Beauftragung von Prüfdienstleistern: Wird Schadenregulierung zum Glücksspiel?

29.7.2025 – Werden Prüfdienstleister beauftragt, erfolgt die Schadenregulierung nach Ansicht von Versicherungsmakler Erwin Daffner eher willkürlich als verlässlich. Die Folgen sind unter anderem Deckungslücken für den Versicherungsnehmer. Er fordert deshalb einheitliche und verbindliche Prüfkriterien sowie eine Rücksprachepflicht bei Kürzungen. Außerdem sollten Prüfberichte nicht automatisch als Grundlage für Kürzungen dienen.

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Versicherungsmakler Erwin Daffner macht auf Missstände im Schadenbereich aufmerksam. „Versicherer lassen eingereichte Angebote im Schadenfall zunehmend durch externe Prüfstellen beurteilen. Ziel ist es, die Wirtschaftlichkeit der Reparaturkosten zu kontrollieren“, berichtet er gegenüber dem VersicherungsJournal.

Große Unterschiede bei Prüfberichten

Doch ein aktueller Fallvergleich zeige: „Je nachdem, welcher Prüfdienstleister beauftragt wird, unterscheiden sich die Bewertungen erheblich – mit direkten Auswirkungen auf den Kunden“, so Daffner.

In einem Fallbeispiel hat er zwei Prüfberichte zu Angeboten eines Wasserschadensanierers verglichen. Die Gegenüberstellung zeigt: Das ursprüngliche Angebot wurde bei Prüfer P. um 14 Prozent gekürzt, bei Prüfer S. sogar um 45 Prozent,

Prüfobjekt: Angebote der T. Wasserschadensanierung GmbH

 

Prüfer S.

Prüfer P.

ursprüngliches Angebot*

2.315

3.270

empfohlene Summe*

1.275

2.800

Kürzungsbetrag**

1.040 
(45 %)

470 
(14 %)

Drei problematische Punkte

Erwin Daffner (Bild privat)
Erwin Daffner (Bild privat)

Daffner hält das Vorgehen der beiden Prüfer für Versicherte und Handwerker für problematisch. Er spricht von „Willkür statt Verlässlichkeit“. Denn zwei Prüfer, die oft beauftragt würden, kämen zu zwei unterschiedlichen Urteilen. „Die Schadenregulierung hängt damit faktisch davon ab, wen der Versicherer beauftragt“, kritisiert er.

Zudem sei in beiden Fällen keine Rücksprache mit dem Handwerksunternehmen erfolgt. Die Kalkulation sei auf Basis interner Annahmen oder Pauschalkriterien geändert worden – teils ohne technische Grundlage. „Keine Rücksprache, keine Prüfung“, konstatiert er.

Und drittens sieht der Makler eine Gefahr für den Versicherungsschutz. „Wenn Versicherer die gekürzten Beträge zur Regulierung verwenden, entsteht für den Kunden eine Deckungslücke. Entweder muss er selbst draufzahlen oder auf eine vollständige Sanierung verzichten, sollte er sich nicht wehren“, bemängelt der Versicherungskaufmann.

Der Versicherte hat Anspruch auf eine fachlich fundierte und faire Bewertung seines berechtigten Anspruchs.

Erwin Daffner

Drei Forderungen für die Zukunft

Die Praxis, externe Prüfdienstleister einzusetzen, sei nicht grundsätzlich falsch – sie müsse jedoch transparent, nachvollziehbar und im Dialog mit den Beteiligten erfolgen.

Deshalb fordert er einheitliche und verbindliche Prüfkriterien sowie eine Rücksprachepflicht bei Kürzungen. Außerdem sollten Prüfberichte nicht automatisch als Grundlage für Kürzungen dienen.

„Schadenregulierung darf kein Glücksspiel sein. Der Versicherte hat Anspruch auf eine fachlich fundierte und faire Bewertung seines berechtigten Anspruchs“, stellt er fest.

Nur so kann sichergestellt werden, dass die Schadenregulierung tatsächlich fair und sachgerecht erfolgt.

Erwin Daffner

Prüfberichte kritisch hinterfragen

Der Versicherungskaufmann rät Versicherten und Handwerksbetrieben, die Ergebnisse solcher externen Prüfberichte kritisch zu hinterfragen. „Ein Prüfbericht stellt keine rechtlich bindende Entscheidung dar, sondern ist lediglich eine Einschätzung – oft ohne vollständige Kenntnis der baulichen Gegebenheiten oder ohne Rücksprache mit dem Ausführenden“, sagt er.

Es sei daher ratsam, Kürzungen nicht ungeprüft zu akzeptieren, sondern auf eine nachvollziehbare Begründung zu bestehen oder gegebenenfalls Gegengutachten einzuholen. „Nur so kann sichergestellt werden, dass die Schadenregulierung tatsächlich fair und sachgerecht erfolgt“, betont er.

Das legt nahe, dass die Prüfungen nicht neutral im Sinne einer objektiven Marktbewertung erfolgen.

Erwin Daffner

Korrekturen nur nach unten, nie nach oben

Häufig werde vernachlässigt, dass Handwerksunternehmen in ihrer Preisgestaltung grundsätzlich frei sind, solange sie sich im Rahmen marktüblicher Konditionen bewegen. Einzelne Positionen eines Angebots könnten somit höher, andere dafür günstiger kalkuliert und trotzdem insgesamt angemessen sein.

Auffällig sei zudem, dass externe Prüfer regelmäßig ausschließlich Positionen kürzten, jedoch nie zugunsten der Firma oder des Versicherten andere Positionen nach oben korrigierten.

„Das legt nahe, dass die Prüfungen nicht neutral im Sinne einer objektiven Marktbewertung erfolgen, sondern primär einseitig im Sinne der Kostenminimierung ausgelegt sind. Maßgebend ist aber der Gesamtpreis des Angebots“, so Daffner.

Kostenangebot vollumfänglich anerkannt

Er berichtet von einem Schadenfall, bei dem Prüfer P. ein Angebot einer Firma in Höhe von 5.009,19 Euro um 2.131,89 Euro kürzte, mit dem Hinweis, die Trocknungskosten seien nicht angemessen.

„Glücklicherweise beauftragte der Versicherer dann doch einen Sachverständigen mit der Schadenbewertung, mit dem Ergebnis, dass das Kostenangebot vollumfänglich anerkannt wurde“, erzählt Daffner. Damit folgte der Versicherer sowohl der Empfehlung von Prüfer P. als auch später der Empfehlung des Sachverständigen – „wohl ohne eigene Meinung“, so der Versicherungsmakler.

„Es sollte ausreichend sein, dass der Versicherungsnehmer schriftlich bestätigt, dass nur schadenbedingt notwendige Arbeiten beauftragt wurden. Gleichzeitig bestätigt die Handwerksfirma, dass nur schadenbedingt erforderliche Arbeiten zu marktüblichen Konditionen ausgeführt wurden“, meint er.

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Leserbriefe zum Artikel:

Martina Ader - Nur schlechte Erfahrungen mit externen Prüfern. mehr ...

Andreas Bauer - Fazit: Versicherer kürzen, was das Zeug hält. mehr ...

 
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