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Eine Stellungnahme zum Schuldnerwechsel bei LV- Verträgen

7.2.2003 – Nach einer Empfehlung des Versicherungs-Ombudsmannes Wolfgang Römer (Az.: 3830/01-H) vom 24.April 2002 haben Kunden von laufenden Lebensversicherungsverträgen keinen Anspruch darauf, dass der Versicherer dem vorzeitigen Verkauf an einen Dritten zustimmt. Zwar war die Entscheidung aufgrund eines Überschreitens der Streitwertgrenze nicht verbindlich, doch sollte dies nicht an der hiesigen Auseinandersetzung mit dem Thema hindern.

Die Vertrags- bzw. Parteienautonomie als eine der Grundpfeiler des Privatrechts wird auch in der folgenden Argumentation nicht strapaziert. Zur Frage steht, ob in der vorgenannten Konstellation ein schützenswertes Interesse des Versicherers am ursprünglichen Kontrahenten besteht.

So ist es geradezu selbstverständlich, dass etwa ein Mieter seinem Vermieter keinen illiquiden Nachmieter für die Restzeit seines Zeitmietvertrages aufbinden kann, oder eine Versicherungsgesellschaft ein schützenswertes Vertrauen in die Erfüllung einer auf eine bestimmte Zeit eingegangene Zahlungsverpflichtung hat.

Die zügige Verbindlichkeit der Schuldversprechen im Rechts- und Wirtschaftsverkehr schafft den Parteien die nötige Planungssicherheit in der Zukunft. Der zu behandelnde Sachverhalt liegt jedoch abseits grundsätzlicher Erwägungen.

Statistisch gesehen wird jede zweite - einen Ansparvorgang beinhaltende - Police im

Lebensversicherungsbereich vorzeitig gekündigt. In diesem Zusammenhang macht der Bund der Versicherten seit Jahren auf die damit verbundenen hohen Einbußen der oft unzureichend beratenen Kunden aufmerksam.

Sucht der Kunde mithin nach einer Lösung, etwaigen finanziellen Engpässen in seiner persönlichen Finanzplanung zu begegnen und erwägt die Kündigung oder Beitragsfreistellung einer Police, so sieht sich die Versicherungsgesellschaft einer Ausübung einer gesetzlichen Option ihres Kunden gegenüber, die dazu führt, dass künftige Prämien versiegen.

Die Gesellschaft kann und wird hierauf mit der Anpassung der in Aussicht gestellten Leistungen reagieren. Die sich verschlechternde Bonität ihres Schuldners ist damit von vornherein in den Gestaltungsmöglichkeiten mit eingeplant.

Gegenteiliges wäre angesichts einer sich von der Ausbildung bis zum Renteneintritt ziehenden Vertragsdauer nicht bloß ein Einschnitt in die notwendige Flexibilität, sondern eine Knebelung des Kunden.

Diese Wertung lässt sich durchaus der BGH-Rechtsprechung entnehmen. So wird aus der ungleich höheren Macht- und Wissensstellung der Versichererseite bei Vertragsanbahnung mit dem Privaten eine erhöhte Sorgfaltsverpflichtung abgeleitet und selbst darüber hinaus etwa die Verpflichtung eines Kunden auf eine Vertragsdauer von zehn Jahren im Sachbereich als Knebelung interpretiert und die Möglichkeit zur vorzeitigen Kündigung nach fünf Jahren eingeräumt.

Dass ein Kunde in dieser Situation einen Übernehmer seiner Schuld präsentiert, der die Hauptleistungsversprechen des Vertrags unverändert  beibehält müsste daher im vordersten Interesse der Gesellschaft sein und eine Abänderung dieser Inhalte, wie bei Kündigung und Beitragsfreistellung   hinten anstellen.

Richtig ist, dass § 415 Abs.1 BGB die Wirksamkeit einer solchen Schuldübernahme grundsätzlich von der Genehmigung durch den Gläubiger abhängig macht. Rechtsfolge einer Verweigerung wäre hier die Unterbindung der Einsetzung des neuen Schuldners (Abs.2).

Darüber hinaus bestimmt der abschließende dritte Absatz jedoch bereits, dass die Vereinbarung zwischen bisherigem Schuldner und dem Dritten im Zweifel dazu führt, dass dieser Dritte dem Schuldner gegenüber zur Befriedigung des Gläubigers verpflichtet ist.

Dies gilt sowohl vor Erteilung einer etwaigen Genehmigung wie auch bei deren Verweigerung. Einen Einfluss auf den Absender des Zahlungsstroms kann der Gläubiger mithin nicht ausüben. Der freiheitliche Grundgedanke der Gestaltung privatrechtlicher Verträge verbietet geradezu das Festhalten an formellen Gesichtspunkten, sondern gebietet stets die Notwendigkeit eines Blicks auf die dahinter zum Ausdruck kommenden, statthaften Interessen.

Diese zu wahren ist Inhalt des oft strapazierten Rechtsspruchs: „Pacta sunt servanda“. Bleibt festzuhalten, dass oben erwähnte fünf Jahres Sachverträge und die hier behandelten Lebenspolicen eine unterschiedliche rechtliche Begutachtung erfahren müssen und neben  der täglichen Praxis auch die gesetzlichen (den Verbraucher schützenden) Rahmenbedingungen einem schützenwerten Vertrauen der Gesellschaften entgegenstehen.

Ferner wird anschließend noch ein sozialpolitisches Argument vorgetragen: „ Die abweichende Behandlung entgeltlich aus einem von einer anderen Person abgeschlossenen Vertrag erworbener Ansprüche hinsichtlich des Sonderausgabenabzugs und der Einkommensteuerfreiheit solle vor dem Zweck der sozialen Absicherung durch Lebensversicherungen nicht unterstützt werden.

Abgesehen davon, dass vor diesem Hintergrund wohl eine nochmalige Überprüfung des Geschäftsmodells angeraten sein wird, scheint die Versicherungsgesellschaft auf einmal in Sorge um diesen kapitalgesellschaftlich rechtsformierten Ankäufer zu sein.

Sicherlich wird man bezüglich der sich nicht nur aufgrund demographischer Entwicklungen verschlechternden Situation der sozialen Sicherungssysteme geeignete Maßnahmen zur Absicherung ergreifen müssen.

Ein mehr an Flexibilität wird hierbei dem privaten Vorsorger jedoch nicht schaden. Die Frage nach der Motivation zur Unterbindung eines Zweitmarktes aus Sicht der Versicherungsgesellschaften darf abschließend nicht ungestellt bleiben....

Christian Kramer

c.kramer@kpp-finanz.de

 

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