befragen. mehr ...

Schlagwörter zu diesem Artikel
AVB · Berufsunfähigkeit · Gebäudeversicherung · Regulierung · Social Media · Starkregen · Strategie · Versicherungsmakler
 
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