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Kein Unfall-Schutz: Wenn sich Versicherte in Widersprüche verstricken

15.9.2025 – Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem aktuellen Beschluss die Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) zurückgewiesen. Die Richter der Vorinstanz hatten die Klage eines Versicherungsnehmers abgewiesen, der nach einer Sturzverletzung Geld forderte. Doch der Unfallversicherer berief sich auf den Risikoausschluss, der für Geistes- und Bewusstseinsstörungen gilt.

In dem aktuellen Verfahren ging es um die Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. November 2024 (15 O 100/23), die das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) in einem Beschluss vom 23. Mai 2025 (11 U 199/24) zurückgewiesen hat. Denn die Berufung habe offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg und der Rechtssache komme auch keine grundsätzliche Bedeutung zu.

„Das Landgericht hat die Klage zu Recht vollumfänglich abgewiesen“, bestätigen die OLG-Richter die Entscheidung der Vorinstanz. Die vom Versicherten angemeldete Forderung sei unbegründet: „Der Kläger hat aus dem streitgegenständlichen Unfallversicherungsvertrag keinen Anspruch auf die geltend gemachte Invaliditätsleistung.“

Geistes- und Bewusstseinsstörung ausgeschlossen

Geklagt hatte ein Versicherter, der sich bei einem Sturz ein Handgelenk verletzt hatte. Hierbei handelt es sich um einen bedingungsgemäßen Unfall, wenn „ein plötzlich von außen auf den Körper wirkendes Ereignis eine unfreiwillige Gesundheitsschädigung nach sich zieht“, verweist das OLG auf die sogenannte Pauke-Regel.

Weiter heißt es in § 178 VVG, dass die Unfreiwilligkeit des Unfalls bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird. Dies stellte der Unfallversicherer, bei dem der spätere Kläger nach dem Unfall Invaliditätsleistungen beantragte, auch nicht infrage.

Allerdings lehnte der Versicherer den Antrag ab, weil der Unfall auf eine Geistes- und Bewusstseinsstörung zurückzuführen sei, für die im Versicherungsvertrag ein Risikoausschluss gilt. Denn der Kunde hatte in seiner Online-Schadenanzeige vom 3. Januar 2022 geschildert, dass ihm vor dem Sturz „schwarz vor Augen“ wurde.

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Versicherer weist auf Risikoausschluss hin

Rund drei Wochen später gab der Versicherte in einem anderen Schadenformular an, dass ihm vielmehr erst infolge des Sturzes „schwarz vor Augen“ geworden sei. Hingefallen sei er demnach bereits zuvor aufgrund einer Unebenheit oder Verunreinigung des Bodens.

In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger am 16. Oktober 2024 dann an, über einen Bordstein gestolpert zu sein. Er könne sich infolge des Sturzes selbst gar nicht mehr genau an den Hergang erinnern und orientiere sich an den Schilderungen eines Arbeitskollegen, der Zeuge des Unfalls gewesen sei.

Sowohl die Richter der ersten als auch der zweiten Instanz bewerteten diese Aussage des Geschädigten als wenig nachvollziehbar. Der vermeintlich übersehene Bordstein sei zuvor nie erwähnt worden, sondern erst nachdem der Versicherer seinen Kunden auf den Risikoausschluss hingewiesen hatte.

Aussagen unzureichend und widersprüchlich

Das OLG gibt dem Kläger zwar teilweise Recht. Der Versicherer trägt die Darlegungs- und Beweislast, wenn er sich auf eine Geistes- und Bewusstseinsstörung im Sinne der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 2020) des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. beruft.

Allerdings habe der Versicherungsnehmer „Informationen aus seiner Sphäre zu liefern, die die Umgebung des Unfallortes und die Umstände betreffen, die Rückschlüsse auf die Ursache des Unfalles zulassen“. Das gilt mit Blick auf die genauen Umstände, die der Versicherer nicht kennen kann.

Vor allem, wenn der Versicherungsnehmer in seiner Schadensanzeige zunächst selbst eine Bewusstseinsstörung angibt, müsse er nachvollziehbar erklären, warum er im Nachhinein hiervon wieder abrückt. Laut dem OLG waren die Aussagen des Klägers stattdessen unzureichend und widersprüchlich.

Mitwirkungspflicht oder sekundäre Beweislast

„Liegen eindeutige Widersprüche bei der Unfallursache vor, kann dies auch zum Nachteil für den Versicherungsnehmer werden“, lautet das Fazit von Jens Reichow, Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB.

„Durch den Beschluss des OLG Brandenburg wird verdeutlicht, dass die Beweislast zwar beim Versicherer liegen kann, dies jedoch nicht die Mitwirkungspflichten oder eine sekundäre Beweislast des Versicherungsnehmers ausschließt“, stellt der Rechtsanwalt klar.

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Versicherungsvertragsgesetz
 
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