28.3.2024 – Die Gefahren eines Betriebes, die dem Deckungsbereich der privaten Haftpflichtversicherung nicht unterfallen, können sich nur dann realisieren, wenn ein solcher vorhanden ist. Daher reicht die bloße Möglichkeit, dass ein privater Versicherungsnehmer ein von ihm erworbenes ehemals gewerblich genutztes Gebäude später einmal für eigene gewerbliche Zwecke nutzen könnte nicht aus, ihm im Falle eines Schadens den Deckungsschutz seiner Privathaftpflichtversicherung zu versagen. Das hat das Saarländische Oberlandesgericht mit Urteil vom 20. Dezember 2023 (5 U 50/23) entschieden.
Der Eigentümer einer ehemaligen Eissporthalle wollte das Dach des Gebäudes sanieren lassen. Bei einem Ortstermin mit Mitarbeitern der Stadtgärtnerei der Gemeinde sollte geklärt werden, welche im Umfeld der Halle befindlichen Bäume gefällt werden durften, um die Sanierungsarbeiten zu erleichtern.
Trotz des Termins wurden aus ungeklärten Gründen wenige Tage später auch Bäume gefällt, welche auf angrenzenden städtischen Grundstücken standen. Die Stadt nahm den Eigentümer der ehemaligen Eissporthalle daher auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von rund 13.000 Euro in Anspruch.
Der meldete den Vorfall seinem Privathaftpflicht-Versicherer. Mit dem Argument, dass bedingungsgemäß nur Gefahren des täglichen Lebens als Privatperson, nicht aber die aus einem Betrieb oder Beruf versichert seien, verweigerte der Versicherer den Deckungsschutz.
Dagegen klagte der Versicherungsnehmer vor dem Saarbrücker Landgericht – ohne Erfolg. Die Richter schlussfolgerten, dass die Bäume gefällt worden seien, damit der Kläger die Eissporthalle später wieder in Betrieb nehmen könne.
Die Arbeiten hätten folglich dazu gedient, eine nicht versicherte gewerbliche Tätigkeit vorzubereiten. Der Privathaftpflichtversicherer habe dem Kläger daher zu Recht die Gefolgschaft versagt.
Das Saarländische Oberlandesgericht hielt dagegen die Klage für begründet.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat sich mit dem Fällen der Bäume nicht das Risiko eines Betriebs im Sinne der Versicherungsbedingungen einer Privathaftpflichtversicherung verwirklicht. Denn einen solchen gab es zum Zeitpunkt der Arbeiten nicht.
Zu dieser Zeit habe der Versicherte nachweislich auch keine persönlichen und sachlichen Vorkehrungen für eine auf Dauer ausgerichtete Erwerbstätigkeit bezüglich der ehemaligen Eissporthalle getroffen, die als Betrieb gelten konnten. Daran habe sich auch bis zu dem zwei Jahre später stattfindenden Termin zur Hauptverhandlung beim Saarbrücker Landgericht nichts geändert.
„Nach dem für die Auslegung von Versicherungsbedingungen vor allem maßgeblichen Bedingungswortlaut und dem Verständnishorizont des durchschnittlichen Versicherungsnehmers kann unter den Gefahren eines Betriebes nicht weitergehend jede Gefahr verstanden werden, die im Zusammenhang mit dem Vorhaben des Versicherungsnehmers steht, irgendwann einmal ein gewerbliches Unternehmen zu betreiben.
Denn die Bedingungen knüpfen für die Abgrenzung der Gefahrenbereiche an das Bestehen eines Betriebes an und nicht an die bloße Absicht des Versicherungsnehmers, in Zukunft möglicherweise einen Betrieb zu eröffnen“, so das Berufungsgericht.
Fehle es aber an einem Betrieb im Sinne der Versicherungsbedingungen, so könnten sich auch nicht dessen Gefahren realisieren. Im Übrigen lasse sich allein der Erwerb der Halle durch den Kläger und deren Sanierung keiner gewerblichen Tätigkeit zuordnen. Er gehöre vielmehr zum Bereich der privaten Vermögensverwaltung und auch nicht zu einer beruflichen Tätigkeit.
Der Versicherer habe dem Kläger daher zu Unrecht die Gefolgschaft versagt. Die Richter ließen keine Revision gegen ihre Entscheidung zu.
Mit einer Anzeige im Extrablatt erreichen Sie mehr als 12.500 Menschen im Versicherungsvertrieb, überwiegend ungebundene Vermittler. Über die Konditionen informieren die Mediadaten.
Ihre Leserbriefe können für andere Leser eine wesentliche Ergänzung zu unserer Berichterstattung sein. Bitte schreiben Sie Ihre Kommentare unter den Artikel in das dafür vorgesehene Eingabefeld.
Die Redaktion freut sich auch über Hintergrund- und Insiderinformationen, wenn sie nicht zur Veröffentlichung unter dem Namen des Informanten bestimmt ist. Wir sichern unseren Lesern absolute Vertraulichkeit zu. Schreiben Sie bitte an redaktion@versicherungsjournal.de.
Allgemeine Pressemitteilungen erbitten wir an meldungen@versicherungsjournal.de.
Geraten Sie in Verkaufssituationen immer wieder an Grenzen?
Wie Sie unterschiedliche Persönlichkeitstypen zielgerichtet ansprechen, erfahren Sie im Praktikerhandbuch „Vertriebsgötter“.
Interessiert? Dann können Sie das Buch ab sofort zum vergünstigten Schnäppchenpreis unter diesem Link bestellen.