11.12.2025 – Das Landgericht Hagen hat die Klage eines Autofahrers abgewiesen, weil es Zweifel an seiner Darstellung der Kollision mit einem Reh hatte. Demnach seien umfangreiche Reparaturen für einen fünfstelligen Eurobetrag erforderlich geworden. Doch nur ein Teil der festgestellten Schäden deutete auf den Zusammenstoß mit Haarwild hin. Als der Kfz-Versicherer deshalb die Übernahme der Werkstattrechnung verweigerte, ging der Rechtsstreit vor Gericht.
In dem aktuell verhandelten Fall forderte ein Autofahrer, dass sein Kfz-Versicherer Reparaturkosten in Höhe von 10.511,88 Euro übernimmt. Denn nach einer Kollision an der Wagenschnauze seien ein Scheinwerfer beschädigt und ein Radarsensor für das Abstandsregelsystem herausgerissen worden.
Der Mann gab an, dass er in einer Julinacht 2022 Uhr in Iserlohn unterwegs war, als plötzlich ein Reh von rechts über die Straße gelaufen sei. Er habe zwar noch gebremst, aber einen Zusammenstoß mit seinem etwa 60 Stundenkilometer schnell fahrenden Audi A5 nicht mehr vermeiden können.
Die von dem Autofahrer alarmierten Polizeibeamten nahmen zwar einen Wildunfall auf. Sie protokollierten in ihrem Bericht aber keine entsprechenden Hinweise – wie Haare und Blut des Rehs –an dem tiefergelegten Fahrzeug, obwohl sie solche Spuren in der Regel schriftlich festhalten.
Der Autofahrer meldete seinen Schaden dem Anbieter seiner Kfz-Vollkaskoversicherung, bei der er einen Vertrag mit 500 Euro Selbstbeteiligung abgeschlossen hatte. Doch die Gesellschaft wurde skeptisch und ließ den Unfallwagen von einem Sachverständigen untersuchen.
Beim Auslesen der Fehlerspeicher wurden Unstimmigkeiten festgestellt. Demnach wurde der Sensor bei Stillstand des Autos ausgelöst und es war kein Eintrag zum Bremsassistenten vorhanden. Außerdem waren der Stecker und der Halter des Sensors unbeschädigt, was nach einem Aufprall nicht plausibel sei.
In Einklang mit der Kollision eines Rehs stehe nur ein Anstoß auf der linken Fahrzeugseite, führt der Sachverständige in seinem Gutachten aus. Daher schickte der Versicherer im August 2022 seinem Kunden ein Schreiben, in dem er genauere Fragen zum Unfallhergang stellte.
Das Schreiben an den Autofahrer enthielt im vorletzten Absatz in fett gedruckter Schrift den ausdrücklichen Hinweis, dass „ungenaue, unvollständige oder wahrheitswidrige Angaben“ zur Schadensursache seinen Versicherungsschutz gefährden.
Daraufhin beteuerte der Versicherte: Alle in dem eingereichten Kostenvoranschlag vorgesehenen Reparaturarbeiten seien ausschließlich für Schäden notwendig, die durch den gemeldeten Wildunfall entstanden sind.
An dem bisher geschilderten Hergang eines Zusammenstoßes mit einem Reh hielt er in seinem handschriftlich ausgefüllten Antwortschreiben fest. Er habe hiermit weder fahrlässig noch vorsätzlich oder arglistig gegen seine Obliegenheitspflichten gemäß § 28 VVG verstoßen.
Weil er diese Version aber nach wie vor anzweifelte, verweigerte der Versicherer die Übernahme der Werkstattrechnung. Denn der laut Fehlerspeicher nicht aktivierte Bremsassistent hätte ein Reh als Hindernis auf der Fahrbahn erkennen und eine Notbremsung des Autos auslösen müssen.
Außerdem waren die Kratzspuren neben dem Radarsensor nur so gering, dass dem Sachverständigen ein Abreißen nicht nachvollziehbar erschien. Die Schrauben wurden stattdessen offenbar ohne Beschädigung herausgedreht – wie bei einem Ausbau in einer Fachwerkstatt.
Ebenso sei es eher unwahrscheinlich, dass bei der Kollision mit einem Reh die gesamte Fahrzeugfront erheblich eingedrückt wird. Gleichzeitig verweisen sie darauf, dass der Gutachter Kratzspuren am gesamten vorderen Stoßfänger darstellt, die auf Vorschäden hindeuten.
Hiergegen zog der Autofahrer vor das Landgericht Hagen, das seine Klage in einem Urteil vom 6. März 2025 (9 O 268/22) abgewiesen hat. Denn auch die Richter hatten Zweifel an der Darstellung des Geschehens und sahen deshalb keinen Versicherungsfall.
Zwar gilt bei einem Zusammenstoß mit Haarwild die Eintrittspflicht des Versicherers in der Teilkaskoversicherung. Doch dies konnte der Versicherte nicht nachweisen und einem gerichtlichen Gutachten zufolge kann nur ein Teil der gemeldeten Schäden von einem Tier verursacht worden sein.
Der Vollkaskoschutz hingegen greift zwar auch bei selbst verursachten Schäden. Jedoch habe der Kläger in diesem Fall bestehende Vorschäden an seinem Fahrzeug arglistig verschwiegen. Deshalb muss der beklagte Kfz-Versicherer dem Autofahrer die Reparaturkosten nicht erstatten.
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