Nachholbedarf bei den Versorgungswerken

23.3.2005 – Die berufsständischen Versorgungswerke machen sich zwar durch die Kapitaldeckung im Anwartschaftsverfahren unabhängig vom etwa zurückgehenden Nachwuchs, doch stellt dies nur einen Teil des „demografischen Risikos“ dar.

Der andere Teil trifft sie dagegen voll und sogar – gerade wegen der Kapitaldeckung – früher und härter als in einem Umlageverfahren – nämlich die Verlängerung der Lebenserwartung.

Wie in der privaten Rentenversicherung muss die Verlängerung der Lebenserwartung im Kapitaldeckungsverfahren der berufsständischen Versorgungswerke nämlich nicht erst – im Gegensatz zum Umlageverfahren - eingerechnet werden, wenn die „Altersquote“ sich tatsächlich schon erhöht hat, sondern bereits, wenn die längere Lebenserwartung absehbar ist.

Hier hat man in den letzten Jahren bei vielen Versorgungswerken Nachholbedarf festgestellt. Folge ist, dass die für die Kapitaldeckung erforderlichen Mittel erheblich erhöht werden müssen – um so mehr, je mehr Kapitaldeckung bereits vorhanden ist.

Solange die dafür erforderlichen Beträge aus Zinsüberschüssen erwirtschaftet oder aus Rücklagen entnommen werden konnten, wurden die Rentenzahlungen nicht beeinträchtigt. Doch die Zinserträge gingen zurück - oft infolge der Börsenkrise auch der Wert der Kapitalanlagen – und die frei verfügbaren Rücklagen waren schnell aufgebraucht.

Dabei ist ein Versorgungswerk tendenziell stärker gefährdet als ein Lebensversicherungsunternehmen, weil es sich einseitig auf die Altersvorsorge – zudem noch einer bestimmten Berufsgruppe – konzentriert und kein Ausgleich mit anderen „Versicherungsarten“ stattfinden kann, die ggf. besser dastehen.

Es hat auch kein Eigenkapital, keine Aktionäre und keine Konzernmutter, die ggf. aushelfen kann. Eine weitere „Gefährdung“ ist die oft als Vorteil angepriesene Selbstverwaltung der Versorgungswerke durch – versicherungsmathematisch nicht vorgebildete und ggf. beratungsresistente – Angehörige der Berufskammer. Unter Umständen unterbleiben so – nicht anders als in der Politik - rechtzeitige und mildere Maßnahmen nur aus Rücksichtnahme auf die derzeitigen Rentner und auch die übrigen Angehörigen des Versorgungswerkes werden bis zuletzt im Unklaren über die tatsächliche Situation und ihre künftigen Rentenerwartungen gelassen.

Besonders stark sind Versorgungswerke betroffen, bei denen Teile der Rente gar nicht durch Kapitaldeckung garantiert ist, sondern – ganz ähnlich der Sofort-Überschussrente aus Zinsüberschüssen in der privaten Rentenversicherung – nur aus den laufenden Zinsüberschüssen aller Angehörigen des Werks finanziert werden.

Das geht bei zurückgehenden Zinserträgen, und fortwährenden Entnahmen von Kapital aus den freien Rücklagen zur Finanzierung des Kapitalbedarfs für die immer länger zu leistenden garantierten Renten, noch eine Weile gut.

Wenn aber diese Mittel aufgebraucht sind, müssen letztlich die „Überschussrenten“ gekürzt werden. Für ältere Rentner aber wurde langjährig teilweise mehr Überschussrente gezahlt als garantierte Rente: d. h., die Gesamtrenten werden nun teilweise auf weniger als die Hälfte, nämlich nur noch auf den durch Kapitaldeckung finanzierten garantierten Teil, gekürzt.

Aus der Beratung für Betroffene ist mir bekannt, dass diese Möglichkeit den Mitgliedern nicht bewusst war. Die entsprechenden Mitteilungen über die zu erwartenden Renten enthielten auch den als Inflationsausgleich gedachten nicht garantierten Teil, der von Jahr zu Jahr stieg, um dann für die Betroffenen überraschend zuletzt völlig zu entfallen.

Ab diesem Jahr werden die Renten der Versorgungswerke zusätzlich geschmälert durch die neuen steuerlichen Regelungen – sie stellen ja nun eine schrittweise voll zu versteuernde sogenannte Basisrente dar, während sie bisher nur mit dem Ertragsanteil zu besteuern waren.

Auch dies konnten die Mitglieder der Versorgungswerke seinerzeit nicht voraussehen. Dabei dienten die Überschussrenten eigentlich der Dynamisierung der Renten an die gestiegenen Lebenshaltungskosten.

Im Gegensatz zum Umlageverfahren ist genau solch eine Dynamisierung aber im Kapitaldeckungsverfahren angesichts von Börsencrashs, Inflation und Verlängerung der Lebenserwartung nur sehr schwierig darzustellen – ein wesentlicher Nachteil der Kapitaldeckung.

Andererseits führt am Sparen für das Alter kaum ein Weg vorbei, nur sollte man sich der Funktionsweise und der Risiken der verschiedenen Modelle genau bewusst sein und sich dabei auch nicht darauf verlassen, dass der Träger des Versorgungssystems die erforderliche Transparenz herstellt.

Im Ergebnis hat sich übrigens bei der Beratung gezeigt, dass es durchaus im Einzelfall – auch unter Berücksichtigung der Besteuerung - bessere Optionen geben kann, als in der bisherigen Höhe weiter in das Versorgungswerk einzuzahlen. So kann eine vorgezogene Rente gewählt werden oder auch wenn möglich eine Kapitalabfindung.

Auch ist die Beitragshöhe in gewissem Umfang disponierbar, weil oft auch freiwillige Zuzahlungen geleistet werden. Allerdings wird dadurch die Situation der übrigen Mitglieder nicht unbedingt verbessert.

Peter Schramm

info@pkv-gutachter.de

zum Artikel: „Sonderweg der Altersvorsorge”.

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