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Gebäudeversicherer muss für abgebranntes Geisterhaus zahlen

10.9.2025 – Aus ungeklärter Ursache war auf einem unbewohnten Anwesen ein Feuer ausgebrochen. Die Eigentümer der Immobilie verlangten Ersatz von dem Gebäudeversicherer, der aber mit Hinweis auf verletzte Obliegenheit die Leistung verweigerte. Vor Gericht erstritten die Versicherten ein Urteil, mit dem beide Streitparteien unzufrieden waren. Doch auch das Berufungsgericht hielt die hälftige Kürzung der Versicherungsleistung in diesem Fall für angemessen.

In dem verhandelten Fall ging es um Ansprüche aus einer 2011 abgeschlossenen Feuer-Wohngebäudeversicherung. Bestandteil des Vertrages waren unter anderem die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen.

Außerdem beinhaltete der Vertrag weitere Vereinbarungen zur Gebäudeversicherung, weil das versicherte Haus unbewohnt war. Demnach musste das Gelände regelmäßig kontrolliert werden und Unberechtigten musste der Zugang verwehrt bleiben.

Feuer in unbewohntem Gebäude ausgebrochen

Doch laut Ermittlungen der Polizei nutzten Jugendliche das Haus bereits seit mehreren Monaten als gelegentlichen Treffpunkt. Auch am 22. Mai 2019 waren, Zeugenaussagen zufolge, drei Jugendliche durch eine Hintertür zum Garten hereingekommen.

Das ist wichtig, weil es an diesem Tag im Dachgeschoss des Gebäudes zu einem Brand kam. Einem Sachverständigen zufolge gilt als wahrscheinlichste Ursache des Feuers, dass jemand dort eine brennende Zigarettenkippe hinterlassen hatte.

Anhaltspunkte dafür, dass der Brand vorsätzlich oder grob fahrlässig gelegt worden sein könnte, hat der Sachverständige nicht gefunden. Dem Gericht zufolge ist das Feuer einer Verkettung unglücklicher, nicht ausnahmslos beherrschbarer Umstände geschuldet gewesen.

Kläger berufen sich auf „verhüllte Obliegenheit“

Der Versicherer lehnte es deshalb im Juli 2019 ab, den Schaden zu regulieren. Denn die Voraussetzungen des Versicherungsschutzes seien nicht beachtet worden. Konkret sei dem Versicherten eine unzureichende Kontrolle und Sicherung des Anwesens vorzuwerfen.

Hiergegen erhoben die Eigentümer im Oktober 2021 Klage vor dem Landgericht Saarbrücken. Demnach hätten sie das Gebäude vereinbarungsgemäß regelmäßig etwa ein- bis zweimal pro Woche kontrolliert und die Zugangstüren nach eigenen Angaben regelrecht verbarrikadiert. Auf den regelmäßigen Besuch der Jugendlichen hätten sie weder die Polizei noch Nachbarn hingewiesen.

Die Kläger beriefen sich darauf, dass es sich bei den vertraglichen Nebenvereinbarungen zum Versicherungsschein um eine „verhüllte Obliegenheit“ handele. Dies widerspreche jedoch dem abgestuften Sanktionssystem des § 28 VVG und des § 32 VVG und sei daher unwirksam.

Versicherer wegen verletzter Obliegenheit leistungsfrei?

Ein eventuelles Fehlverhalten der Kläger sei auch nicht schuldhaft, sondern allenfalls leicht fahrlässig gewesen. Hieraus folge nicht, dass der Versicherer aufgrund verletzter Obliegenheiten leistungsfrei werde. Stattdessen habe er die Versicherten zum Neuwert des Hauses zu entschädigen.

Letzteres lehnte das Landgericht in seinem Urteil vom 3. Juli 2024 (14 O 275/21) zwar ab. Ein Anspruch auf die sogenannte Neuwertspitze stehe den Klägern nicht zu, weil sie das Anwesen nach wie vor nicht wiederhergestellt hätten und die dafür vorgesehene vertragliche Frist bereits abgelaufen war.

Die Kläger hätten aber grundsätzlich einen Anspruch auf den Zeitwert des Gebäudes. Diesen dürfe die Assekuranz jedoch aufgrund der missachteten vertraglichen Sicherheitsvorschriften, die eine grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung darstellten, um 50 Prozent kürzen.

Kläger und Beklagte gehen in Berufung

Gegen dieses Urteil waren sowohl die Kläger als auch die Beklagte in Berufung gegangen. Während das Oberlandesgericht Saarbrücken (Urteil vom 21. Mai 2025, 5 U 57/24) die Klage des Versicherers zurückwies, hatten die Versicherungsnehmer teilweise Erfolg. Ihnen stehe auch die Differenz zwischen der Neuwert- und der Zeitwertentschädigung in Höhe von 50 Prozent zu.

Ansonsten bestätigten die Richter das Urteil der Vorinstanz. Demnach waren die Sicherheitsvorschriften der Gebäudeversicherung eine Obliegenheit der Versicherungsnehmer. Diese hätten sie durch Passivität verletzt – und zwar grob fahrlässig, aber nicht vorsätzlich. Daher wurde die Versicherungsleistung zu Recht nur anteilig gekürzt.

„Durch dieses Urteil wird die Problematik der rechtlichen Bewertung von Vereinbarungen in der Gebäudeversicherung deutlich“, kommentiert Jens Reichow das Urteil. Er ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB. „Die rechtliche Einordnung der Pflichten, die durch den Leerstand eines Gebäudes entstehen, kann erhebliche Auswirkungen auf die Schadensregulierung im konkreten Fall haben“, so Reichow weiter.

 
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