19.12.2025 – Die Obergrenze, bis zu der kleine Anwartschaften in der betrieblichen Altersversorgung abgefunden werden können, wurde gerade angehoben. Doch für Arbeitnehmer ist es am Ende meist besser, wenn sie ihre Betriebsrente beim neuen Arbeitgeber weiterführen können. Nicht immer gelingt das.
Die Arbeitgeber wünschen sich seit Jahren großzügigere Möglichkeiten für die Abfindung von Mini-Anwartschaften ausgeschiedener Arbeitnehmer, weil diese viel Verwaltungsaufwand verursachen. Dem ist der Gesetzgeber mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz II nun ein Stück weit entgegengekommen.
Doch wie wird der größere Spielraum künftig genutzt werden? Schließlich gibt es mit der Übertragung von Verträgen und der Mitnahme des Deckungskapitals Alternativen.
Kurz vor der Verabschiedung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes II (VersicherungsJournal 9.12.2025) ist durch eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales die Grenze, bis zu der kleine Anwartschaften in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) einseitig durch den Arbeitgeber abgefunden werden dürfen, auf das 1,5-Fache der Bezugsgröße in der Sozialversicherung erhöht worden.
Einer Zustimmung des Arbeitnehmers bedarf es für Anwartschaften dieser Größe nicht.
Die Wirtschaft und deren Interessenvertreter fordern schon länger mehr Bewegungsfreiheit bei der Abfindung von kleinen Anwartschaften ehemaliger Beschäftigter. Diese verbleiben oft noch Jahrzehnte in der bAV-Verwaltung, obwohl die Anwärter schon längst das Unternehmen verlassen haben, und verursachen einen hohen Verwaltungsaufwand bei geringem Nutzen.
Sandra Pieper, selbstständige Finanzberaterin für die Deutsche Bank AG und Betriebswirtin für betriebliche Altersversorgung, findet den Wunsch der Arbeitgeber nach höheren Abfindungsbeträgen durchaus verständlich. Sie verweist dabei zum Beispiel auf Versorgungen aus Unterstützungskassen, die anschließend weiter verwaltet werden müssen und später unter Umständen eine Liquidation des Unternehmens verhindern.
Allerdings mache der Anteil der Unterstützungskassen lediglich einen Anteil von 5,6 Prozent am gesamten bAV-Bestand aus. „In der Praxis sind weitestgehend Direktversicherungen und Pensionskassen betroffen. Hier gelten gesetzliche Rahmenbedingungen für die Übernahme beziehungsweise Übertragung von Versorgungen auf einen neuen Arbeitgeber“, erläutert Pieper.
Die Übernahme beziehungsweise Übertragung von Ansprüchen aus einer Direktversicherung, einer Pensionskasse oder einem Pensionsfonds ist in § 4 BetrAVG geregelt. Danach kann seit 2005 nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Zusage zur betrieblichen Altersversorgung im Einvernehmen durch den neuen Arbeitgeber übernommen/übertragen werden.
Einvernehmlich bedeutet, der neue Arbeitgeber muss zustimmen. Eine Verpflichtung besteht nicht. Bei der Übernahme tritt der neue Arbeitgeber in die arbeitsrechtliche Zusage mit allen Rechten und Pflichten und in den dazu abgeschlossenen Vertrag ein.
Damit einher geht ein nicht zu unterschätzendes Haftungsrisiko für den neuen Arbeitgeber. Aus diesem Grund kommen häufig solche Übernahmen nicht zustande. Daher hängt auch viel von der Beratung ab, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber erhalten.
„Die Beratungsleistung ist hier das entscheidende Kriterium, über eine saubere Fortführung der Versorgung aufzuklären, so dass der ursprüngliche Versorgungsgedanke aufrecht gehalten werden kann. Die Beratungsleistung setzt hier schon bei der Einrichtung der Versorgung ein und sollte bei Ausscheiden des Mitarbeitenden erneut greifen“, gibt Pieper zu bedenken.
Er prüfe grundsätzlich, ob eine Übernahme des bestehenden Vertrages durch den neuen Arbeitgeber angebracht und machbar ist, erklärt auch bAV-Fachmakler Achim Eigenschenk, Inhaber der Beratungsgesellschaft Finaco GmbH, die sich auf mittelständische Unternehmen und Start-ups spezialisiert hat.
„Letztendlich handelt es sich um die Übernahme einer arbeitsrechtlichen Zusage, die der neue Arbeitgeber im Zweifel nicht kennt. Neben der vom Arbeitgeber gewünschten Zusageart – BZML oder Bolz – und der vereinbarten Finanzierung gibt es auch produktseitige Faktoren zu beachten – etwa ein ausreichender Hinterbliebenenschutz bei einem Todesfall vor oder nach Rentenbeginn, ein harter Rentenfaktor sowie zeitgemäße Anlagemöglichkeiten.
Wenn diese Punkte passen, dann bemühe ich mich um eine Weiterführung des Vertrages. Aber das gelingt jedoch nicht immer, denn der neue Arbeitgeber muss ja auch bereit sein, die Haftung für diesen Vertrag zu übernehmen.“
Lehnt er dies ab, bliebe immer noch die Übertragung des Deckungskapitals. Denn der neue Arbeitgeber ist verpflichtet, eine alternative Versorgungseinrichtung zur Fortführung der unverfallbaren Ansprüche anzubieten.
In diesem Fall schließt der Mitarbeiter einen neuen Betriebsrentenvertrag beim neuen Arbeitgeber ab. Das Deckungskapital aus dem bisherigen Vertrag wird in den neuen übertragen. Dies ist zwischen den Durchführungswegen Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds möglich. Der neue Arbeitgeber erteilt eine wertgleiche Versorgungszusage. Es verbleibt kein Haftungsrisiko aus der alten Zusage.
Eigenschenk hat allerdings des Öfteren auch schon erlebt, dass die Arbeitnehmer sich auf eigenen Wunsch abfinden lassen. „Es werden oft Begehrlichkeiten geweckt und nicht alle überzeugt der Einwand, dass es sich um eine Versorgung handelt und nicht um einen Sparplan. Nach einer Abfindung ist das Geld in der Regel für die Alterssicherung verloren und fließt in den Konsum.“
In der Praxis scheuen viele Arbeitnehmer den Aufwand, sich mit Fortführungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen, wenn es alternativ die „einfache“ Möglichkeit zur Auszahlung gibt, hat auch Sandra Pieper beobachtet. „Eine Förderung der betrieblichen Altersversorgung wird dies nicht zur Folge haben.“
So fließe trotz der gesetzlichen Übernahme- oder Übertragungsverpflichtungen oder trotz der Möglichkeit einer privaten oder beitragsfreien Fortführung das Versorgungskapital in den Konsum, gibt auch sie zu bedenken.
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