13.5.2025 – Die Halterin eines Fahrzeugs hat sich gerichtlich gegen eine Anordnung gewehrt, von September 2023 bis September 2024 alle Touren mit ihrem Auto zu protokollieren. Hierzu hatte sie die Hamburger Innenbehörde verdonnert, nachdem ihr Wagen über eine rote Ampel gefahren war. Den vollständigen Namen des Rotlichtsünders konnte sie der Bußgeldstelle nach eigenen Angaben jedoch nicht nennen.
Das Verwaltungsgericht Hamburg hat in einem Urteil vom 25. März 2025 (5 K 753/25) die Klage einer Frau abgewiesen, die sich gegen die Auflage zum Führen eines Fahrtenbuches zur Wehr gesetzt hat. Sie hielt speziell die Dauer von zwölf Monaten für überzogen.
Grund für die Auflage war ein Rotlichtverstoß mit einem Auto, das auf den Namen der Klägerin zugelassen war. Die zuständige Bußgeldstelle in Hamburg schickte der Frau daraufhin einen Anhörungsbogen und forderte sie auf, die Personalien des Fahrers mitzuteilen.
Die Klägerin gab jedoch an, dass es sich bei dem Fahrer um einen flüchtigen Bekannten handele, der in Spanien lebe. Sie kenne demnach nur seinen Nachnamen, habe aber keine weiteren Daten zum Fahrer ermitteln können. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verkehrsverstoßes wurde eingestellt.
Die Behörde für Inneres und Sport ordnete jedoch an, dass die Frau ein Fahrtenbuch für ihr Auto ordnungsgemäß führen und regelmäßig bei einem bestimmten Polizeikommissariat vorlegen müsse. Die Auflage unter Androhung eines Zwangsgelds von 500 Euro galt demnach für zwölf Monate bis zum 15. September 2025.
Gegen den entsprechenden Bescheid legte die Autohalterin am 2. August 2024 Widerspruch ein. Diesen wies die Behörde für Inneres und Sport dann aber mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2025 zurück.
Am 11. Februar 2025 erhob die Frau die nun abgewiesene Klage. Denn sie habe von sich aus alles mitgeteilt, wozu sie in der Lage gewesen sei. Im Übrigen dürfte eine Fahrtenbuchauflage für „Ersttäter“ bei derart leichten Verstößen maximal mit sechs Monaten bemessen werden.
Das sah das Gericht allerdings anders: Die Klage sei nach § 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO unbegründet. Der Bescheid sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage der Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches ist § 31a Absatz 1 Satz 1 Variante 1 StVZO. Demnach kann die nach Landesrecht zuständige Behörde dies gegenüber einem Fahrzeughalter anordnen, wenn der Fahrer nach einem Verstoß gegen die Verkehrsvorschriften nicht festzustellen ist.
Die geforderte Vorlage des Fahrtenbuches bei dem Polizeikommissariat in bestimmten Kalenderwochen beruht auf § 31a Absatz 3a Alternative 2 StVZO. Demnach hat der Halter das Fahrtenbuch einer bestimmten Stelle an einem festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen.
Das von der Innenbehörde festgesetzte Zwangsgeld ist nach § 14 Absatz 1 Alternative 1 HmbVwVG zulässig, um eine bestimmte Handlung zu erzwingen. Das Zwangsgeld kann gemäß § 14 Absatz 2 Satz 1 Alternative 1, Satz 2 HmbVwVG zugleich mit dem Verwaltungsakt festgesetzt werden.
Das Zwangsgeld wird wirksam, wenn die verpflichtete Person nicht fristgemäß handelt. Nach § 14 Absatz 4 Satz 1 und 2 HmbVwVG beträgt der Höchstbetrag eine Million Euro. Bei der Bemessung des Zwangsgeldes ist aber auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bürgers zu berücksichtigen.
Außerdem sei die Fahrtenbuchauflage keine Sanktion für ein rechtswidriges Verhalten der Frau. Grund hierfür sei vielmehr, dass die Bußgeldstelle den Fahrer nach dem Verkehrsverstoß nicht feststellen konnte, was auch nicht auf einem Ermittlungsdefizit der Bußgeldstelle beruhe.
Auch die verordnete Dauer von zwölf Monaten ist laut dem Urteil nicht unverhältnismäßig. Die gesetzlichen Grenzen der eingeräumten Ermessensspielräume der Behörde nach § 114 Satz 1 VwGO und § 40 HmbVwVfG seien nicht überschritten.
Auch ein erst- oder einmaliger Verkehrsverstoß kann demnach eine auf § 31a Absatz 1 Satz 1 StVZO gestützte Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs rechtfertigen. Hierfür müsse der Verstoß mit mindestens einem Punkt im Verkehrszentralregister führen. Dies ist bei dem hier vorliegenden Überfahren einer roten Ampel nach 0,9 Sekunden erfüllt.
Ob eine Fahrtenbuchauflage von zwölf Monaten in einem solchen Fall als verhältnismäßig anzusehen ist, ist im Gesetz nicht geregelt. Aber eine Dauer von sechs Monaten gilt laut dem Urteil „als noch im unteren Bereich einer effektiven Kontrolle liegend“.
„Die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs muss von einer gewissen Mindestdauer sein, um das damit verfolgte Ziel zu erreichen“, heißt es in dem Urteil weiter. Die Frau solle dazu angehalten werden, im Falle eines erneuten Verstoßes bei der Feststellung des Fahrers mitzuwirken.
„Das von der Klägerin gezeigte Unvermögen, nachträglich den Täter des Rotlichtverstoßes vom 8. November 2023 identifizierbar zu benennen“, spreche für einen langen Zeitraum der Auflage. „Die Klägerin hat Gelegenheit einzuüben, zukünftig nachzuhalten, wer ihr Fahrzeug benutzt.“
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