Muss die DVAG für untergeschmuggeltes „Kuckucksei“ haften?

2.6.2025 – Eine Vermögensberaterin hat einer 40-Jährigen ein Immobilieninvestment empfohlen, das sich als herbes Verlustgeschäft zu erweisen droht. Nun fordert die Kundin Geld von dem Finanzvertrieb, in dessen Namen die Beraterin ihr gegenüber aufgetreten ist. Das betroffene Unternehmen erklärt auf VersicherungsJournal-Anfrage, weshalb man nicht für die Tipps der inzwischen fristlos gekündigten Handelsvertreterin hafte.

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Versicherungsvermittler stoßen bei Endkunden oft auf ungerechtfertigte Vorurteile. Kein Wunder, denn medial kommen sie selten gut weg. Das stört viele Angehörige dieser Berufsgruppe, die für die einseitige Berichterstattung geradestehen müssen. Einer von ihnen ist Joseph Hehenwarter.

Joseph Hehenwarter (Bild: privat)
Joseph Hehenwarter (Bild: privat)

„Ich mache mir die Mühe, fachlich falsche TV-Beiträge zu kritisieren – mit Fakten“, sagt Hehenwarter gegenüber dem VersicherungsJournal. Nicht selten würden in Massenmedien Dinge vermischt oder in falsche Relationen gesetzt sowie komplizierte Sachverhalte zu stark vereinfacht.

Er führt eine Agentur der Allfinanz Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) im bayerischen Landau. Der auf Gewerbe- und Immobilienfinanzierungen spezialisierte Vermittler mit Registrierungen nach § 34c GewO, § 34d GewO, § 34f GewO und § 34i GewO sucht den fachlichen Austausch mit Maklern oder Berufskollegen.

Früherer TV-Beitrag in der Mediathek gesperrt

In einer entsprechenden Facebook-Gruppe berichtete er bereits Ende vorigen Jahres, dass ein Video des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) in der Mediathek der Anstalt des öffentlichen Rechts gesperrt wurde. „Der Beitrag enthielt krasse Rechenfehler“, kritisiert der Vermögensberater.

Das räumte auch der kritisierte Sender ein, geht aus einem Schreiben hervor, das der Redaktion vorliegt. „Wir sind zu der Auffassung gelangt, dass wir den bestehenden Beitrag nicht mit ein paar einfachen Schnitten und neuen Passagen korrigieren können“, heißt es darin.

Außerdem wolle man daraus lernen, allerdings einen anderen Themenaspekt darstellen. „Die Logik der Berichterstattung in Magazinen wie unseren sagt: Langweile die Leute nicht, indem du fortwährend gleiche oder ähnliche Geschichten erzählst. Sonst guckt niemand diese Geschichten.“

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Empfehlung eines Honorarberaters einseitig 

Hehenwarter kritisiert, dass in dem Beitrag die Empfehlung eines Honorarberaters einseitig hervorgehoben werde. Vermögensberater wie er hingegen würden mit Versicherungsvertretern gleichgesetzt, dabei seien Policen nur ein kleiner Teil seines Produktportfolios.

Eine Versicherung sei nämlich nicht für jeden Kunden die Lösung, betont er. In seinem Berateralltag gehe es auch um Konsumentendarlehen und Girokonten, Services zu Testament und Vollmacht, Finanzierung und Factoring oder um Geldanlagen.

Zu Letzteren sei jetzt ein „noch schlechterer Bericht“ von ARD Marktcheck erschienen. Der 21-minütige Beitrag „Ärger mit Finanzberatung – Wie eine Frau ihr Erspartes verloren hat“ des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) ist unter anderem Titel seit Montag auch auf Youtube zu finden.

Neuer TV-Beitrag: Investition in Bestandsimmobilie 

Konkret geht es in dem geschilderten Fall um die als „risikoarm“ verkaufte Geldanlage einer 40-Jährigen, die jährlich fünf Prozent Zinsen abwerfen sollte. Jetzt sieht es so aus, dass die Frau ihre Investition von 50.000 Euro in sanierungsbedürftige Häuser einer inzwischen insolventen Immobilien-GmbH verlieren könnte.

Um ihr Geld zurückzubekommen, wandte sich die Betroffene an die DVAG. Denn das Investment wurde ihr während der Niedrigzinsphase vor fünf Jahren von einer Beraterin des Finanzvertriebs in deren entsprechend gestaltetem Büro empfohlen. Sie habe nie infrage gestellt, dass es sich um eine DVAG-Empfehlung handelte.

Doch das Vertriebsunternehmen weist jede Mitschuld von sich. Denn seine Beraterin sei „zu keinem Zeitpunkt damit beauftragt worden, Projekte der ‚MG Grundbesitz GmbH‘ zu vermitteln“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage des VersicherungsJournals. „Diesbezüglich wurde auch kein Anschein gesetzt.“

Finanzvertrieb DVAG schließt Haftung aus

Andeutungen eines Zusammenhanges zwischen den Firmen „entbehren jeglicher Grundlage und sind irreführend“, heißt es von ihr weiter. „Der Vermögensberater-Vertrag legt eindeutig fest, welche Produkte die selbstständigen Handelsvertreter vermitteln dürfen.“ Dies zeige sich auch im IT-System.

Die vermittelten Immobilien seien demnach „nicht Teil des Beratungsportfolios und dürfen von DVAG-Vermittlern nicht beraten oder empfohlen werden.“ Die selbstständige Handelsvertreterin war „somit außerhalb des ihr übertragenen Aufgabenbereiches tätig geworden“.

Hiervon hatte die DVAG nach eigenen Angaben „keine Kenntnis“ und kündigte der Beraterin außerordentlich und fristlos. „Die Verantwortung für eventuell entstandene Schäden liegt vollständig und ausschließlich bei der ehemaligen Beraterin persönlich.“ Eine Haftung schließt die DVAG aus.

Finanzberater kritisieren Medienkampagne

„Das hat nichts mit der DVAG zu tun“, ist sich Hehenwarter ebenso sicher. „Was kann die DVAG dafür, dass sich eine Beraterin eine Kooperation außerhalb der Produktpalette aufbaut und Schrottimmobilien verkauft?“ Er sieht den Film als Puzzlestück im „Bashing gegen die DVAG“.

Auch viele Vermittlerkollegen machen in ihren Kommentaren unter seinem Facebook-Post deutlich, dass sie die Berichterstattung unfair finden. „Keiner kann mir erzählen, dass nicht ganz bewusst dauernd ‚die DVAG‘ hervorgehoben wurde“, schreibt einer von ihnen.

Ein anderer zeigt Verständnis für die Annahme der 40-Jährigen, die DVAG hafte für die Empfehlung der Beraterin, deren Büro das Markenlogo des Finanzvertriebs trug. „Dort kann der Kunde davon ausgehen, dass er nur Produkte der DVAG erhält. Er muss nicht prüfen, ob ihm da ein ‚Kuckucksei‘ untergeschmuggelt wurde.“

Einig sind die Mitglieder der Facebook-Gruppe aber wohl darin, dass durch das Fehlverhalten Einzelner am Ende die gesamte Branche leide, wie es einer von ihnen ausdrückt. „Die Kunden unterscheiden in der Masse nicht zwischen DVAG und Makler – angestellt, selbstständig und so weiter. Es ist am Schluss ‚die böse Finanzbranche‘.“

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