20.11.2025 – BVK-Präsident Michael H. Heinz mahnt, dass sich Versicherungsmakler nicht in eine zu starke Abhängigkeit von Pools begeben sollten – andernfalls könnten sie die Kontrolle über ihre Verträge und Kundendaten verlieren. Der AfW widerspricht: Ein strukturelles Problem durch zu große Poolmacht bestehe derzeit nicht.
Drohen Maklern rechtliche Unsicherheiten, wenn sie sich in zu große Abhängigkeit von Maklerpools begeben? Dieses Thema hatte Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK), bei einer Diskussionsrunde des Kongresses „Maklermarkt 2035“ auf der diesjährigen Messe DKM aufgemacht (VersicherungsJournal 4.11.2025).
Heinz verdeutlichte dies am Beispiel einer Maklerin, die beim BVK Mitglied ist. Sie habe Verträge auf einen anderen Dienstleister übertragen wollen. Doch vom Versicherer habe sie sinngemäß die Antwort erhalten: „Mit dir rede ich schon gar nicht mehr, ich rede nur mit dem Dienstleister“ – also mit dem Maklerpool selbst.
Heinz warnte davor, dass Versicherungsmakler zunehmend Gefahr laufen, von Versicherern nicht mehr angehört zu werden, wenn es um den eigenen Vertragsbestand geht. Der BVK verfolge mittlerweile mehrere Rechtsvorgänge pro Jahr, in denen die Frage verhandelt werde, wem der Vertrag eigentlich „gehöre“ – dem Pool oder dem Makler selbst.
Aus der Vertriebspraxis nehmen wir vermehrt Berichte von Maklern mit Sorge zur Kenntnis, dass sie ihre Unabhängigkeit durch das Geschäftsgebaren einiger Pools gefährdet sehen.
Michael H. Heinz, BVK

Die Frage, ob bei bestimmten Poolanbindungen rechtliche Probleme drohen oder gar der Verlust der Vertragshoheit, betrifft grundsätzliche Entscheidungen der Versicherungsmakler. Deshalb hat das VersicherungsJournal noch einmal beim BVK nachgefragt, wie häufig derartige Probleme auftreten – und wo zentrale Konfliktfelder sind.
„Aus der Vertriebspraxis nehmen wir vermehrt Berichte von Maklern mit Sorge zur Kenntnis, dass sie ihre Unabhängigkeit durch das Geschäftsgebaren einiger Pools gefährdet sehen“, berichtet Heinz. Um welche Dienstleister es sich hierbei handelt, nannte der Verbandspräsident nicht.
„Bei manchen Pools schließen die Makler die Verträge nicht direkt mit den Versicherern ab, sondern über den Pool. Der Pool hat dann den Kontakt zu den Versicherern und übernimmt die Vertragsverwaltung und vereinnahmt zunächst auch die Courtagen. In der Folge gibt er sie an den Makler ab“, berichtet Heinz.
„Umgekehrt ist auch der Pool für den Versicherer der erste Ansprechpartner“, erläutert Heinz. „Das führt zu einer großen Abhängigkeit der Makler vom Pool, weil er keinen direkten Kontakt mehr mit dem Risikoträger hat und die Kommunikation zwischen Versicherer und dem Makler vom Pool kontrolliert wird.“
Wer seine Kundendaten und Unternehmensprozesse unreflektiert an zentrale Plattformen übergibt, kann seine unternehmerische Unabhängigkeit gefährden.
Michael H. Heinz
Ein Beispiel für drohende Abhängigkeiten sei der vermehrte Einsatz von KI, um die es derzeit einen regelrechten Hype gebe, berichtet Heinz weiter. Diese Angebote würden oft von den Pools bereitgestellt und von einigen Maklern völlig unkritisch genutzt.
Heinz warnt: „Viele sind sich nicht im Klaren, welche vertrieblichen, datenschutzrechtlichen, vertraglichen und informationellen Abhängigkeiten damit einhergehen können. Wer seine Kundendaten und Unternehmensprozesse unreflektiert an zentrale Plattformen übergibt, kann seine unternehmerische Unabhängigkeit gefährden und in strukturelle Abhängigkeiten geraten.“
Deshalb plädiere der BVK für digitale Souveränität und einen selbstbewussten Umgang mit neuartigen Lösungen.
„Schließlich gewinnen die Pools, wenn sie über die aggregierten Daten Tausender Makler verfügen, weiter an Marktmacht – gegenüber den Maklern und gegenüber den Versicherern. Dann können sie wie bei Vergleichsportalen und -plattformen Konditionen bestimmen und über Algorithmen steuern, welche Produkte empfohlen werden“, gibt Heinz zu bedenken.
Für Makler könne es in der Folge schwierig sein, nachzuvollziehen, nach welchen Kriterien Empfehlungen generiert werden und ob diese ausschließlich im Makler- und Kundeninteresse erfolgen.
Ein weiteres Risikofeld sei der strategische Lock-in-Effekt für Makler, erläutert der BVK-Präsident. Je stärker ein Betrieb seine Prozesse, Daten und Mitarbeiter auf die Systeme eines Pools ausrichte, desto schwerer werde ein späterer Wechsel. Technische Hürden, proprietäre Schnittstellen, Schulungsaufwand und unklare Eigentumsrechte an Daten und Auswertungen könnten einen Ausstieg faktisch blockieren.
In der heutigen Zeit ist die Frage der Datenhoheit eine elementare der unternehmerischen Selbständigkeit.
Michael H. Heinz
Wie können Makler trotz der Kooperation mit Pools sicherstellen, dass sie weiterhin die Hoheit über ihre Verträge und Daten behalten? Heinz rät dazu, sich vertraglich zusichern zu lassen, „dass sie die Kontrolle über ihr Unternehmen weiterhin haben“. Vereinbarungen, die Einfluss auf die Unternehmensorganisation und -führung nehmen wollen, seien abzuwehren.
Makler sollten außerdem aufpassen, wenn Pools Einfluss auf die Courtage nehmen oder uneingeschränkten Zugriff auf die Kundendaten verlangen. „Denn in der heutigen Zeit ist die Frage der Datenhoheit eine elementare der unternehmerischen Selbständigkeit“, betont Heinz.
Auf die Frage, ob bereits gerichtliche Entscheidungen zur Vertragshoheit zwischen Maklern und Pools vorliegen, antwortet Heinz: „Uns sind bislang noch keine Urteile zu solchen Streitigkeiten bekannt.“ Generell versuche der BVK, Konflikte im Rahmen seiner Rechtshilfe außergerichtlich zu klären.
Aus Sicht des AfW sehen wir kein verbreitetes Konfliktfeld zwischen Maklerinnen und Maklern und den großen Maklerpools.
Norman Wirth, AfW

Das VersicherungsJournal hat auch beim AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. nachgefragt, ob der Verband bei seinen Mitgliedern ähnliche Spannungsfelder zwischen Maklern und Pools wahrnimmt. Norman Wirth, Fachanwalt und geschäftsführender Vorstand des AfW, widerspricht.
„Aus Sicht des AfW sehen wir kein verbreitetes Konfliktfeld zwischen Maklerinnen und Maklern und den großen Maklerpools. Bei den zahlreichen Rechts- und Praxisanfragen unserer mehr als 2.100 Mitglieder und Mitgliedsunternehmen an uns spielt dieses Thema keine Rolle“, sagt Wirth.
„Auch eine aktuelle, von mir spontan erfolgte Rückfrage bei Vorständen und Geschäftsführer der maßgeblichen Pools und Verbünde – organisiert in der beim AfW angelegten Initiative „Pools für Makler“ – ergab keinen einzigen Fall, in dem der BVK mit entsprechenden Vorwürfen oder Beschwerden an einen der Pools herangetreten wäre“, so Wirth. Von einem strukturellen oder gar massenhaften Problem könne daher nicht gesprochen werden.
Wirth ergänzt: „Ebenso ist uns als Verband und mir als spezialisiertem Anwalt kein einziges gerichtliches Verfahren bekannt, das sich mit der Frage befassen würde, ob ein Versicherungsvertrag einem Makler oder einem Pool ‚gehört‘. Auch außergerichtliche Streitigkeiten dieser Art sind uns nicht begegnet.“
Wir, die Branche und selbstverständlich auch die Pools, nehmen das Thema Datenschutz sehr ernst. Das soll und muss auch so sein.
Norman Wirth
Bezüglich der KI-Nutzung verweist Wirth darauf, dass es sich nicht um ein spezielles Thema im Verhältnis von Pools zu Maklern handele, sondern um eines, das alle gleichermaßen betreffe.
„Das Thema KI und Kundendaten ist nicht anders zu bewerten als das Thema Datenschutz allgemein und Kundendaten. Die gesetzlichen Vorgaben der DSGVO, des Bundesdatenschutzgesetzes und der KI-Verordnung sind zu beachten und einzuhalten. Von allen. Immer. Ob Einzelmaklerin, Pool, Verbund, Versicherungsgesellschaft oder sonstiger Dienstleister“, sagt Wirth.
Der AfW-Vorstand berichtet, dass er persönlich mit Datenschutzfachleuten und Juristen von Pools und Versicherern in engem Austausch sei – unter anderem im Rahmen der Brancheninitiative „Freiwilliger Branchenstandard – DSGVO“. Die dortige Arbeitsgruppe habe auch eine Orientierungshilfe zur EU-KI-Verordnung veröffentlicht.
„Sie sehen: Wir, die Branche und selbstverständlich auch die Pools, nehmen das Thema Datenschutz sehr ernst. Das soll und muss auch so sein. Befürchtungen kann man bei dem Thema natürlich immer äußern. Man sollte nur vielleicht vermeiden, vor lauter Befürchtungen dem Fortschritt, der dem Interesse der Kunden und auch der unabhängigen Vermittlerinnen und Vermittler dient, im Weg zu stehen“, so Wirth.
Abschließend betont Wirth die aus seiner Sicht grundsätzlich positive Rolle der Maklerpools im Markt – trotz aller Herausforderungen, die der technologische Wandel mit sich bringe.
„Ohne Pools und Verbünde würden die allermeisten Maklerinnen und Makler den regulatorischen und administrativen Anforderungen im Wettbewerb nicht standhalten können. Pools sind damit ein Garant für die Unabhängigkeit, wie oben schon gesagt. Aber auch sie können in Zukunft selbstverständlich nicht ohne den Einsatz von KI am Markt bestehen“, so Wirth.
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