18.4.2024 – Es geht in der Regel nicht zulasten eines Geschädigten, wenn ein von ihm beauftragter Sachverständiger für die Erstellung des Gutachtens möglicherweise zu hohe Kosten in Rechnung stellt. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. März 2024 hervor (VI ZR 280/22).
Der Kläger war mit seinem Pkw unverschuldet in einen Unfall verwickelt worden. Mit der Begutachtung des Schadens beauftrage er einen Sachverständigen. Seine Forderung gegenüber dem Unfallverursacher bezüglich der Kosten für das Gutachten trat er an den Sachverständigen ab.
Der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners erklärte sich grundsätzlich dazu bereit, die Rechnung auszugleichen. Wegen eines Teilbetrages in Höhe von 20 Euro, die als Zuschlag wegen Coronaschutzmaßnahmen deklariert worden waren, gab es jedoch Streit.
Diese Kosten hätten nach Meinung des Versicherers nicht in Rechnung gestellt werden dürfen. Er weigerte sich daher, den Betrag zu übernehmen.
Weil man sich nicht einigen konnte, klagte der Sachverständige den Betrag ein. In den Vorinstanzen hatte er damit keinen Erfolg. Sowohl das Amtsgericht Nordhausen als auch das Landgericht Mühlhausen schlossen sich der Argumentation des Versicherers an und wiesen die Klage beziehungsweise die Berufung als unbegründet zurück.
Mehr Glück hatte der Gutachter mit seiner beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegten Revision. Dieser hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Fall an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sind bezüglich möglicherweise überhöhter Kostensätze eines Kfz-Sachverständigen die Grundsätze zum Werkstattrisiko anzuwenden. Danach gehen überhöhte Kosten nicht zulasten eines Geschädigten, wenn er sich bei der Auswahl der Werkstatt nicht den Vorwurf gefallen lassen muss, bewusst einen Fehler gemacht zu haben.
„Denn den Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten sind nicht nur in dem werkvertraglichen Verhältnis mit einer Reparaturwerkstatt, sondern auch in dem werkvertraglichen Verhältnis mit einem Kfz-Sachverständigen Grenzen gesetzt, vor allem sobald er den Gutachtensauftrag erteilt und das Fahrzeug in die Hände des Gutachters gegeben hat“, so der BGH.
Ersatzfähig im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger seien demnach auch Rechnungspositionen, die ohne Schuld des Geschädigten unangemessen und somit nicht zur Herstellung erforderlich seien. Dies könne etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit oder wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Fall sein.
Wegen möglicher Regressansprüche des Schädigers beziehungsweise seines Versicherers sei ein Geschädigter in derartigen Fällen im Rahmen des Vorteilsausgleichs jedoch dazu verpflichtet, denkbare Rückforderungsansprüche an diese abzutreten.
In dem vorliegenden Fall müsse der Sachverständige beweisen, dass die Corona-Schutzmaßnahmen objektiv erforderlich waren und tatsächlich durchgeführt wurden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass einem Gutachter als Unternehmer gewisse Entscheidungsspielräume hinsichtlich seines individuellen Hygienekonzepts zustehen würden. Denn es gehe nicht nur um seinen eigenen Schutz, sondern auch um den von Dritten.
Im Übrigen stehe es einem Gutachter frei, neben einem Grundhonorar für seine eigentliche Sachverständigentätigkeit auch Nebenkosten in Form von Pauschalen für tatsächlich angefallene Aufwendungen abzurechnen.
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