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Folgeschäden: Ein nicht reparierter Unfallwagen sollte nicht voreilig verkauft werden

16.7.2025 – Ein Kfz-Halter ist berechtigt, nach einem Verkehrsunfall den erlittenen Unfallschaden am eigenen Pkw fiktiv abzurechnen, also sich den Schadensersatz vom Unfallverursacher oder dessen Haftpflichtversicherung auf Grundlage eines Schadengutachtens auszahlen zu lassen. Wer jedoch danach den Pkw während eines Rechtsstreits zum Unfall verkauft und keinen Nachweis über eine erfolgte Reparatur erbringt, kann keine Feststellung verlangen, dass der Unfallverursacher auch für künftig festgestellte unfallbedingte Schäden aufkommen muss. Dies belegt ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs.

Nach einem Verkehrsunfall forderte ein Kfz-Halter vom Unfallverursacher und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer Schadensersatz für die Reparatur seines Autos sowie weitere unfallbedingte Kosten wie Anwaltskosten.

Zudem forderte er eine „titelersetzende Feststellungserklärung“. Also eine Erklärung des gegnerischen Kfz-Versicherers, dass dieser verbindlich anerkennt, auch für alle künftig entstehenden und bislang noch nicht absehbaren Schäden aus dem Unfall aufzukommen.

Unrepariertes Auto vor Ende des Rechtsstreits verkauft

Der Kfz-Haftpflichtversicherer regulierte den Großteil des Schadens, wie vom Unfallgeschädigten gewünscht, auf Grundlage des von ihm in Auftrag gegebenen Schadensgutachtens, übernahm jedoch nur einen Teil der geforderten Reparatur- und Rechtsanwaltskosten. Auch die Feststellungserklärung erteilte der Versicherer nicht.

Da nicht alle Forderungen beglichen wurden, reichte der Kfz-Halter eine Gerichtsklage ein. Er wollte dabei auch gerichtlich feststellen lassen, dass der Versicherer für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfall einstandspflichtig ist.

Dieses Feststellungsinteresse begründete er damit, dass im Fall einer zukünftigen Reparatur des Unfallschadens weitere Schadenskosten anfallen könnten, wie zum Beispiel Reparaturkosten, Mehrwertsteuer oder Nutzungsausfall.

Während des Rechtsstreits verkaufte der Mann das Auto.

Gerichte lehnten Feststellungsantrag ab

Das Amtsgericht Kassel sprach dem Kläger einen Großteil der noch nicht erstatteten Reparatur- und Anwaltskosten zu. Den Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden lehnte das Gericht jedoch ab. Daraufhin legte der Kfz-Halter Berufung ein, beschränkte sich dabei aber ausschließlich auf den Feststellungsantrag.

Das Landgericht Kassel wies jedoch die Berufung zurück. Sowohl das Amtsgericht wie auch das Landgericht lehnten den Feststellungsantrag ab, weil für den Kläger nach dem Verkauf seines Fahrzeugs kein nachvollziehbarer Grund mehr bestand, mit dem Auftreten weiterer Schäden rechnen zu können.

Da er nicht nachweisen konnte, dass er das Auto vorher reparieren ließ, hat er nach Ansicht der Gerichte zudem kein berechtigtes Interesse mehr an einer Feststellung für künftige Schadensersatzansprüche.

„In einem Rechtsstreit, in dem der Feststellungsantrag allein auf mögliche weitere Schäden (vorliegend: Reparaturkosten, Mehrwertsteuer, Nutzungsausfall […]) bei nicht abgeschlossener Schadensentstehung gerichtet sei, das Fahrzeug im Laufe des Rechtsstreits aber verkauft werde, ohne dass sich solche Schäden wenigstens teilweise realisiert hätten, falle das Feststellungsinteresse durch den Verkauf des unreparierten Fahrzeugs weg“, so die Argumentation des LG.

Kein Anspruch auf Feststellung künftiger Ersatzpflicht

Der Kläger legte Revision ein. Doch auch der Bundesgerichtshof bestätigte mit seinem Urteil vom 25. März 2025 (VI ZR 277/24) die Entscheidungen der Vorinstanzen. Das Gericht stellte klar, dass das rechtliche Interesse an einer Feststellungsklage nach § 256 Absatz 1 ZPO voraussetzt, dass tatsächlich die Möglichkeit besteht, dass künftig noch Schäden eintreten könnten.

Das war hier nach Auffassung des BGH nicht mehr der Fall, wie aus dem Urteil hervorgeht: „An der Möglichkeit weiterer Schäden fehlt es, wenn aus Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen.“

Nachdem der Kläger das beschädigte Fahrzeug während des Prozesses veräußert hatte und nicht nachweisen konnte, dass dieses zuvor repariert worden war, könne er keine künftigen materiellen Schäden mehr geltend machen, so der BGH. Im Urteil wird diesbezüglich betont: „Der Kläger kann sein Fahrzeug nicht mehr reparieren lassen, nachdem er es veräußert hat.“

Ein Feststellungsinteresse, das anfangs noch bestanden habe – nämlich für den Fall späterer Reparatur oder zusätzlicher Folgeschäden – sei mit dem Verkauf des Autos weggefallen.

Fazit

Für den Kläger bedeutet das Urteil, dass er für zukünftige, bislang noch nicht eingetretene Schäden aus dem Unfall keine Ansprüche mehr geltend machen kann, nachdem er sein beschädigtes Fahrzeug verkauft und keine Reparatur nachgewiesen hat. Für den beklagten Unfallverursacher beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherer besteht keine Verpflichtung mehr, potenziell noch entstehende Schäden aus dem Unfall auszugleichen.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs verdeutlicht: Das Feststellungsinteresse für künftige materielle Schäden nach einem Unfall erlischt, wenn das beschädigte Fahrzeug während des Rechtsstreits zum Unfall veräußert wird und nicht belegt werden kann, dass eine Reparatur durchgeführt wurde.

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Schlagwörter zu diesem Artikel
Bundesgerichtshof · Haftpflichtversicherung · Nutzungsausfall · Pkw · Schadenersatz · Verkauf
 
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