Pfründe sichern

20.10.2003 – "...Sichere Staatsgarantien verzerrten den Wettbewerb und bescherten den Sparkassen eine günstige Refinanzierung...", las man kürzlich in einem Kommentar des Handelsblattes zur Diskussion des Drei-Säulen-Modells im Bankensektor.

Von "Entstaatlichung" und Schluss mit dem Mischmasch" war in einem weiteren Bericht die Rede. Ist hier im wesentlichen von den Aufgabenbereichen und der Refinanzierung mit Blick auf den nationalen und internationalen Wettbewerb die Rede, so setzt das Grundübel für den Kunden auch an anderen Ecken an.

Im Lobbyisten-Staat Deutschland gilt es mal wieder Pfründe und eingekungelte Strukturen zu sichern und im vordersten Sinne der Rechtfertigung des eigenen Amtes oder der eigenen Position zu verkünden, was das Beste für eine Mehrheit und darüber hinaus auch das Fortkommen Deutschlands im internationalen Wettbewerb der Arbeitsstandorte sei.

Beispiel: „Die hochgelobte betriebliche Altersvorsorge“.

Hier hat es seit geraumer Zeit ja auch der öffentliche Dienst geschafft in Ergänzung der Tarifverträge einen Anspruch der Arbeitnehmer auf Entgeltumwandlung zu begründen. In Sorge darum, dass sich jemand in einem Anfall von Mündigkeit den eigenen Kopf zerbrechen könnte und sich unverständlicherweise Gedanken über sein Auskommen im Alter machen und Initiative zeigen würde, hat man aber dann auch gleich die Möglichkeiten oder streng genommen die (eine / staatliche) Möglichkeit festgelegt, die dem Arbeitnehmer hierfür offen stehen soll.

Mit der scheinbaren Vielfalt von Anbietern (wie Kommunalversicherer, der Zusatzversorgungskasse und natürlich der Sparkassen-Finanzgruppe) will man hier deutlich Arbeitnehmerfreundlichkeit verbreiten. Im

 § 6 der damit angesprochenen Ergänzung zum Tarifvertrag ist zwar Ausgangs noch von eventuellen weiteren Öffnungen die Rede, dem bis dahin vorgedrungenen Leser dürfte allerdings zwischen den Zeilen bereits die völlige Überflüssigkeit jeder Gesellschaften aus dem ordinären, privatwirtschaftlichem Sektor klar erkennbar geworden sein.

Frei nach dem Motto: „ Wir müssen draußen bleiben".

Spricht man die Schöpfer des Regelwerks direkt im Düsseldorfer Olymp auf die Sinnhaftigkeit des Ganzen an, so bekommt man in Zeiten regelmäßiger Kreditwürdigkeitsüberprüfungen und Downgrades selbst verschiedenster Bundesländer die Leier von der Sicherheit des quasi-staatlichen Produktgebers zu hören.

Man könne gerade den Mitarbeitern im  öffentlichen Dienst angesichts der finanziellen Schieflage verschiedenster Versicherer - von denen die Medien ja tagtäglich berichteten - hier reinen Gewissens nur zu den auf Dauer Finanzstärke gewährleistenden Meistern der ober mündelsicheren  Kapitalanlage raten.

Und außerdem wird dann noch, als vermeintlich stichsichere Karte, die ach so günstige Kostenbelastung dieser Produkte religionsartig beschworen. Hier hat man am Telefon erst mal zu schlucken und läuft Gefahr nach soviel Finanzstärke, Mündelsicherheit, Anlagekompetenz und beinahe Kostenlosigkeit eine Logik hinter all dem zu vermuten.

Da blitzt einem aus vorliegendem Absatz 2 des genannten Paragraphen jedoch rettend die (zuvor) neon-gelb markierte Sparkassen-Finanzgruppe ins Antlitz und lässt das Kartenhaus der VER.DI-Samariter einstürzen. Wie passt nun eine Standard-KLV von der Filiale nebenan zu den geschaffenen Göttern in Form vorgenannter Auswahlfaktoren?

Darauf angesprochen kommt dann auch die Stimme am Telefon ins Stocken, versucht vorerst noch Stärke anzutäuschen, indem auf eine (unwidersprochen) grundsolide Produktpalette des Instituts hingewiesen und nochmals der öffentliche Charakter wenn auch leise - aber immerhin betont wird.

Ein Räuspern meinerseits mag danach bereits den Nachsatz: „Und außerdem muss der Bürgermeister ja mit dem Direktor seiner örtlichen Sparkasse...ne ,sie wissen schon..." ausgelöst haben. (Tatsächliches Kapitalanlage-Know-how greifbar etwa in Form von nachgewiesenen überdurchschnittlichen Renditen über mehrere Jahrzehnte, sowie die etwaige Flexibilität des Produkts, zusammenfassend also die Eintrittswahrscheinlichkeit eines erhöhten Nutzens für den Kunden wurden insoweit erst einmal übergangen.)

Und damit stehen wir wieder am Beginn.

- Weswegen ist private/betriebliche Altersvorsorge notwendig?

- Wer soll von den staatlichen Reformen profitieren?

- Warum lassen sich einfachste und dem "Günstigkeitsprinzip" mehr als entlehnte Regelungen nicht zeitnaher und unkomplizierter formulieren?

Fragt sich ferner auch, wo die Systematik im angeblichen System verblieben ist. Absetzbare Aufwendungen im Bereich privater Vorsorge stagnieren seit Jahren und derzeit wird gar laut über deren Abschaffung (bei den Selbständigen) nachgedacht, wohin gegen betriebliche Aufwendungen vergleichsweise zumindest noch etwas vom Fleck gekommen sind.

Die betragsmäßigen Höhen an sich sind weder bei den Angestellten noch Selbständigen ausreichend. Klagen sind zwar anhängig, werden jedoch nie die Initial-Zündung zu Überarbeitungen sein. Was ferner verwundert, ist dass der Gesetzgeber in einem lichten Moment völliger Klarsicht dazumal das Szenario steigender Pflegebedürftigkeit sah und die gebotene Dringlichkeit, hier in einem Zusatzhöchstbetrag ihren Niederschlag fand.

Die Rentensituation wird man, an den Maßnahmen gemessen, dagegen dann wohl doch eher als relaxt bezeichnen dürfen... Das Klicken der Handschellen war bei den hier getroffenen Regelungen vielerorts zu hören. Vier Prozent der BBG (klick) - Anspruch des Arbeitnehmers in letzter Konsequenz "nur" auf Direktversicherung (klick), Einzahlmodus aus jährlichen und halbjährlichen Zahlungen (klick) -, Bestimmung des Anbieters selbst bei verwaltungsfreundlichsten Wegen durch den Arbeitgeber (klick).

Ja, wie war das ferner mit der Weiterführung/ Übertragbarkeit bei Ausscheiden oder Arbeitsplatzwechsel?  Sind alle Varianten der bAV von vornherein unwiderruflich, unverfallbar und schaffen dadurch Sicherheit für die persönliche Vorsorgeplanung?

Und als Bonbon. Stellen wir zum Abschluss doch noch eine Änderung bei der Sozialversicherungsfreiheit für 2008 in Aussicht; so könnte man zu entschlussfreudige Arbeitnehmer doch noch mal zum Grübeln bewegen.

Fazit: „ Mit gekonnt gebundener Siegerkrawatte und selbigem Lächeln von der Kanzel (oder "live" von einem Überschwemmungsgebiet) aus Volksnähe personifizierend mit angezogener Handbremse Vollgas propagieren – Super Gerd“! Lassen sie uns gemeinsam weiterhin die Opposition für jedes Nicht-Mitmachen zur Verantwortung ziehen und nicht etwa die Konzeptlosigkeit vorgelegter Konzepte oder die Systemlosigkeit vermeintlicher Systeme überdenken.

Die einzige Konstante bisheriger Reformen ist der stets vollzogene Popularitäts-Check. Hierbei hat die politische "Führung" ihren Sportsgeist im "Vorpreschen" und "Zurückrudern" wiederholt unter Beweis gestellt.

Christian Kramer

c.kramer@kpp-finanz.de

zum Artikel „ Oligopol für Kommunal- Versicherer

 

 

 

 

 

WERBUNG
WERBUNG
WERBUNG
Werben im Extrablatt

Mit einer Anzeige im Extrablatt erreichen Sie mehr als 12.500 Menschen im Versicherungsvertrieb, überwiegend ungebundene Vermittler. Über die Konditionen informieren die Mediadaten.

weitere Leserbriefe
20.10.2003 – Berndt-Utz Veit zum Artikel „Oligopol für kommunale Versicherer". mehr ...
WERBUNG