11.3.2025 – Auf dem deutschen Maklermarkt ist eine große Konsolidierungswelle im Gang, die vor allem Industrie- und Gewerbemakler erfasst. Ralph Rockel, Vorstandssprecher von MRH Trowe, blickte bei einem Vortrag in Leipzig auf die Hintergründe.
Das Institut für Versicherungswissenschaften e.V. an der Universität Leipzig hatte am Donnerstag zu seinem 25. Vorlesungstag geladen: eine Veranstaltungsreihe, bei der sich Vorstände und Forschung über den Status quo und die Zukunft der Versicherungswirtschaft austauschen.
Dabei begrüßte der Institutsleiter und Gastgeber Professor Dr. Fred Wagner auch Ralph Rockel, Vorstandssprecher der Mesterheide Rockel Hirz Trowe AG Holding (MRH Trowe). „Die Konsolidierung der Maklerbranche: Chancen, Herausforderungen und zukünftige Entwicklungslinien“, war sein Vortrag überschrieben.
Der 50-Jährige ist hierbei selbst Fachmann für M&A-Transaktionen (Mergers & Acquisitions: Fusionen und Übernahmen). Etwa 50 davon habe er begleitet sowie vier Finanzierungsrunden, wie er berichtete. MRH Trowe ist in den letzten Jahren selbst durch Zukäufe stark gewachsen, der Umsatz beträgt derzeit etwa 250 Millionen Euro im Jahr.
Derzeit beobachtet Rockel eine sehr hohe Intensität der Konsolidierungen auf dem deutschen Industrie- und Gewerbemaklermarkt. „Es gibt keine Woche, in der nicht berichtet wird, dass ein Makler ein Unternehmen gekauft hat“, so der Vorstand.
Der deutsche Versicherungsmaklermarkt ist für Investoren attraktiv, da er groß und sehr fragmentiert ist, so Rockel: Er bestehe aus vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen. Doch er konsolidiere sich zunehmend durch anorganische Aktivitäten größerer Marktteilnehmer. Das bedeutet, sie kaufen mittelständische Makler auf oder fusionieren mit ihnen.
Dabei hole Deutschland das nach, was sich auf anderen Märkten bereits zuvor vollzogen habe: zunächst in den USA, dann in Großbritannien und schließlich in Irland. In Großbritannien habe sich die Zahl der Broker, also der Aufkäufer, in den letzten Jahren nahezu halbiert. Der britische Markt werde folglich von wenigen großen Akteuren dominiert, die eine starke Marktmacht besitzen.
Im DACH-Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz) sei die Konsolidierungswelle seit 2020 deutlich spürbar, wie Rockel anhand einer Folie verdeutlichte. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens FTI Consulting wurden im ersten Jahr der Corona-Pandemie noch 21 Transaktionen gezählt.
2022 stieg die Zahl der übernommenen mittelständischen und spezialisierten Makler im deutschsprachigen Raum auf 52, 2023 waren es bereits 81, und im Jahr 2024 wurde die Marke von 94 Transaktionen erreicht.
Rockel blickte voraus und prognostizierte, dass die Zahl der Transaktionen in den kommenden Jahren weiter steigen werde, bevor sie bei einem hohen Niveau zunächst stagnieren könnte. Für die Jahre 2025 bis 2027 werde mit 100 bis 120 Transaktionen pro Jahr gerechnet.
Was das bedeutet, hatte Rockel bereits vor zwei Wochen auf dem Handelsblatt Insurance Summit der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH prognostiziert. Aus 85 nennenswerten Industriemaklern, die es noch vor fünf Jahren gab, werden in weiteren fünf Jahren nur noch 25 übriggeblieben sein.
Warum aber sind Versicherungsmakler, vor allem im Gewerbesektor, gezwungen, ihre Unternehmen zu verkaufen und neue Partnerschaften einzugehen? Was treibt diese Konsolidierungswelle an?
Laut Rockel sehen sich mittelständische Makler gleich mehreren Herausforderungen gegenüber, die sie dazu bringen, strategische Partnerschaften einzugehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Einer der Haupttreiber für Konsolidierungen sei der zunehmende Druck seitens der Versicherer. Diese greifen immer stärker auf präzise und transparente Daten zurück, um ihre Strategien anzupassen. „Das bedeutet, sie formulieren klarere Risikoprofile und verfolgen eine präzisere Zeichnungspolitik“, so Rockel.
Das führe dazu, dass die Versicherer Risiken restriktiver zeichnen und es zu sinkenden Kapazitäten im Markt komme.
Ein Beispiel hierfür nannte Rockel nicht. Aber in den letzten Jahren war es wiederholt zu Engpässen in Bereichen gekommen, wo sehr hohe Schadensummen drohen – etwa in der Cyberversicherung (Medienspiegel 10.3.2025) oder in der D&O-Versicherung, wo sich die Prämien innerhalb von zehn Jahren um bis zu 400 Prozent erhöht haben (Medienspiegel 28.3.2024).
Die Tendenz zu einer restriktiveren Zeichnungspolitik würde bei den Maklern zu Versorgungsengpässen führen. Das bedeutet, sie können den Gewerbetreibenden unter Umständen nicht den Schutz bieten, den sie benötigen. „Das heißt, Makler müssen sich breiter aufstellen und das Geschäft wird komplexer“, so der Diplom-Betriebswirt.
Eine weitere Herausforderung komme vonseiten der Mandanten, also der Unternehmen, die Versicherungsschutz einkaufen. „Die Mandanten haben ihr Einkaufsverhalten in den letzten sieben bis acht Jahren verändert, das heißt, Entscheidungen werden professioneller getroffen“, so Rockel.
So würde der Fokus der Unternehmen bei der Auswahl des Maklers vermehrt darauf liegen, welchen Mehrwert ein Versicherungsmakler ihnen bieten könne. Das führe auch zu einer nachlassenden persönlichen Bindung zwischen den Gewerbetreibenden und den sie betreuenden Maklern.
„Das bringt einige Makler dazu, zu sagen: Im aktuellen Setup als mittelständischer Makler werde ich meine Kunden nicht mehr adäquat bedienen können, ich muss mich strategisch neu ausrichten“, erläutert Rockel.
Weiterer Handlungsdruck resultiere aus der Vielzahl der Konsolidierungen selbst. Mittelständische Versicherungsmakler sähen sich zunehmend großen Maklergruppen gegenüber, die weitaus mehr Kapital in ihre strategische Ausrichtung und digitale Infrastruktur investieren könnten.
Dadurch drohten den mittelständischen Maklern Wettbewerbsnachteile, da der Markt sich schneller bewege, als sie es mit ihren eigenen finanziellen Mitteln bewältigen könnten. „Das IT- oder Innovationsbudget eines großen Maklerunternehmens entspricht in Teilen wahrscheinlich dem gesamten Umsatz eines typischen mittelständischen Maklers“, beschreibt Rockel das Problem.
Wenn er sehe, welch große Budgets die großen Maklerhäuser bereits in Anwendungen wie künstliche Intelligenz und effizientere Prozesse investieren, drohe der Abstand zu den „traditionellen“ Versicherungsmaklern noch größer zu werden. Auch könnten die großen Wettbewerber mehr Wahllösungen für ihre Kunden anbieten, was den Handlungsdruck für kleinere Makler weiter verstärke.
Als viertes Argument, warum Makler ihr Unternehmen verkaufen, macht Rockel die Mitarbeiter-Situation in den Unternehmen aus. Auch die Makler hätten Probleme, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und zu binden. Damit wachsen auch die Anforderungen als Arbeitgeber.
Auch die demographische Situation in der Maklerbranche selbst spiele eine Rolle. Viele Makler stünden vor dem Ruhestand und müssten ihre Nachfolge klären. Eine interne Lösung sei zwar oft gewünscht, aber nicht realisierbar, weil die Unternehmenswerte in den Maklerunternehmen höher werden und für „typische“ Nachfolger schwer finanzierbar seien. Die Folge: der Verkauf des Unternehmens.
Doch welchen Nutzen haben die aufkaufenden Maklerunternehmen von den vielen Transaktionen? Das versuchte Rockel anhand der eigenen Unternehmensstrategie von MRH Trowe zu verdeutlichen:
Rockel hob hervor, dass die eigenen Zukäufe sehr gezielt erfolgen würden. „Es geht nicht darum, zu kaufen um des Kaufens willen, sondern was zur Strategie passt“, sagte der Vorstandssprecher. So verfolge MRH Trowe einen 360-Grad-Betreuungsansatz, der drei spezialisierte Geschäftsfelder umfasse:
Im Vortrag kam auch wiederholt zur Sprache, dass durch die großen Maklerunternehmen eine neue Ausgangslage gegenüber den Versicherern entstünde. Die Makler haben mehr Verhandlungsmacht und können die Versicherer eher dazu bewegen, fehlende Kapazitäten bereitzustellen und passende Produkte für die eigene Zielgruppe zu entwickeln.
Entsprechend sei der Auf- und Ausbau von Assekuradeuren im Maklermarkt ein „Megatrend“: Hier wolle sich auch MRH Trowe verstärkt betätigen. Das klinge einfach, sei es aber nicht. Der Versicherer vertraue den Maklern sein „Balance Sheet“ an, „um mit mir Geld zu verdienen. Weil ich Risiken gut verstehe und gute Underwriter habe“, so Rockel.
Darüber hinaus ging Rockel auf die zahlreichen Herausforderungen ein, die sich bei der Integration neuer Unternehmen in den eigenen Firmenverbund stellen.
So müssten Technik, Infrastruktur und Prozesse harmonisiert werden. Das umfasse auch das Reporting und die Harmonisierung der Marken, so dass die Unternehmen innerhalb des Konzerns nicht nebeneinanderher agieren. Auch die Abstimmung der Unternehmenskulturen sei eine Aufgabe: Man müsse die Menschen mitnehmen und begeistern.
Die Skepsis der mittelständischen Makler gegenüber den geldgebenden Private-Equity-Firmen habe in den letzten Jahren abgenommen. Die Private-Equity-Firmen hätten zwar nur eine Motivation: Sie wollen Geld verdienen, also einsteigen und mit Mehrwert wieder aussteigen. Es habe sich jedoch gezeigt, dass dabei langfristige Partnerschaften zwischen den Geldgebern und den Maklern entstanden seien.
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