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Sturz vor Grabstelle: Kein Schmerzensgeld für Friedhofsbesucherin

5.11.2025 – Das Landgericht Köln hat die Klage einer Rentnerin abgewiesen, die auf einem Friedhof an einer Stelle vor einem Grab gestürzt war, an der Wurzeln und ein Betonsockel freigespült worden waren. Die Stadt habe ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt, als sie das Hindernis nicht zeitnah beseitigt hatte, entschied das Gericht. An einem solchen Ort sei von Besuchern eine erhöhte Aufmerksamkeit zu erwarten.

Eine heute 79-jährige Seniorin stürzte im Mai 2023 auf dem Friedhof, als sie eine Grabstelle besuchen wollte. Wie sie später schilderte, seien an der Sturzstelle sowohl Wurzeln als auch ein Betonsockel freigespült gewesen – verursacht durch starken Regen, der sich einige Tage zuvor ereignet hatte.

Daraufhin klagte die Frau gegen die Stadt Bergisch Gladbach. Sie warf der Kommune vor, ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt zu haben, da keine Vorkehrungen getroffen worden seien, um ein Freispülen von Wurzeln und Sockel zu verhindern. Mit einer solchen Gefahrenstelle habe sie nicht rechnen müssen, argumentierte die Klägerin – und forderte ein Schmerzensgeld von 3.300 Euro.

Stadt lehnt Zahlung von Schmerzensgeld ab

Die Stadt wollte das Schmerzensgeld jedoch nicht zahlen. Sie ließ durch ihre Rechtsabteilung vortragen, das Wurzelwerk sei für die verunglückte Seniorin bereits bei flüchtigem Hinsehen erkennbar gewesen und habe daher keine unbeherrschbare Gefahrenstelle dargestellt.

Von den Wurzeln sei lediglich eine Bodenunebenheit von höchstens 1,5 Zentimetern ausgegangen – auf solche Unebenheiten müssten sich Besucher eines Friedhofs einstellen.

Auch wenn bei einem Hauptweg auf einem Friedhof eine einigermaßen ebene Fläche mit allenfalls geringeren Unebenheiten erwartet werden dürfe, argumentierte die Stadt, so habe sich das behauptete Sturzereignis nicht auf einem Hauptweg ereignet, sondern unmittelbar vor einer Grabstelle. Hier habe die Kommune keine ununterbrochene Kontrollpflicht.

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Landgericht Köln weist Klage ab

Das Landgericht Köln hat die Klage der Frau mit Urteil vom 14. Januar 2025 (5 O 245/24) abgewiesen und sich der Auffassung der Kommune weitgehend angeschlossen, wie es gegenüber der Presse mitteilte. Eine schriftliche Urteilsbegründung liegt derzeit nicht öffentlich vor.

Demnach habe die Stadt ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Anhand vorgelegter Lichtbilder kam das Landgericht zu dem Schluss, dass sich die Sturzstelle nicht in einem verkehrswidrigen Zustand befunden habe – selbst dann nicht, wenn man die für Gehwege entwickelten Grundsätze zugrunde legt.

Höhenunterschiede sind sogar auf einem Gehweg zumutbar

Laut dem Landgericht habe sich in der Rechtsprechung der Grundsatz etabliert, dass auf Gehwegen Höhendifferenzen und Unebenheiten von etwa zwei bis drei Zentimetern hinzunehmen sind. Darauf verweisen unter anderem Urteile des Oberlandesgerichts Koblenz vom 26. Juli 2018 (1 U 149/18) und des Landgerichts Lübeck vom 6. September 2024 (10 O 240/23, VersicherungsJournal 21.10.2024).

Zugleich betonte das Gericht im Pressetext, dass es keine feste Grenze gebe, bis zu welcher Höhe eine Unebenheit zulässig sei. Maßgeblich sei stets der Einzelfall, also Art und Beschaffenheit der Vertiefung oder Erhöhung, ihre Lage sowie die sonstigen örtlichen Gegebenheiten.

Von Bedeutung sei bei Gehwegen insbesondere, ob sich die fragliche Stelle etwa auf einer stark frequentierten Geschäftsstraße mit erhöhter Ablenkung der Passanten – etwa durch Schaufenster oder Auslagen – befinde oder in einer ruhigen Wohngegend beziehungsweise ländlichen Umgebung.

So entschied der Bundesgerichtshof bereits mit einem Urteil vom 27. September 1966 (III ZR 132/65), dass eine Kante von 1,5 Zentimetern Höhe für Fußgänger unzumutbar sein kann, wenn die Gefahr einer Ablenkung durch Schaufenster besteht.

Stolperfalle war gut sichtbar – an einem Ort, an dem Vorsicht geboten ist

Im vorliegenden Fall seien sowohl das freigespülte Wurzelwerk als auch der Betonsockel gut sichtbar gewesen, hebt das Landgericht Köln hervor. Ein durchschnittlicher Friedhofsbesucher habe sich ohne Weiteres auf die Stolperfalle einstellen können. „Die Gefahrenstelle warne vor sich selbst“, wird im Pressetext aus dem Urteil zitiert.

Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass sich die behauptete Sturzstelle nicht auf einem Gehweg, sondern unmittelbar vor einer Grabstelle befunden habe. An solchen Orten dürfe erwartet werden, dass Besucher ihre Schritte besonders aufmerksam setzen.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Bundesgerichtshof · Schmerzensgeld · Verkehrssicherungspflicht
 
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