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Psychische Vorerkrankungen bei Kindern – (k)ein K.o.-Kriterium für die BU?

10.9.2025 – Die Berufsunfähigkeitsversicherung öffnet sich zunehmend für jüngere Altersgruppen. Doch was passiert, wenn in den Anträgen plötzlich Diagnosen wie ADHS, umschriebene Entwicklungsstörung oder Angststörung auftauchen? Die Risikoprüfung steht damit vor einer neuen, komplexen Herausforderung: Psychische Erkrankungen im Kindesalter sind häufig, schwer einzuordnen und nehmen unterschiedliche Verläufe. Ein Gastbeitrag von Caroline Nithammer, Jamil Sattler (beide Deutsche Rück) und dem Mediziner Fabian Sinowatz.

Caroline Nithammer
(Bild: Deutsche Rück)

Was lange ausschließlich als Vorsorgeinstrument für Erwachsene galt, beginnt heute bereits im Kindesalter. So kann eine vollwertige Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung) inzwischen schon ab einem Alter von sechs Jahren abgeschlossen werden.

Frühe Absicherung ermöglicht niedrige Beiträge

Die Vorteile dieser frühen Absicherung liegen auf der Hand: Das frühe Eintrittsalter, eine günstige Berufsgruppe und ein in der Regel guter Gesundheitszustand ermöglichen niedrige Beiträge.

Während viele körperliche Erkrankungen erst im späteren Leben auftreten, zeigen sich psychische Störungen jedoch häufig bereits im Kindesalter und tragen zunehmend zur Krankheitslast junger Menschen bei.

Daher stoßen Vermittler in Beratungsgesprächen immer häufiger auf psychische Diagnosen. Auch die Risikoprüfung steht damit vor einer neuen Herausforderung.

Auftreten psychischer Erkrankungen im Vergleich zu anderen relevanten Krankheiten sowie Unfällen nach Alter (Bild: Deutsche Rück)
Auftreten psychischer Erkrankungen im Vergleich zu anderen relevanten Krankheiten sowie Unfällen nach Alter. Quelle: eigene Darstellung Deutsche Rück nach Kieling, C. et al. (2024): „Worldwide Prevalence and Disability From Mental Disorders Across Childhood and Adolescence: Evidence From the Global Burden of Disease Study. Zum Vergrößern Bild klicken. (Bild: Deutsche Rück)

Viele innere wie äußere Einflüsse

Jamil Sattler
(Bild: Deutsche Rück)

Die Anfälligkeit für psychische Erkrankungen im Kinder- und Jugendalter lässt sich vor allem durch bio-psycho-soziale Risikofaktoren erklären. Hormonelle und neurologische Veränderungen, Identitäts- und Selbstwertentwicklung sowie die Ablösung vom Elternhaus, verbunden mit den Unsicherheiten des Erwachsenwerdens, prägen das Erleben und Verhalten.

Zusätzlich wirken verschiedene gesellschaftliche Megatrends wie Digitalisierung, Social Media, Angst vor dem Klimawandel oder geopolitische Krisen als sogenannte Stressoren. Seit den frühen 2000er Jahren führt dies zu einem signifikanten Anstieg psychischer Belastungen bei Kindern und Jugendlichen.

Beschleunigt wurde der Trend durch die Covid-19-Pandemie. Während bei Kleinkindern vor allem Entwicklungsstörungen auftreten, begegnen Vermittlern und Risikoprüfern im Schulalter gehäuft Angststörungen, Depressionen, somatische Beschwerden ohne organischen Befund, gestörtes Sozialverhalten und ADHS.

Unterschiedliche Verläufe

Fabian Sinowatz
(Bild: Deutsche Rück)

An dieser Stelle gilt es, mit einem häufigen Missverständnis aufzuräumen: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Psychische Erkrankungen im Kindesalter verlaufen oft dynamisch und individuell.

Aufgrund der hohen Plastizität des kindlichen Gehirns können sich Symptome zurückbilden oder chronifizieren. Viele Störungen wie Angst oder Depression sind gut behandelbar, während Entwicklungs- und Verhaltensstörungen häufig eine unklare Prognose haben.

Besonders im Grundschulalter können Entwicklungsstörungen die schulische Laufbahn stark beeinflussen – bis hin zum Wechsel auf eine Förderschule. Dort erreichen über 70 Prozent der Kinder keinen regulären Schulabschluss, was langfristig ihre berufliche Perspektive beeinträchtigt. Mit zunehmendem Alter bessern sich schulische Probleme jedoch häufig.

Entwicklungsbedingte Auffälligkeiten oder tatsächliche Risiken?

Je jünger das Kind, desto anspruchsvoller die Risikoprüfung. Diese steht vor einer neuen, komplexen Herausforderung: Sie muss zwischen entwicklungsbedingten Auffälligkeiten und tatsächlichen Risiken unterscheiden. Um fundierte und faire Entscheidungen zu ermöglichen, hat die Deutsche Rück ihre Underwriting-Guidelines speziell an die junge Zielgruppe angepasst.

Erkrankungen mit guter Prognose und geringem Einfluss auf die schulische Entwicklung sind bereits im Grundschulalter uneingeschränkt versicherbar. Voraussetzung ist, dass die Therapie einen erfolgreichen Verlauf zeigt und anhaltende Beschwerdefreiheit besteht. Dies gilt beispielsweise für Angststörungen, Depressionen oder somatoforme Störungen.

Auftreten typischer psychischer Erkrankungen bei Kindern und deren Beurteilung im Rahmen der Risikoprüfung (Bild: Deutsche Rück)
Auftreten typischer psychischer Erkrankungen bei Kindern und deren Beurteilung im Rahmen der Risikoprüfung. Quelle: eigene Darstellung Deutsche Rück; Icons_AdobeStock_226779307; VectorPortal.
Zum Vergrößern Bild klicken. (Bild: Deutsche Rück)

Kein pauschales K.o.-Kriterium für die Berufsunfähigkeitsversicherung

Entwicklungs- und Verhaltensstörungen lassen sich hingegen erst mit zunehmendem Alter verlässlich beurteilen. Ihre häufig variierenden Verläufe, weitreichenden Beeinträchtigungen und typischen Komorbiditäten, also das gleichzeitige Auftreten weiterer psychischer oder körperlicher Erkrankungen, sowie der erhebliche Einfluss auf die Schullaufbahn erschweren eine verlässliche Prognose der späteren Berufsfähigkeit.

Je nach Krankheitsbild ist ein Versicherungsschutz erst ab dem Besuch einer weiterführenden Schule (zum Beispiel bei ADHS oder umschriebenen Entwicklungsstörungen) oder ab der Berufsaufnahme (zum Beispiel bei gestörtem Sozialverhalten oder Autismus) möglich.

Psychische Vorerkrankungen bei Kindern sind demnach kein pauschales K.o.-Kriterium für die BU-Versicherung, erfordern jedoch eine angemessen differenzierte Risikoprüfung. Viele psychische Erkrankungen sind bereits im Grundschulalter versicherbar. Das tatsächliche Ausmaß und der weitere Verlauf von Entwicklungs- und Verhaltensstörungen lassen sich hingegen erst mit zunehmendem Alter verlässlich einschätzen.

Caroline Nithammer, Jamil Sattler, Dr. med. Fabian Sinowatz

Caroline Nithammer ist Referentin in der Abteilung Leben/Kranken Risiko- und Leistungsprüfung DACH, Jamil Sattler Co-Bereichsleiter Leben/Kranken Markt, Produkte & Prozesse DACH bei der Deutschen Rückversicherung AG (Deutsche Rück). Dr. med. Fabian Sinowatz ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie für Allgemeinmedizin, Oberarzt an der Schön Klinik Roseneck und medizinischer Berater der Deutschen Rück.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Berufsunfähigkeit · Coronavirus · Digitalisierung · Rückversicherung · Social Media · Zielgruppe
 
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