9.9.2025 – Ein Mann scheiterte vor dem Landgericht Lübeck damit, von einem Müslihersteller Schadensersatz für seinen kaputten Zahn zu erhalten, nachdem er auf einen Pflaumenkern gebissen und dabei einen Zahn verloren hatte. Mit Kernen in Naturgerichten müsse gerechnet werden, betonten die urteilenden Richter.
Ein Mann hatte wie gewohnt sein morgendliches Früchte-Vollkornmüsli eines bekannten Markenherstellers gegessen. Fatal: Im seinem Müsli befand sich ein circa zwei Zentimeter großer Pflaumenstein. Auf diesen biss der Mann und brach sich dabei einen Schneidezahn ab.
Daraufhin verklagte der Betroffene den Müslihersteller auf Schadensersatz. Sein Argument: Der Pflaumenstein sei ein Produktfehler – und für Schäden durch fehlerhafte Produkte müsse der Hersteller haften. Er berief sich dabei auf § 3 Absatz 1 ProdHaftG, wonach ein Produkt als fehlerhaft gilt, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter den gegebenen Umständen erwarten darf.
Dabei wollte der Mann auch nicht gelten lassen, dass sich auf der Verpackung des Müslis ein Warnhinweis befand, wonach das Produkt Kern-, Stein- und Schalenteile enthalten könnte. So ergebe sich aus dem Hinweis nicht, dass auch ganze Kerne im Essen enthalten sein könnten.
Nachdem bereits das Amtsgericht Lübeck die Klage abgewiesen hatte, kam auch das Landgericht Lübeck mit Urteil vom 30. Juni 2025 (14 S 97/24) zu demselben Ergebnis und wies die Berufung zurück. Eine schriftliche Begründung des Beschlusses wurde bisher noch nicht veröffentlicht.
Wie das Landgericht in einem Pressetext erläutert, habe das Müsli keinen Produktfehler aufgewiesen, weil der Durchschnittsverbraucher mit Kernen oder Kernteilen in einem Fruchtmüsli rechnen müsse. Eine völlige Gefahrlosigkeit könne der Verbraucher bei einem Naturprodukt wie Obstmüsli nicht erwarten, zumal auf der Verpackung auf mögliche Kernteile hingewiesen werde.
Darüber hinaus gehe von einem ganzen Kern keine größere Gefahr aus als von einem Kernteil. Schließlich sei ein ganzer Kern auf dem Löffel oder im Mund leichter zu erkennen, als nur ein Teil davon, so hob das Gericht weiter hervor. Der Kläger hat folglich keinen Anspruch auf eine Entschädigung für seinen kaputten Zahn.
Nicht zu erwarten seien hingegen Fremdkörper im Essen, die kein natürlicher Bestandteil der verarbeiteten Zutaten sind, betonte das Landgericht. Befände sich zum Beispiel ein Metallstück in einer Pizza oder Hartputz in Fruchtgummi, hätte der Verbraucher Anspruch auf Schadensersatz. Ein solcher Fremdkörper war jedoch im Müsli nicht enthalten.
Wie die Redaktion der RA-online GmbH berichtet, schloss sich das Landgericht damit einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17. März 2009 (VI ZR 176/08) an. Das oberste Zivilgericht hatte damals entschieden, dass ein Bäckermeister keinen Schadensersatz für einen verlorenen Zahn zahlen muss, wenn sich in einem Kirschtaler ein Kern befindet.
Der BGH stellte fest, dass bei Gebäck mit Steinobst-Füllung nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass gelegentlich ein Kirschkern oder Teile davon enthalten sind. Eine absolute Sicherheit wäre nur durch sehr aufwendige Maßnahmen erreichbar – etwa jede Kirsche durch ein Sieb drücken oder einzeln auf verbliebene Kerne prüfen.
Ein solcher Aufwand sei dem Hersteller jedoch nicht zumutbar, zumal für den Verbraucher keine ernsthafte Gesundheitsgefahr durch einen Kirschkern drohe. Deshalb rechtfertige ein Kern im Gebäck keinen Schadensersatz.
Das Maß der Verkehrssicherheit, das nach § 3 ProdHaftG berechtigterweise von einem Produkt erwartet werden kann, richte sich unter anderem nach seiner Darbietung, so betonte der BGH. Bei einem als „Kirschtaler“ angebotenen Gebäck gehe der Verbraucher davon aus, dass Kirschen verwendet wurden und dass die Speise Steinfrüchte enthalte.
Es sei daher nicht zu erwarten, dass das Gebäck vollkommen entsteinte Kirschen enthält. Eine solche Erwartung wäre nur gerechtfertigt, wenn der Hersteller ausdrücklich den Eindruck erweckt hätte, dass keinerlei Kerne enthalten seien – was hier nicht der Fall war.
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