25.7.2025 – Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin könnte laut Medienberichten vor neuen Abschreibungen stehen. Das bleibt auch für die Mitglieder nicht ohne Folgen: Sie werden vor Belastungen bei Renten und Beiträgen gewarnt. Aktuell werden die Kapitalanlagen der Einrichtung neu bewertet.
Die rund 10.000 Mitglieder im Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin (VZB) müssen sich auf neue Belastungen einstellen.
Thomas Schieritz, neuer Vorsitzender des Verwaltungsausschusses, warnt demnach in einer Stellungnahme vor „spürbaren Einschnitten bei den Versorgungsansprüchen sowie Belastungen im Bereich der Renten und Beiträge“. Das berichtet am Donnerstag die F.A.Z. Business Media GmbH.
Insbesondere Investitionen in Start-ups, Unternehmensbeteiligungen und Immobilien seien problematisch, so heißt es in der aktuellen Stellungnahme: Sie sollen teils nicht den gängigen Sicherheitsstandards entsprochen haben.
Einige dieser Engagements seien über Darlehen finanziert worden, die nur unzureichend oder gar nicht abgesichert waren. Dies ergebe sich aus einem Zwischenbericht zur wirtschaftlichen Lage, den drei Kanzleien erstellt hätten – dem VersicherungsJournal liegt das Dokument nicht vor.
Als problematische Investments werden im Artikel mehrere Beispiele genannt:
Erstmals in die Schlagzeilen geriet die VZB mit der Pleite der Element Insurance AG, an der sie nach Medienberichten 80 Prozent der Anteile erhielt (VersicherungsJournal 19.3.2025). In den Jahren 2022 und 2023 musste die Kammer knapp 110 Millionen Euro auf ihre gehaltenen Investments abschreiben.
Aufgrund der verfolgten Anlagestrategie waren und sind teils substanzielle Wertberichtigungen erforderlich.
Verwaltungsausschuss VZB
Im Zuge der hohen Abschreibungen hatte es bereits personelle Konsequenzen gegeben: Ralf Wohltmann, der seit Anfang der 2000er-Jahre für die Kapitalanlage verantwortlich war, wurde im März freigestellt.
Auch der Verwaltungsausschuss wurde neu besetzt. Das Gremium ist laut Satzung das geschäftsführende Organ des VZB und wird normalerweise alle fünf Jahre von der Vertreterversammlung gewählt.
Aktuell stehen dem Gremium Thomas Schieritz als Vorsitzender und Alexander Klutke als Stellvertretender Vorsitzender vor. Eine Übersicht der Organe findet sich auf der Webseite des VZB.
Aus einer Erklärung des Verwaltungsausschusses vom 20. Juni 2025 geht hervor, dass das VZB derzeit keine Rentenanwartschaftsmitteilungen an seine Mitglieder versendet. Die Mitglieder erhalten somit keine Information über den aktuellen Stand ihrer bislang erworbenen Rentenansprüche. Hintergrund ist, dass die Kapitalanlagen derzeit auf Risiken hin analysiert und neu bewertet werden:
„Externe unabhängige Fachleute wurden beauftragt, die bisherigen Abläufe eingehend zu analysieren und konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten. Bis zum Abschluss dieser Untersuchungen wurde die Erstellung der Rentenanwartschaftsmitteilungen zunächst ausgesetzt“, heißt es hierzu auf der Webseite des Versorgungswerkes.
Bereits im Anschluss an die Vertreterversammlung am 30. November 2024 hatte das Versorgungswerk berichtet, dass eine Dynamisierung der Anwartschaften und Renten aus dem Jahresabschluss 2023 nicht erfolgen kann. Eine Erhöhung der Ansprüche ist damit vorerst ausgeschlossen.
Darüber hinaus lässt die Erklärung vermuten, dass die finanziellen Probleme größer sind, als bislang öffentlich eingeräumt wurde. Noch im März hatte das VZB rechtliche Schritte gegen Medien angekündigt, die die wirtschaftliche Lage der Einrichtung als alarmierend dargestellt hatten. In der aktuellen Mitteilung heißt es nun:
„Zuletzt verwaltete das VZB ein Kapitalanlagevermögen von circa 2,2 Milliarden Euro zur Sicherung der Altersversorgung seiner mehr als 10.000 Mitglieder. Es verfügte zum 31.12.2023 über eine Reserve von 145 Millionen. Auf Basis des Jahresabschlusses sowie des versicherungsmathematischen Gutachtens für das Jahr 2023 erschien das VZB wirtschaftlich solide aufgestellt.“
Doch der Verwaltungsausschuss räumt auch ein: „Tatsächlich stellt sich jedoch die wirtschaftliche Lage des VZB herausfordernder dar. Insbesondere aufgrund der ab 2013 verfolgten Anlagestrategie, in deren Zuge Immobilieninvestments und Direktbeteiligungen an Unternehmen eingegangen wurden, waren und sind teils substanzielle Wertberichtigungen erforderlich.“
Die Anlagestrategie soll nun anhand der gewonnenen Handlungsempfehlungen neu ausgerichtet und stärker diversifiziert werden, um hohe Abschreibungen zukünftig zu vermeiden. Laut dem Bericht der F.A.Z. Business Media prüft die Vertreterversammlung außerdem Schadensersatzansprüche gegen die früheren Verwaltungsausschussmitglieder.
Wer sich darüber informieren möchte, in welche Unternehmen das Versorgungswerk investiert hat, findet in den bislang veröffentlichten Informationen keine konkreten Angaben.
Ein Geschäftsbericht für das Jahr 2024 liegt derzeit noch nicht vor. Es ist zu vermuten, dass die Veröffentlichung erst nach der Neubewertung der Geldanlagen erfolgt – eine entsprechende Anfrage blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Der Bericht des Vorjahres (PDF, 664 KB) weist zwar Ergebnisse nach Anlageklassen und die grundsätzliche Anlagestruktur aus, nennt jedoch keine einzelnen Unternehmen. Zudem bleiben die Angaben unspezifisch. Unternehmensbeteiligungen könnten verschiedenen Anlagekategorien zugeordnet sein, etwa:
26,3 Prozent des Anlagevermögens entfallen auf Immobilienfonds. Wie die F.A.Z. berichtet, teilte das Versorgungswerk auf Anfrage mit, dass „der überwiegende Anteil des Anlagevermögens in nichtbörsennotierte Anlagen investiert ist“.
Von Abschreibungen sind neben dem VZB auch andere Einrichtungen betroffen. Im Juni wurde bekannt, dass das Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen (LÄKH) im Jahr 2023 knapp 300 Millionen Euro aufgrund gescheiterter Immobilieninvestments abschreiben musste (27.5.2025).
Zuvor sorgten bereits das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein (VZK SH), das Apotheker-Versorgungswerk Schleswig-Holstein sowie das Altersversorgungswerk der Zahnärztekammer Niedersachsen (AVW) mit Abschreibungen für Schlagzeilen.
Ein existenzbedrohendes Risiko besteht derzeit für keines der deutschen Versorgungswerke. Sie können auf Abschreibungen reagieren – etwa durch höhere Beiträge oder eine Anpassung des Rechnungszinses. Letzteres kann allerdings zulasten der Versicherten gehen: Sinkt der Rechnungszins, steigen die künftigen Rentenansprüche langsamer oder fallen geringer aus.
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