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Rentenversicherungsbeiträge für Pflegetätigkeit während des Krankengeldbezugs?

4.7.2025 – Nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen werden Rentenversicherungszeiten gutgeschrieben, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschied jedoch: Wer Krankengeld aus einem Arbeitsverhältnis mit mehr als 30 Wochenstunden erhält, hat keinen Anspruch auf zusätzliche Rentenversicherungszeiten für eine ausgeübte Pflegetätigkeit.

Ein Mann war als sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von über 30 Stunden angestellt. Krankheitsbedingt erhielt er ab April 2022 eine Lohnfortzahlung und anschließend ein Krankengeld. Der Mann betreute im eigenen Haushalt während seines rund sechsmonatigen Krankenstandes seinen pflegebedürftigen Sohn, der in Pflegegrad 2 eingestuft war und von der Pflegekasse Pflegegeld erhielt.

Diese nicht erwerbsmäßig ausgeübte Pflege umfasste einen wöchentlichen Aufwand von 28 Stunden. Der Pflegende vertrat die Ansicht, als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson rentenversicherungspflichtig zu sein. Die Pflegekasse, bei der sein Sohn versichert ist, müsste in dem Fall Rentenversicherungsbeiträge entrichten.

Diese Beitragszahlung lehnte die Pflegekasse jedoch mit der Begründung ab, dass laut Gesetz Personen, die mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig sind oder Krankengeld auf dieser Grundlage erhalten, von der Rentenversicherungspflicht als Pflegeperson ausgenommen sind. Der Mann teilte der Pflegekasse mit, dass er mit dieser Entscheidung nicht einverstanden ist.

Rentenversicherungspflicht wurde abgelehnt

Die Pflegekasse reichte daraufhin die Unterlagen weiter zum Träger der gesetzlichen Rentenversicherung. Doch auch dieser teilte dem Mann mit, dass für ihn als Pflegeperson während des Krankengeldbezuges keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegt.

Die Begründung: Laut Arbeitgeberbescheinigung übte er neben der Pflegetätigkeit eine Beschäftigung von regelmäßig über 30 Wochenstunden aus. Damit entfällt laut § 3 Satz 3 SGB VI die gesetzliche Rentenversicherungspflicht als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson.

Arbeitszeitminderung führte zu niedrigem Krankengeld

Nachdem der Mann auch mit einem Widerspruch gegen diese Entscheidung keinen Erfolg hatte, reichte er eine Klage vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe gegen den Rentenversicherungsträger ein. Er argumentierte, dass sein tatsächliches Einkommen während der Krankengeldzeit unter dem früheren Einkommen gelegen habe, da das Krankengeld nur 80 bis 90 Prozent des Nettoverdienstes betrage.

Vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit wurde ihm vier Monate lang Arbeitszeit abgezogen, da er aufgrund durchgeführter notwendiger Dialysebehandlungen weniger gearbeitet hat. Dadurch hat er in dieser Zeit einen Nettolohn auf Basis von rund 32 Wochenstunden erhalten. Somit entspricht das erhaltene Krankengeld, das 80 bis 90 Prozent des Nettoverdienstes betrage, einer Beschäftigung mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von unter 30 Wochenstunden.

Ferner sei sein im Jahr 2022 bezogenes Krankengeld 12,2 Prozent niedriger als das im Jahr 2019 bezogene Krankengeld. Die Höhe des Krankengeldes während der Pflegezeit im Jahr 2022 entspreche damit einer Krankengeldberechnung auf Basis einer regelmäßigen Arbeitszeit von 28 und nicht von 30 Wochenstunden.

Seiner Ansicht nach kann er deshalb nicht als Beschäftigter mit 30 Wochenstunden gelten. Damit wäre er als Pflegeperson wieder rentenversicherungspflichtig.

Die vereinbarte Arbeitszeit ist ausschlaggebend

Das SG gab mit ihrem Urteil (S 12 R 1575/23) jedoch dem Rentenversicherungsträger recht, dass für den Kläger während des Krankengeldbezuges keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung vorlag, da er regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt war. Das Gericht erläuterte: „Der Kläger habe […] Krankengeld aufgrund eines Arbeitsvertrages bezüglich einer Wochenarbeitszeit von mehr als 30 Wochenstunden bezogen.“

„Durch eine hypothetisch kumulative Versicherungspflicht würde der Kläger übermäßig gegenüber anderen in Vollzeit Beschäftigten privilegiert. Die Vorschrift solle auch sicherstellen, dass die besonderen Vorteile der rentenversicherungsrechtlichen Absicherung von Pflegepersonen […] nur Personen zugutekämen, die nicht schon aus anderen Gründen ausreichend abgesichert seien“, wie das SG weiter ausführte. Der Kläger legte Berufung ein, blieb aber auch hier erfolglos.

Arbeitnehmer im Krankengeldbezug gelten als Beschäftigte

Mit dem Urteil vom 30. April 2025 (L 5 R 3093/24) bestätigte das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg die Entscheidung der Vorinstanz. Der Kläger unterliege als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson während des Krankengeldbezugs, dessen Berechnungsgrundlage der Arbeitsvertrag mit einer vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von 30 Wochenstunden, nicht der zusätzlichen Rentenversicherungspflicht als Pflegeperson.

Das LSG begründete dies ausführlich: Laut § 3 Satz 1 Nummer 1a SGB VI sind zwar Pflegepersonen während der häuslichen Pflege unter bestimmten Bedingungen rentenversicherungspflichtig. Diese Regelung greife nach § 3 Satz 3 SGB VI jedoch nicht, wenn der Pflegende gleichzeitig regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbstständig tätig ist. Das trifft auf den Kläger zu.

Denn Arbeitnehmer mit einer im Arbeitsvertrag vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit von über 30 Wochenstunden gelten auch bei einem Krankengeldbezug als Beschäftigte. Zudem sind sie während ihres Krankengeldbezuges als Arbeitnehmer gesetzlich rentenversichert.

Krankengeldhöhe ist irrelevant

Dass der Kläger, der vor der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitszeit von nur knapp über 30 Wochenstunden hatte, aufgrund der Krankengeldberechnung nun schlechter gestellt ist als Pflegende mit einer Erwerbstätigkeit bis zu 30 Wochenstunden, ist laut LSG rechtlich korrekt: Dies „ist als Folge einer zulässigen typisierenden Betrachtungsweise hinzunehmen“.

Maßgeblich ist den LSG-Ausführungen zufolge nicht die Höhe des tatsächlich gezahlten Krankengeldes, sondern auf welchen im Arbeitsvertrag geregelten Arbeitszeiten das Krankengeld beruht. Im Fall des Klägers war im Arbeitsvertrag eine regelmäßige Arbeitszeit von mehr als 30 Wochenstunden vereinbart.

Wichtig ist zudem, dass die gesetzlichen Regelungen nur auf die „regelmäßige“ – wie vertraglich vereinbarte – Arbeitszeit abstellen. Vorübergehende Arbeitszeitminderungen, wie sie etwa durch Krankheit, Freistellung oder wie beim Kläger durch (Dialyse-) Behandlungen entstehen und das Krankengeld beeinflussen können, spielen daher keine Rolle.

Die 30-Stunden-Grenze

Der Gesetzgeber verfolgt laut LSG mit den Regelungen zur Rentenversicherungspflicht für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegende „das Ziel, die soziale Sicherung der Pflegepersonen zu verbessern, die wegen der Pflegetätigkeit oftmals auf eine eigene Berufstätigkeit ganz oder teilweise verzichten.“ Weiter heißt es: Der Gesetzgeber geht „typisierend davon aus, dass es dieses zusätzlichen Schutzes und Anreizes nicht mehr bedarf, wenn die 30-Stunden-Grenze regelmäßig überschritten wird“.

„Vor dem Hintergrund dieser gesetzgeberischen Intentionen entspricht es nicht Sinn und Zweck der Regelung, die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nummer 1a SGB VI auf Personen zu erstrecken, die Krankengeld aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses erhalten, dem eine Arbeitszeit von mehr als 30 Wochenstunden zugrunde liegt. Sie sind deshalb unter die Ausnahmeregelung des § 3 Satz 3 SGB VI zu fassen“, wie das LSG ausführt.

Bezieher von Krankengeld dürfen nach den Ausführungen des LSG bei einer nicht erwerbsmäßigen Pflege nicht bessergestellt werden als Beschäftigte. „Hierzu käme es aber regelmäßig, wenn beim Bezug von Krankengeld, das auf Einkünften aus einer Tätigkeit im Umfang von mehr als 30 Wochenstunden beruht, eine kumulative Versicherungspflicht nicht ausgeschlossen wäre.“

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Schlagwörter zu diesem Artikel
Arbeitsrecht · Arbeitsunfähigkeit · Lohnfortzahlung · Versicherungspflicht
 
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