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Darf von kündigenden Kunden ein Anruf verlangt werden?

27.3.2024 – Ein Unternehmen hatte von Verbrauchern verlangt, online ausgesprochene Kündigungen durch einen Telefonanruf zu bestätigen. Verbraucherschützer hielten diese Praxis für unlauter. Sie zogen daher vor Gericht. (Bild: Pixabay, CC0)

Ein Dienstleistungsunternehmen hatte seinen Kunden auf seiner Homepage die Möglichkeit eingeräumt, eine Geschäftsbeziehung mithilfe eines Kündigungsbuttons beenden zu können.

Vertragspartner, die davon Gebrauch machten, wurden allerdings anschließend darauf hingewiesen, dass die Kündigung nur dann akzeptiert werde, wenn sie sie innerhalb einer Frist von 14 Tagen telefonisch bestätigen würden. Andernfalls bleibe das Vertragsverhältnis unverändert bestehen.

Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht?

Ein Verbraucherschutzverein sah in dieser Praxis einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Nach einer erfolglosen Abmahnung zogen sie daher vor Gericht.

Ihre Klage begründeten sie im Wesentlichen damit, dass das Unternehmen Kündigende im Rahmen des Telefonats durch rhetorische Kunstfertigkeit sowie das Angebot anderer Vertragskonditionen versuchen könnte, sie davon zu überzeugen, von der Kündigung Abstand zu nehmen.

Dem hielt das Dienstleistungsunternehmen entgegen, dass ohne eine telefonische Rückbestätigung der Kündigung das Risiko bestehe, dass unberechtigte Dritte den Vertrag ohne Wissen des Kunden kündigen könnten. Im Übrigen biete ein fernmündliches Gespräch, verglichen mit zum Beispiel einem Bestätigungslink innerhalb einer E-Mail, ein Mehr an Sicherheit.

Diese Argumentation vermochte das Koblenzer Landgericht nicht zu überzeugen. Es gab der Klage des Verbraucherschutzvereins statt.

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Kündigung von einem Anruf abhängig zu machen, ist unlauter

Die Richter schlossen sich der Meinung des Vereins an, dass das Verlangen des Unternehmens, eine Kündigung telefonisch bestätigen zu müssen, unlauter ist. Denn unlauter handele derjenige, „der eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.“

Das Gericht stellte zwar nicht in Abrede, dass der Dienstleister ein grundsätzliches Interesse an einer Authentifizierung haben könnte. Die sei aber auch über den von dem Kündigenden gewählten Kommunikationskanal möglich.

Es sei nämlich nicht ersichtlich, warum zum Beispiel ein an den Kunden unter der von ihm hinterlegten E-Mail-Adresse gesendeter Bestätigungslink zur Identifizierung weniger geeignet wäre als ein Telefonat. Denn auch während eines Telefonats sei es oftmals nicht möglich, sich umfassende Gewissheit über die wahre Identität eines Gesprächspartners zu verschaffen.

„Eine Kündigung muss nicht noch einmal bestätigt werden, damit sie wirksam wird. Dabei ist es egal, ob sie über einen Kündigungsbutton oder per Brief erklärt wird“, ergänzt Tatjana Halm, Juristin bei der Verbraucherzentrale Bayern die Entscheidung des Koblenzer Landgerichts.

Bekanntes Problem: Dienstleister erfüllen gesetzliche Vorgaben nicht

Darauf, dass Online-Dienstleister ihren Verpflichtungen im Fall einer Kündigung nicht in allen Fällen in ausreichender Weise nachkommen, deutet auch eine Entscheidung des Landgericht München I aus dem Jahr 2023 hin.

Demnach muss das Beenden von Online-Verträgen mithilfe eines auf der Homepage eines Anbieters vorhandenen Kündigungs-Buttons auch ohne eine vorherige Anmeldung auf dessen Webseite möglich sein (VersicherungsJournal 21.12.2023).

Nach dem Ergebnis einer vom Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (VZBV) durchgeführten Untersuchung vom Juni 2023 erfüllt die Mehrheit der von ihr geprüften 3.000 Webseiten die gesetzlichen Vorgaben entweder gar nicht oder nur mangelhaft. Danach würden lediglich 42 Prozent der Seiten einen Kündigungsbutton enthalten, der den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

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Verbraucherschutz
 
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