Hausrat pauschal versichern oder besser einzeln?

13.3.2025 – Die Absicherung des privaten Hausrats bietet für Versicherer ein beachtliches Vertriebspotenzial. Um dies zu heben, müssen sie die passenden Produkte und Services anbieten, Kunden zielgruppengerecht ansprechen und die relevanten Vertriebskanäle bedienen. Wie das geht, erklären Unternehmensberater Theodor Waber und Dr. Torsten Melles, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts Nordlight Research, in einem Gastbeitrag.

Sie ist seit ihrem Geburtsjahr 1942 ein Klassiker und steht immer noch hoch im Kurs: Rund 70 Prozent der Versicherungsentscheider in Deutschland besitzen aktuell eine Hausratversicherung, obwohl sie keine Pflichtversicherung ist.

Auch für zukünftige Abschlüsse verspricht diese Produktkategorie vergleichsweise großes Potenzial: Neun Prozent der Versicherungsentscheider planen aktuell einen Neuabschluss. Dies schließt in etwa gleichem Maße Produktwechsel (54 Prozent) und Erstabschlüsse (46) mit ein. Nach Kfz ist Hausrat damit das Produkt mit der höchsten Abschlussfrequenz – noch vor Privathaftpflicht.

Hohes Abschlussinteresse bei Jüngeren

Torsten Melles (Bild: Nordlight Research)
Torsten Melles (Bild: Nordlight Research)

Doch wer sind diese Interessenten? Sind es eher die Älteren und Eigenheimbesitzer? Mitnichten. Besonders groß ist das Abschlussinteresse unter den 18- bis 29-Jährigen. In dieser Altersgruppe planen aktuell 18 Prozent einen Neuabschluss. Auch unter den 30- bis 39-Jährigen ist das Potenzial mit 14 Prozent noch überdurchschnittlich hoch.

Dabei sind Abschlussplaner im Durchschnitt nicht nur jünger, sondern leben oft noch allein oder in Haushalten mit Kindern. Sie bringen zudem ein größeres Interesse an Versicherungsthemen und sind einer großen Anzahl an Anbietern gegenüber aufgeschlossen.

Dies beweist auch der hohe Anteil an sogenannten Innovatoren und Early Adopters. Und es steht zwar nicht im Vordergrund, aber auch die Nachhaltigkeit des Anbieters ist ihnen überdurchschnittlich wichtig.

Auf welchem Wege werden die Käufer einer Hausratversicherung erreicht? In den vergangenen zwei Jahren erfolgte mit einem Anteil von 36 Prozent der Abschluss zumeist über einen Versicherungsvermittler – bei ihm im Büro oder zu Hause.

Vergleichsportale steigern Preisdruck

Theodor Waber (Bild: Waber Consulting) 
Theodor Waber (Bild: Waber Consulting) 

Zunehmend sind auch Versicherungsportale als Abschlusskanal im Fokus: 23 Prozent haben die Hausratversicherung bereits auf diesem Wege abgeschlossen.

Vor allem Personen unter 50, also besonders diejenigen mit hohem Neuabschlusspotenzial, entscheiden sich häufig für Vergleichsportale. Damit steigt unweigerlich der Preisdruck auf die Anbieter. Es stellt sich daher zunehmend die Frage, wie es in diesem Kontext gelingen kann, neue Potenziale zu erschließen und Deckungsbeiträge zu optimieren.

Ein möglicher Ansatz stellt die Versicherung von Einzelgegenständen dar, die sich teilweise auch direkt im Kaufprozess einbetten lässt (Englisch: „Embedded Insurance“). Diese Idee ist alles andere als neu: Ein sehr frühes Beispiel ist die im Jahr 1870 von Singer eingeführte Police, die beim Kauf einer Nähmaschine automatisch auch Schäden abdeckte.

Eine solche Versicherung bietet für Marketing und Vertrieb die Chance, eine emotionale Bindung an persönlich wichtige Einzelgegenstände zu nutzen und über eine separate Absicherung eine höhere Wertigkeit zu erzeugen. Damit schaffen sie es, den Kunden auch emotional zu begeistern.

Versicherung von Einzelgegenständen wird bewusst abgeschlossen

Denn schließlich wird eine solche Police ganz bewusst im Hier und Jetzt abgeschlossen. Die Versicherung ist nicht nur ein anonymer Teil eines Gesamtpakets Hausratpolice, das zu einem lang zurückliegenden Zeitpunkt abgeschlossen wurde.

Zudem wissen viele Kunden oft nicht, ob eine über eine Gegenstandsversicherung angebotene Leistung bereits durch die eigene Hausratversicherung abgedeckt ist. Zwar stimmen immerhin 63 Prozent zumindest teilweise folgender Aussage zu: „Ich weiß genau, welche Leistungen durch meine Hausratversicherung abgedeckt sind“.

Wissen über die Hausratversicherung (Bild: Nordlight Research)
Frage: Wie stark trifft folgende Aussagen auf Sie persönlich zu? „Ich weiß genau, welche Leistungen durch meine Hausratversicherung abgedeckt sind.“ Angaben in Prozent, Basis: n=1.050 (Teilgruppe der Versicherungsentscheider mit einer Hausratversicherung) (Bild: Nordlight Research).

Zusätzliches Potenzial im Vertrieb

Jedoch sind gleichzeitig 36 Prozent weniger vertraut bezüglich der versicherten Inhalte. Mit am größten ist die Unsicherheit bei Personen unter 40 Jahren, obwohl der Abschlusszeitpunkt in dieser Gruppe im Durchschnitt weniger weit zurückliegen dürfte. Nur 53 Prozent von ihnen stimmen der Aussage zu.

Diese Unsicherheit bezüglich des Leistungsumfangs eröffnet zusätzliches Potenzial für eine Gegenstandsversicherung oder Embedded Insurance. Das gilt auch für Gegenstände, die klassischerweise in der Hausratversicherung enthalten sind.

Eine Option könnte auch darin bestehen, dass Anbieter angesichts der Unsicherheit bezüglich des Leistungsumfangs eine „Umbrella“- (Differenz-) Deckung anbieten. Diese können sie als kostengünstige und faire Einstiegsvariante gestalten und/oder den Deckungsumfang über die üblichen Leistungen einer Hausratsversicherung hinaus erweitern.

Versicherung für Einzelgegenstände

Für welche Produkte eignen sich Gegenstandsversicherungen besonders? 29 Prozent der Versicherungsentscheider geben an, bereits eine Versicherung für Einzelgegenstände zu besitzen. Am häufigsten wird dabei die Kategorie Fahrrad/E-Bike/Sportgeräte (elf Prozent) genannt, gefolgt von Brille (zehn Prozent) und Smartphone/Handy (acht Prozent).

einzeln versichert haben? Zu welcher Kategorie zählen diese Gegenstände? Angaben in Prozent, Basis: n=1.500 (Gesamtgruppe aller Befragten) (Bild: Nordlight Research GmbH)
Frage: Mal abgesehen von Fahrzeugen und Haus: Gibt es Gegenstände, die Sie nicht ausschließlich über die Hausratversicherung, sondern einzeln versichert haben? Zu welcher Kategorie zählen diese Gegenstände? Angaben in Prozent, Basis: n=1.500 (Gesamtgruppe aller Befragten) (Bild: Nordlight Research GmbH)

Diese drei Produktgruppen zählen gleichzeitig zu denjenigen, die auch zukünftig das größte Potenzial bieten, wenn man die Kauffrequenz des Produkts und die Versicherungsabsicht berücksichtigt. Weitere Produktkategorien mit großem Potenzial sind Notebook/Tablet, TV-Gerät, Schmuck/Gold/Silber sowie Auto/Oldtimer/Motorrad.

Neue Ideen zum Versicherungsschutz

Ob sich zukünftig große weitere Potenziale auch für – aus Sicht der Versicherer – außergewöhnlichere Produkte wie teure Schuhe und Sneaker oder Parfum eröffnen, dürfte zumindest kurzfristig für das Breitengeschäft zu verneinen sein. Diese Produkte werden zwar mit hoher Frequenz gekauft, doch nur vereinzelt ziehen Konsumenten dafür eine Versicherung in Betracht (weniger als 3 Prozent).

Die vereinzelt zu beobachtende Aufnahme solcher Versicherungsprodukte ins Portfolio bedient daher vermutlich eher eine gezielte Imagepositionierung und verfolgt weniger den Zweck einer signifikanten Umsatzsteigerung.

Dagegen könnten innovative Angebote wie zum Beispiel ein Versicherungsschutz gegen Cyber-Risiken allgemein oder speziell beim Online-Shopping oder in den Sozialen Medien durchaus Potenzial für die Erschließung neuer Käufergruppen haben. Cyber- und Social-Media-Schutz stoßen bei jeweils 30 Prozent der Zielgruppe auf spontanes Gefallen, Shopping-Schutz bei 25 Prozent.

Mit einer unbürokratischen Regulierung […] lässt sich in besonderem Maße Begeisterung stiften.

Verbraucher wünschen sich Kulanz

Wenn es um die Schadenregulierung einer Gegenstandsversicherung geht, wünschen sich die Verbraucher Kulanz: Mit einer unbürokratischen Regulierung ohne umfangreiche Prüfung bei erstmaliger Schadenmeldung lässt sich in besonderem Maße Begeisterung stiften.

Vom Produkt selbst wünscht sich die Zielgruppe einen möglichst umfassenden Versicherungsschutz sowie Beitragsgarantien/-stabilität.

Worauf ist speziell bei der Vermarktung von Embedded Insurance-Produkten zu achten? Viel Wert legen die Verbraucher auf eine (möglichst neutrale) Darstellung von Vor- und Nachteilen sowie die Möglichkeit, die Versicherung auch noch wenige Wochen später beim Händler abschließen zu können. Gute Testurteile können das Vertrauen stärken.

Gegenstandversicherungen können eine Herzensangelegenheit sein.

Herzensangelegenheit einzeln versichert

Fazit: Sowohl die Hausratversicherung als auch Embedded-Insurance-Angebote und Gegenstandsversicherungen haben ihre Berechtigung. Sie bedienen essenzielle Kundenwünsche und sind als komplementäre Produkte anzusehen.

Embedded Insurance und Gegenstandversicherungen können eine Herzensangelegenheit sein. Besonders wertvolle Anschaffungen sind separat versicherbar, so auch zum Beispiel E-Bikes für 10.000 Euro oder mehr. Die Kunden können so das für sie persönlich Wichtige (einzeln) absichern – also alles, was Ihnen besonders materiell und emotional „am Herzen liegt“.

Daneben bietet die klassische Hausratversicherung weiterhin die Möglichkeit, im Bündel eine Grundabsicherung für „alles Weitere“ vorzunehmen.

Theodor Waber, Geschäftsführer der Waber Consulting GmbH, und Dr. Torsten Melles, Geschäftsführer der Nordlight Research GmbH

Lesetipp: Extrablatt „Hausratversicherungen – Absichern, was lieb und teuer ist“
Cover Extrablatt (Bild: VersicherungsJournal)

Die Versicherungssparte ist auch das Thema im VersicherungsJournal-Extrablatt 1|2025 mit dem Titel „Hausratversicherungen – Absichern, was lieb und teuer ist“.

Das neue Extrablatt kann als Druckausgabe bis zum 20. März über dieses Formular bestellt werden. Das Heft ist im Inlandsbezug kostenfrei. Wer das Extrablatt bereits abonniert hat, bekommt auch diese Ausgabe automatisch Ende März zugesandt.

Ab dem 31. März steht das Extrablatt als E-Paper im Internet zum Herunterladen zur Verfügung.

Premium-Abonnementen des VersicherungsJournals werden bevorzugt bedient und können rund eine Woche früher auf die neue Ausgabe im PDF-Format zugreifen.

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