1.9.2025 – Immer wieder führen Konflikte innerhalb der Familie dazu, dass Eltern ein Kind vom Erbe ausschließen möchten. Doch selbst wenn ein Kind im Testament übergangen oder ausdrücklich enterbt wird, bleibt ihm in der Regel der gesetzlich verankerte Pflichtteil. Diese gesetzliche Mindestbeteiligung am Nachlass steht aber nicht nur Kindern zu. Zudem gibt es wenige Gründe, die dazu führen können, dass auch der Pflichtteil entzogen werden kann.
Mit einem Testament oder Erbvertrag kann man auch eine andere Person als die nach der gesetzlichen Erbfolge gemäß den §§ 1922 und folgenden BGB vorgesehene als Erben bestimmen. Bestimmte Angehörige haben jedoch dann immer noch Anspruch auf einen sogenannten Pflichtteil.
Beim Pflichtteil handelt es sich um einen Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, der den pflichtteilsberechtigten Angehörigen ohne Vorhandensein eines Testaments oder Erbvertrags zugestanden hätte.
Ein Pflichtteilsberechtigter hat somit kein Anrecht auf die Aushändigung einer bestimmten Sache aus dem Nachlass des Verstorbenen, sondern ausschließlich auf die Auszahlung einer bestimmten Geldsumme.
Nach § 2303 BGB steht dem Ehepartner, den leiblichen Kindern oder, sollte ein Kind nicht mehr leben, deren Nachkommen wie Enkel und Urenkel des Erblassers ein Pflichtteil zu, wenn sie per Testament oder Erbvertrag vom Erbe ausgeschlossen wurden.
Verstirbt ein Kinderloser, haben auch seine Eltern Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn sie mittels eines Testaments oder Erbvertrags nicht als (Mit-)Erben eingesetzt wurden. Kein Pflichtteilanspruch besteht für die übrigen Angehörigen eines Erblassers wie Geschwister, Tanten, Onkel, Nichten, Neffen, Cousinen, Cousins oder auch für die Schwiegereltern oder alle sonstigen angeheirateten Angehörigen wie Stiefkinder, Schwager und Schwägerin.
Beispiele für die Pflichtteilshöhe:
Wurde einem Pflichtteilsberechtigten per Testament oder Erbvertrag ein Erbteil hinterlassen, der geringer ist als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils – und damit geringer als der Pflichtteil –, so kann er gemäß § 2305 BGB von den Miterben die noch fehlende Differenz zum Pflichtteil verlangen.
Die mit Testament oder Erbvertrag ernannten Erben sind nicht verpflichtet, die entsprechenden Angehörigen von sich aus auf eine Pflichtteilsberechtigung hinzuweisen. Um einen Pflichtteil zu erhalten, muss ein Pflichtteilsberechtigter seinen Anspruch nach § 195 BGB und § 199 Absatz 1 BGB innerhalb von drei Jahren bei den Erben aktiv einfordern, anderenfalls verjährt der Anspruch.
Die Verjährungsfrist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte vom Tod des Erblassers erfahren hat und darüber Kenntnis erlangte, dass er durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Spätestens 30 Jahre nach dem Ableben des Erblassers endet gemäß § 199 Satz 3a BGB der Pflichtteilsanspruch, unabhängig davon, ob der Pflichtteilsberechtigte in dieser Zeit Kenntnis über den Tod des Erblassers hatte.
Beispiel: Ein Vater ist am 1. Dezember 2024 gestorben. Sein Sohn wurde am gleichen Tag informiert. Am 12. Januar 2025 erfuhr er, dass er im Testament nicht bedacht wurde. Damit beginnt die Verjährungsfrist am 31. Dezember 2025. Fordert der Sohn bis zum 31. Dezember 2028 seinen Pflichtteil nicht bei den Erben ein, entfällt sein Anspruch darauf. Hat der Sohn keine Kenntnis vom Tod seines Vaters, verjährt der Pflichtteilanspruch spätestens am 1. Dezember 2054.
Aufgrund der Nachweisbarkeit sollte der Pflichtteilsberechtigte den Pflichtteil schriftlich per Einschreiben bei den Erben einfordern und mit gleichem Schreiben auch Auskünfte zum Nachlass gemäß § 2314 BGB verlangen.
Um die genaue Höhe des Pflichtteils bestimmen zu können, hat er nämlich das Recht, von den Erben ein privates und auch ein notarielles Nachlassverzeichnis – also eine detaillierte Aufstellung aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes – zu verlangen. Er hat auch das Recht, bei dessen Erstellung anwesend zu sein. Ferner kann er eine Wertermittlung einzelner Nachlassgegenstände einfordern.
Bestehen Zweifel an der Vollständigkeit der erteilten Auskünfte, darf der Pflichtteilsberechtigte eine eidesstattliche Versicherung von den Erben verlangen. Die Kosten für diese Maßnahmen werden nach dem Gesetz vom Nachlass getragen. Das bedeutet: Sie werden aus der Erbmasse bezahlt, bevor diese unter den Erben verteilt wird.
Der Pflichtteilsberechtigte trägt diese Ausgaben damit nur mittelbar – nämlich dadurch, dass sich der Wert des Nachlasses und damit auch seine Pflichtteilsquote entsprechend verringert.
Weigern sich die Erben, den Pflichtteilsanspruch anzuerkennen, Auskünfte zum Nachlass zu geben oder den Pflichtteil auszuzahlen, kann der Pflichtteilsberechtigte rechtlich vorgehen.
Ein häufiges Mittel ist die sogenannte Stufenklage: Zuerst wird die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses eingeklagt, anschließend die Wertermittlung und schließlich die Auszahlung des Pflichtteils. Bei einer Stufenklage muss der Pflichtteilsberechtigte zunächst die Gerichtskosten vorschießen. Gewinnt der Pflichtteilsberechtigte ganz oder teilweise, müssen die Erben ihm die Kosten ganz oder anteilig erstatten.
Alternativ zur Stufenklage kann der Pflichtteilsberechtigte einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragen, um den Anspruch innerhalb der Verjährungsfrist zu sichern. Auch hier muss der Pflichtteilsberechtigte die Kosten für einen Mahnbescheid zunächst selbst zahlen und kann sie vom Erben zurückfordern, wenn dieser den Pflichtteil auszahlt. Widerspricht der Erbe und es kommt zum Gerichtsverfahren, entscheidet das Gericht: Die unterlegene Partei trägt dann die Prozesskosten.
Nur in wenigen Fällen ist es möglich, dem Ehepartner, den eigenen Kindern oder bei Kinderlosen den Eltern den Pflichtteil zu verwehren. Laut § 2333 BGB kann ein Erblasser den Pflichtteil nur in schriftlicher Form per Testament oder Erbvertrag aus folgenden vier Gründen entziehen: wenn der normalerweise pflichtteilsberechtigte Angehörige
Einem eigentlich per Testament oder nach der gesetzlichen Erbfolge Erbberechtigten sowie einem Pflichtteilsberechtigten kann sein Erbe wie auch sein Pflichtteil verweigert werden, wenn gemäß § 2339 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) eine Erbunwürdigkeit besteht.
Dieses tritt jedoch nicht automatisch ein, sondern muss innerhalb eines Jahres ab Kenntnis eines entsprechenden Grundes beispielsweise von den anderen Erben oder Angehörigen gerichtlich geltend gemacht werden. Erbunwürdig ist laut Gesetz, wer
Ein Streit zu Lebzeiten zwischen Erblasser und Angehörigen oder dass jahrelang kein Kontakt zwischen beiden bestand, reicht laut Gesetz also nicht für eine Entziehung des Pflichtteils oder für eine Erbunwürdigkeit aus.
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