25.7.2025 – Ein Wohngebäude, in dem seit mehr als einem Jahr niemand mehr wohnt und lediglich noch Möbel nebst sonstigem Inventar stehen, ist im Sinne der Gebäudeversicherungsbedingungen ungenutzt. Es besteht dann die Obliegenheit, die Wasserversorgung abzusperren. Dies hat das Oberlandesgericht Celle kürzlich klargestellt. In dem verhandelten Fall war es zu einem Schaden infolge eines Leitungsbruchs gekommen. Da der Haupthahn nicht versperrt war, muss der Versicherer nur zwei Drittel des Schadens tragen.
Nachdem die Besitzerin eines Wohngebäudes wegen einer Demenz dauerhaft in ein Altenpflegeheim gezogen war, wurde ihr Schwiegersohn ihr gesetzlicher Betreuer. Zu seinen Aufgabenbereichen gehörten Rechts- und Wohnungsangelegenheiten.
Die vorhandene Einrichtung verblieb bis auf wenige Ausnahmen in dem Wohnhaus, das von der Tochter und ihrem Mann regelmäßig kontrolliert wurde. Beide übernahmen auch die Raum- und Gartenpflege. Das Objekt sollte alsbald verkauft werden.
Im Mai 2022 kündigte der Schwiegersohn die Hausrat- und die Haushaltglasversicherung. Den Wohngebäudeversicherer informierte er, dass das Haus zurzeit nicht bewohnt werde. Dieser bestätigte, dass er trotz des unbewohnten Zustandes den Versicherungsschutz übernehme.
Zudem wies er auf einzuhaltende Obliegenheiten beziehungsweise Sicherheitsvorschriften hin. Insbesondere seien alle Wasser führenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, diese zu entleeren oder entleert zu halten. Auch das Risiko des Eintritts eines Schadens mitunter größeren Umfangs durch den unbewohnten Zustand sei erhöht.
Während eines längeren Urlaubs der Tochter und ihres Mannes im darauffolgenden Jahr brach die Mischbatterie im Bad des Hauses. Das austretende Wasser verursachte einen Schaden von rund 200.000 Euro. Diesen sollte die Wohngebäudeversicherung zahlen. Doch der Versicherer lehnte ab.
Die Sache landete schließlich vor dem Landgericht Hannover, das von einem eigenen Verschulden von 80 Prozent ausging. Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Celle wurde dann mit Urteil vom 10. Juli (11 U 179/24) festgestellt, dass der Versicherer verpflichtet ist, den Schaden zu zwei Dritteln zu decken.
Es besteht dann die Obliegenheit, die Wasserversorgung abzusperren.
Oberlandesgericht Celle
In seiner Begründung stellte das Gericht klar, dass Bewohnen mindestens voraussetze, „dass der Bewohner in dem Gebäude zwar nicht ständig, aber doch regelmäßig übernachtet, wenigstens einzelne Mahlzeiten zu sich nimmt, wenigstens Teile seiner Freizeit dort verbringt und überdies die üblichen Verrichtungen der Körperpflege vornimmt“.
Dies habe im Streitfall nicht zugetroffen. Die Tochter und ihr Ehemann hätten das versicherte Gebäude vielmehr eher nach der Art von Besuchern genutzt. Überdies hänge der Schutz vor unbemerktem Rohrbruch nicht davon ab, ob in dem Gebäude noch Möbel und Hausrat verblieben seien, sondern davon, ob sich dort dauerhaft ein Mensch zu Wohnzwecken aufhalte.
„Nur wenn Letzteres der Fall ist, (...) lassen sich Rohrbrüche und sonstige schadensträchtige Unzulänglichkeiten der wasserführenden Teile der Haustechnik so rechtzeitig bemerken, dass sich größere Schäden abwenden lassen“, heißt es.
Als Leitsatz formulierten die Richter: „In Wohngebäude, in dem seit mehr als einem Jahr niemand mehr wohnt und der letzte Bewohner nach seinem – absehbar endgültigen – Umzug in ein Altenpflegeheim lediglich noch die Möbel nebst sonstigem Inventar zurückgelassen hat, die in dem Heim keinen Platz fanden, ist im Sinne der Gebäudeversicherungsbedingungen ungenutzt. Es besteht dann die Obliegenheit, die Wasserversorgung abzusperren.“
Dieser Zeitraum war zu lang.
Oberlandesgericht Celle
Ferner kamen sie zu dem Schluss, „dass der Betreuer die erforderliche Sorgfalt in allzu hohem Grade außer Acht ließ und (...) grob fahrlässig handelte, weil er ein Verhalten an den Tag legte, von dem er wissen musste, dass es in besonderem Maße geeignet war, den Eintritt des Versicherungsfalls oder die Vergrößerung des Schadens zu fördern.“
Zwar habe „ein bloßes Augenblicksversagen“ vorgelegen, als der Betreuer bei seinem letzten Kontrollbesuch vor seinem Urlaub in großer Eile fahrlässig vergaß, die Wasserversorgung wieder abzusperren. Denn ihm sei grundsätzlich bewusst gewesen, dass er diese besondere Sicherungsmaßnahme durchführen musste.
Allerdings liege ein Versäumnis vor, als er vier Tage später noch einmal zurückkehrte, um – offenbar wegen eigener längerer Abwesenheit – ein sonst geöffnetes Fenster zu verschließen. Es sei nicht mehr verständlich, dass er es nicht für erforderlich hielt, die Unterbrechung der Wasserversorgung sicherzustellen.
Ferner habe der Versicherer zutreffend darauf hingewiesen, dass der Betreuer seiner Verpflichtung nicht nahgekommen sei, das Gebäude genügend häufig zu kontrollieren. Es liege die Annahme vor, dass binnen 20 Tage nicht kontrolliert wurde. „Dieser Zeitraum war zu lang“, so die Richter. Sie legten die Leistungskürzung auf ein Drittel fest.
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