24.9.2025 – Wenn ein Versicherer nach einem Schadensfall die Regulierung der Kosten ablehnt, kommt es häufig zum Rechtsstreit. In einem aktuellen Fall in Brandenburg hat ein Gericht in zweiter Instanz dem Anbieter der Police Recht gegeben. Denn der Kunde hatte gleich mehrere Obliegenheiten verletzt, stellten die Richter fest. Insbesondere meldete er sich nicht unverzüglich, nur um den Prozess zu einem früheren Versicherungsfall nicht zu gefährden.
Wenn ein Versicherungsnehmer eine Schadensmeldung bewusst zurückhält, kann er seinen vertraglichen Anspruch verlieren. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg in einem Beschluss vom 24. Juni (11 U 183/24) festgestellt. Hiermit hat es die Berufung des Klägers gegen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. September 2024 (15 O 50/23) zurückgewiesen.
Geklagt hatte der Kunde einer kombinierten Wohngebäude- und Hausratversicherung. Er hatte für einen Leitungswasserschaden in seinem Wohnhaus im August 2018 von dem Anbieter der Police den Ersatz seiner Kosten verlangt.
Die Gesellschaft hatte ihre Leistungspflicht daraufhin geprüft und den Versicherungsvertrag im Februar 2019 wegen arglistiger Täuschung angefochten. Weil der Kunde falsche Angaben zur Wohnfläche gemacht habe, lehnte sie eine Versicherungsleistung ab.
Hiergegen klagte der Mann erfolgreich. Das Landgericht Frankfurt (Oder) verurteilte das Unternehmen mit seinem Urteil vom 19. August 2020 (14 O 155/19) dazu, eine Versicherungsleistung zu zahlen. Denn es stellte zudem fest, dass der Vertrag durch die Anfechtung nicht nichtig geworden sei.
Im November 2020 meldete der Kläger seinem Versicherer dann einen weiteren Wasserschaden in dem Wohnhaus, den er aber bereits im Sommer 2019 bemerkt habe. Bei der Reparatur des inzwischen regulierten Schadens sei demnach ein Abwasseranschluss unsachgemäß installiert worden.
Diesen zweiten Schaden konnten die daraufhin von dem Versicherer beauftragten Gutachter somit erst rund ein Jahr später besichtigen. Sie konnten ihn nach eigenen Angaben nicht zweifelsfrei von dem ersten Schaden aus dem Jahr 2018 abgrenzen.
Dem widersprach der Kläger und erklärte, der alte Schaden aus dem Jahr 2018 sei vollständig repariert worden. Der neue Schaden sei somit von diesem sicher abgrenzbar. Für die vollständige Reparatur im Sommer 2022 seien 127.250,27 Euro fällig geworden.
Eine Zahlung in entsprechender Höhe lehnte der Versicherer jedoch entschieden ab. Die Gesellschaft berief sich dabei nicht nur auf die ihrer Ansicht nach mangelnde Abgrenzung von dem bereits regulierten Schaden. Daneben habe der Versicherungsnehmer mehrere Obliegenheiten verletzt.
Konkret habe der Kunde erforderliche Belege nicht vorgelegt und gegen das Veränderungsverbot in den Allgemeinen Wohngebäudeversicherungsbedingungen (AVB) verstoßen. Vor allem aber habe der Mann seinen Schaden nicht unverzüglich angezeigt, wie es seine vertragliche Pflicht gewesen sei.
Der Kläger hingegen verteidigte sich damit, dass er mit seiner zweiten Schadensmeldung so lange wartete, bis die Beklagte auf die Berufung verzichtete und das Urteil aus dem August 2020 rechtskräftig war. Den Ausgang des laufenden Prozesses habe er nicht mit einem weiteren Versicherungsfall „gefährden“ wollen.
Diese Argumentation griffen die Richter des Landgerichts auf und wendeten sie gegen den Kläger. Er habe demnach arglistig gehandelt, indem er den zweiten Versicherungsfall nicht unverzüglich angezeigt habe, um seine Aussichten in dem Prozess um die Anfechtung des Vertrages zu wahren.
Dem erstinstanzlichen Urteil zufolge war die Klage des Kunden abzuweisen. Denn der Versicherer durfte sich demnach auf die Obliegenheitsverletzungen berufen und die Leistung vollständig verweigern.
Der Kläger hingegen beruft sich auf die vom Versicherer erklärte Anfechtung des Vertrags. Er habe daher annehmen dürfen, der Anbieter wolle sich mit dem zweiten Versicherungsfall nicht beschäftigen. Gegen die ihm vorgeworfene Arglist spreche, dass er den zweiten Schaden sorgfältig für seine spätere Meldung dokumentiert habe.
Doch damit konnte der Kläger das Berufungsgericht nicht überzeugen. Es habe den zweiten Versicherungsfall bewusst monatelang nicht angezeigt. Von diesem Vorwurf entlaste ihn weder die wirtschaftliche Zwangslage durch die Übernahme der Reparaturkosten noch die Anfechtungserklärung des Versicherers.
„Der Versicherungsnehmer kann gehalten sein, eine Schadensmeldung nach Anfechtung vorzunehmen, um den Versicherungsschutz für weitere Schadensfälle nicht zu gefährden“, erklärt Jens Reichow. Er ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB.
Der Fall mache deutlich, „dass der Versicherungsnehmer, der sich auf die Unwirksamkeit einer Anfechtung und damit auf den Fortbestand eines Versicherungsvertrages beruft, eben auch an die sich aus dem Versicherungsvertrag ergebenden Obliegenheiten gebunden ist“.
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