16.12.2025 – Der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Verbraucherzentrale Hamburg sammeln derzeit ehemalige Versicherte der Debeka Lebensversicherung, um mit einer Musterfeststellungsklage den Stornoabzug in Lebens- und Rentenversicherungen zurückzufordern. Vorausgegangen war ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz, das eine Klausel des Versicherers für unzulässig erklärt hatte.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (VZBV) und die Verbraucherzentrale Hamburg e.V. (VZHH) bereiten derzeit eine Musterfeststellungsklage gegen den Debeka Lebensversicherungsverein a.G. vor. Das berichten beide Vereine am Montag der Presse.
Streitpunkt ist eine Klausel (§ 16 Absatz 5 AVB) zum Stornoabzug in Lebens- und Rentenversicherungen, die nach Ansicht der Verbraucherschützer rechtswidrig ist. Häufig gehe es bei vorzeitig gekündigten Verträgen um vierstellige Beträge, so die Verbrauchervereine. Die Betroffenen könnten ihr Geld zurückerhalten.
„Es ist unzumutbar, Verbraucherinnen und Verbraucher bei einer Kündigung ihrer Lebensversicherung zusätzlich mit einer intransparenten Stornogebühr zu belasten. Die Verbraucherzentrale setzt sich dafür ein, dass Betroffene ihr Geld zurückbekommen“, so Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands.
Der Versicherer habe sich mit Hilfe dieser Klausel zusichern lassen, dass er bis zu 15 Prozent des angesparten Deckungskapitals als weitere Stornogebühr abziehen dürfe, „abhängig von der Entwicklung des Kapitalmarkts“, kritisiert die Verbraucherzentrale.
| Quelle: Verbraucherzentrale Bundesverband |
| „Als Ausgleich für die Veränderungen der Ertragslage des Versichertenkollektivs aufgrund vorzeitiger Fälligkeit erfolgt ein Abzug, der in Prozent des Deckungskapitals erhoben wird. Mit diesem Abzug wird der Umstand berücksichtigt, dass alle Verträge über ihre Laufzeit hinweg zu den Erträgen beitragen. Diese Erträge fallen in der Regel erst in späteren Versicherungsjahren an. Vorzeitige Vertragsauflösungen bei steigenden Zinsen am Kapitalmarkt schmälern daher den tariflich kalkulierten Ertrag. Der Abzug ist abhängig von dem Null-Kupon-Euro-Zinsswapsatz mit einer Laufzeit von zehn Jahren, der von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht wird. Sofern dieser Zinssatz nicht mehr von der Deutschen Bundesbank ermittelt wird, kann ein vergleichbarer Index der Deutschen Bundesbank oder der Europäischen Zentralbank herangezogen werden. Die Höhe des Abzugs richtet sich nach der folgenden Differenz: Von dem Zinsswapsatz, der für den dritten Monat vor dem Beendigungstermin veröffentlicht wurde, wird der für den gleichen Monat gebildete Zehnjahresdurchschnitt dieses Zinsswapsatzes abgezogen. Sollte die zurückgelegte Laufzeit Ihres Vertrags bis drei Monate vor dem Beendigungstermin weniger als zehn Jahre betragen haben, wird der Zeitraum vom Versicherungsbeginn bis drei Monate vor dem Beendigungstermin für die Ermittlung des Durchschnittswerts zugrunde gelegt. Die sich ergebende Differenz ist maßgeblich für die Kapitalmarktsituationen 1 bis 4.
Der Abzug fällt bei Beendigung in den letzten zehn Jahren der Aufschubzeit linear auf 0 Prozent.“ |
Vorausgegangen war eine Niederlage der Debeka vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, nachdem die Verbraucherzentrale Hamburg sie abgemahnt hatte. Das Gericht hat mit Urteil vom 5. Dezember 2024 (2 UKL 1/23) entschieden, dass die verwendete Klausel intransparent sei und den Verbraucher unangemessen benachteilige (VersicherungsJournal 6.12.2024).
Zwar müsse der Stornoabzug nicht bereits bei Vertragsschluss in Euro festgelegt sein, stellte das Gericht klar. Das Gesetz lasse insoweit gewisse Unschärfen zu. Gleichwohl müsse der Versicherungsnehmer anhand der Klausel nachvollziehen können, wie sich der Abzug konkret berechnet.
Das sei hier nicht der Fall. Nach Auffassung des Gerichts kann der Versicherungsnehmer die Höhe des Abzugs nicht ohne erheblichen Aufwand selbst nachrechnen. Die Ermittlung setze vielmehr eine komplexe Recherche und Berechnung voraus, die für juristische und finanzmathematische Laien nicht nachvollziehbar sei:
Nach dem Urteil hatte die Debeka dem VersicherungsJournal mitgeteilt, dass sie die Rechtsauffassung des OLG Koblenz nicht teile – und Revision vor dem Bundesgerichtshof angekündigt.
Dieser kapitalmarktabhängige Stornoabzug „dient dem Schutz des Versichertenkollektivs vor Spekulationen Einzelner im Hinblick auf Veränderungen am Kapitalmarkt und damit dem Schutz aller Versicherten, die ihre Verträge bis zum Vertragsende aufrechterhalten“, so eine Debeka-Sprecherin damals.
Nun ergänzt ein Sprecher auf Anfrage: „Entgegen der Ansicht des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. gehen wir davon aus, dass die bei Vertragsbeginn vereinbarte Regelung zum Abzug als Ausgleich für die Veränderungen der Ertragslage des Versichertenkollektivs (sogenannter kapitalmarktabhängiger Stornoabzug) wirksam vereinbart wurde und hinreichend transparent ist.
Sowohl die Höhe dieses Abzugs als auch die Betroffenheit hängen von festgelegten Rahmenbedingungen ab, die individuell wirken. Eine pauschale Aussage ist an dieser Stelle daher nicht sachgerecht“.
Wer sich der Sammelklage anschließe, könne sich die Erstattung der seit dem Jahr 2022 fällig gewordenen Stornoabzüge sichern, informiert die Verbraucherzentrale Hamburg. Eine Beteiligung an der Sammelklage sei derzeit allerdings noch nicht möglich. Zunächst müsse das Bundesamt für Justiz das Klageregister öffnen. Dies werde voraussichtlich Anfang 2026 geschehen.
Schon jetzt könnten sich Betroffene auf www.sammelklagen.de/verfahren/debeka für den News-Alert der Verbraucherzentrale anmelden. Dann erhielten sie E-Mails zum Verlauf des Verfahrens. „Dadurch erfahren sie zum Beispiel, wann und wie sie sich ins Klageregister eintragen können“, schreibt der Verein. Die Verbraucherzentrale rechnet mit einer fünfstelligen Zahl an Betroffenen.
Anmeldung und Teilnahme an der Klage seien kostenlos, so schreibt der Verband weiter. Gleichzeitig warnt er: Rückzahlungsansprüche auf Stornoabzüge verjähren nach drei Jahren. Um rechtzeitig Ansprüche geltend zu machen, stellt der Verein einen Musterbrief auf seiner Webseite zur Verfügung.
Eine Musterfeststellungsklage nach VDuG klärt zwar zentrale Rechtsfragen, führt aber nicht automatisch zu einer Auszahlung an die betroffenen Verbraucher, wenn ein Verband erfolgreich klagt.
Erklärt sich das Unternehmen nicht bereit, freiwillig Schadensersatz zu leisten, muss jeder Verbraucher nach dem Verfahren individuell einzeln klagen, wenn auch unter vereinfachten Bedingungen. „Die im Urteil getroffenen Feststellungen binden alle deutschen Gerichte, die in einem möglichen Anschlussverfahren über Ihre Ansprüche entscheiden“, schreibt die Verbraucherzentrale.
Obwohl die Musterfeststellungsklage kostenfrei und verjährungshemmend ist, drohen danach Anwaltskosten, die der Betroffene zunächst selbst aufbringen muss.
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