Erbrecht: Das gilt für Stief- und Patchworkfamilien

8.9.2025 – Das gesetzliche Erbrecht stellt Patchworkfamilien vor besondere Herausforderungen. Fehlt eine klare Nachlassregelung zu Lebzeiten – etwa durch Testament oder Erbvertrag –, drohen Stiefkindern oder Lebenspartnern finanzielle Nachteile, die dem eigentlichen Willen des Erblassers oft widersprechen. Doch auch wenn eine solche Regelung besteht, bleiben Patchworkfamilien gegenüber klassischen Familien bei der Erbschaftsteuer häufig benachteiligt.

Von einer Stief- oder Patchworkfamilie spricht man, wenn ein Partner mindestens ein Kind aus einer früheren Beziehung in die neue Lebensgemeinschaft einbringt. Zur genauen Zahl solcher Familien gibt es keine amtliche Statistik. Die letzte umfassende Untersuchung „Monitor Familienforschung“ des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend stammte aus dem Jahr 2013.

Demnach waren damals rund sieben bis zehn Prozent der Familien in Deutschland Patchwork- und Stieffamilien. Inzwischen dürfte der Anteil deutlich höher sein – neuere Schätzungen von Experten gehen inzwischen von rund 15 Prozent aus.

Patchworkfamilien sind im deutschen Erbrecht jedoch nicht den klassischen Familien gleichgestellt, bei denen das Paar verheiratet ist und beide Ehepartner die leiblichen Eltern der Kinder sind. Denn gemäß dem gesetzlichen Erbrecht (VersicherungsJournal 2.9.2025) nach §§ 1922 und folgende BGB sind nur der Ehepartner, leibliche und adoptierte Kinder sowie sonstige Blutsverwandte erbberechtigt.

Wann der Lebenspartner nicht erbberechtigt ist

Verstirbt bei einer klassischen Familie, also einem Ehepaar mit leiblichen Kindern, ein Ehepartner, erbt der andere Ehegatte – sofern der gesetzliche Güterstand, also die Zugewinngemeinschaft, bestanden hat – die Hälfte seines Nachlasses. Die andere Hälfte wird unter den leiblichen Kindern aufgeteilt.

Verstirbt ein Lebenspartner in einer Patchworkfamilie, kann das gesetzliche Erbrecht dazu führen, dass der nicht mit dem Erblasser verheiratete Partner und ein nicht adoptiertes Stiefkind keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Nachlassanteil haben, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt. Zwar gibt es Möglichkeiten, durch ein Testament oder einen Erbvertrag einen anderen Erben oder auch einen anderen Erbanteil für den Erben als laut BGB vorgesehen zu bestimmen.

Allerdings bleiben die Pflichtteilsrechte (1.9.2025) bestimmter Angehöriger wie leiblicher Kinder nach § 2303 BGB bestehen. Somit können auch unverheiratete Partner und/oder Stiefkinder als Erben eingesetzt werden, müssen jedoch dem Pflichtteilsberechtigten, sofern dieser einen Anspruch stellt, den Pflichtteil auszahlen.

Der Pflichtteil ist ein nicht unerheblicher finanzieller Ausgleich, den der Erbe an den Pflichtteilsberechtigten zu zahlen hat. Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbes als auszuzahlender Geldwert. Eine komplette Enterbung wäre nur bei Erbunwürdigkeit gemäß § 2339 BGB oder eine Entziehung des Pflichtteils nur aus Gründen nach § 2333 BGB möglich.

WERBUNG

Nicht verheiratet – ein Partner hat ein Kind aus einer anderen Beziehung

Ist ein Paar nicht miteinander verheiratet, geht der hinterbliebene Lebensgefährte beim Ableben seines Partners nach der gesetzlichen Erbfolge leer aus. Und selbst wenn er testamentarisch vom Erblasser bedacht wurde, haben die leiblichen Kinder oder die Eltern des Verstorbenen einen Anspruch auf einen Pflichtteil, wie folgende Beispiele zeigen:

Beispiel 1: Stirbt ein kinderloser Mann, der mit einer Partnerin (und ihren Kindern, die nicht seine leiblichen Kinder sind) zusammenlebt, ohne mit ihr verheiratet zu sein, würde seine Lebenspartnerin und deren Kinder bei seinem Ableben ohne Testament leer ausgehen. In dem Fall greift die gesetzliche Erbfolge: Es würden die Eltern, die Geschwister oder deren Nachkommen, also zum Beispiel die Nichten und Neffen des Erblassers, den kompletten Nachlass erben.

Hätte der Mann in einem Testament die Lebensgefährtin als Alleinerbin eingesetzt, würde den Eltern immer noch ein Pflichtteil zustehen. In dem Fall wäre es die Hälfte des gesamten Nachlasses als auszuzahlender Geldwert.

Beispiel 2: Hätte ein Mann, der mit seiner Lebensgefährtin nicht verheiratet ist, ein leibliches Kind aus einer früheren Beziehung, so erbt bei seinem Tod ausschließlich sein leibliches Kind. Die Lebensgefährtin (und eventuell deren Kinder, die nicht seine leiblichen Kinder sind) erhalten ohne Testament nichts. Doch auch wenn in einem Testament die Lebensgefährtin als Alleinerbe eingesetzt ist, steht dem leiblichen Kind ein Pflichtteil zu – die Hälfte des gesetzlichen Erbes als Geldwert.

Verheiratet: Die Familie besteht aus mindestens einem Stiefkind

Besondere Konstellationen ergeben sich auch dann, wenn bei einem Ehepaar nur einer ein Kind hat und der andere kinderlos ist. Stirbt der kinderlose Ehepartner und hat er das Kind des anderen nicht adoptiert, sieht die gesetzliche Erbfolge vor, dass der überlebende Ehegatte in der Zugewinngemeinschaft drei Viertel des Nachlasses erhält.

Das verbleibende Viertel entfällt jedoch auf die Eltern und Geschwister (oder deren Nachkommen) des Erblassers oder, sollten diese nicht mehr leben, auf die Großeltern des Verstorbenen. Hätte er in einem Testament die Lebensgefährtin als Alleinerbe eingesetzt, stünde seinen Eltern immer noch ein Pflichtteil zu – also ein Achtel des gesetzlichen Erbes als Geldwert.

Nur wenn die Blutsverwandten der 1. und 2. Ordnung (§§ 1924 bis 1935 BGB) sowie auch die Großeltern des Erblassers nicht mehr leben, fällt der gesamte Nachlass an den Ehepartner. Das Stiefkind des Verstorbenen ist nicht erbberechtigt. Erst eine Adoption gemäß §§ 1741 bis 1772 BGB führt dazu, dass ein Stiefkind nach § 1754 BGB dieselben Rechte wie ein leibliches Kind hat und damit auch erb- und pflichtteilsberechtigt ist.

Wichtig: Auch eine bloße Namensänderung des Kindes – auch Einbenennung (nach § 1617e BGB) genannt – auf den Nachnamen des Ehepartners, der nicht das biologische Elternteil ist, reicht nicht aus, damit das Stiefkind einem leiblichen oder adoptierten Kind erbrechtlich gleichgestellt wird.

Erbschaftssteuer: Unterschied, ob Ehepaar oder unverheiratetes Paar …

Von besonderer Bedeutung beim Erbrecht zwischen Ehepaar und unverheiratetem Paar sind die steuerlichen Freibeträge, die im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz geregelt sind. Generell wird von den Erben nach den Vorgaben des ErbStG nach Überschreiten der jeweils geltenden Freibeträge eine Steuer verlangt (VersicherungsJournal 29. Juli 2024). Ehepartner haben aktuell einen Freibetrag gemäß § 16 ErbStG in der Erbschaftsteuer von 500.000 Euro.

Zusätzlich kann noch ein Versorgungsfreibetrag laut § 17 ErbStG von bis zu 256.000 Euro hinzukommen. Dieser reduziert sich jedoch um den Kapitalwert einer gesetzlichen Witwen- oder Witwerrente, wenn der Hinterbliebene einen entsprechenden Rentenanspruch hat. Ferner ist nach § 13 ErbStG für Ehepartner der Hausrat bis 41.000 Euro und bestimmte bewegliche Gegenstände wie Schmuck, Uhren, Kraftfahrzeuge oder Musikinstrumente bis 12.000 Euro steuerfrei.

Nicht verheiratete Partner zählen laut ErbStG hingegen wie übrige Personen, beispielsweise Freunde und Bekannte – ihr Freibetrag beträgt nur 20.000 Euro. Einen Versorgungsfreibetrag erhalten sie nicht. Für den Hausrat und bestimmte bewegliche Gegenstände wird zudem nur ein Freibetrag von insgesamt 12.000 Euro eingeräumt. Auf den über alle Freibeträge hinausgehenden Nachlassanteil wird eine Erbschaftsteuer erhoben.

Freibeträge für Erbfälle und Schenkungen seit dem 1. Januar 2010

Verwandtschaftsgrad

Freibetrag in Euro

Ehegatten

500.000

Kinder, Adoptivkinder und Stiefkinder beziehungsweise deren Kinder, falls erstere bereits verstorben sind

400.000

Enkelkinder

200.000

Eltern und Großeltern bei Erbschaften

100.000

Eltern und Großeltern bei Schenkungen

20.000

Geschwister, Neffen und Nichten, Stiefeltern, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, geschiedene Ehegatten

20.000

Sonstige Personen, wie Freunde, Bekannte, unverheiratete Partner

20.000

Die Berechnung der Erbschaftsteuer erfolgt auf Basis eines Steuersatzes, der sich am familiären oder verwandtschaftlichen Verhältnis nach § 15 ErbStG zwischen dem Erben und dem Erblasser und am Vermögenswert des geerbten Nachlasses orientiert (29. Juli 2024). Für einen Ehepartner beträgt dieser zwischen sieben und 27 Prozent und ist damit deutlich niedriger als für einen nicht verheirateten Lebensgefährten – hier sind es zwischen 30 und 50 Prozent.

Höhe der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Vermögenswert des steuerpflichtigen Erbes oder der Schenkung bis einschließlich in Euro

Prozentsatz für Personen der Steuerklasse 1, also zum Beispiel für Ehepaare, Kinder, Enkelkinder und bei Erbschaften für Eltern und Großeltern

Prozentsatz für Personen der Steuerklasse 2, also zum Beispiel Geschwister, Nichten, Neffen, Schwiegerkinder und bei Schenkungen für Eltern und Großeltern

Prozentsatz für Personen der Steuerklasse 3, also zum Beispiel für unverheiratete Paare, Freunde, sonstige Verwandte wie Onkel oder Tanten

75.000

7

15

30

300.000

11

20

30

600.000

15

25

30

6 Millionen

19

30

30

13 Millionen

23

35

50

26 Millionen

27

40

50

Über 26 Millionen

30

43

50

… kein Unterschied zwischen leiblichen Kindern und Stiefkinder

Eine etwas andere Regelung für Kinder und Stiefkinder als in der gesetzlichen Erbfolge gilt beim Steuerrecht. Bei der Erbschaftsteuer sind Stiefkinder und deren Kinder den leiblichen oder adoptierten Kindern und deren Kindern gleichgesetzt. Für leibliche und adoptierte Kinder sowie für Stiefkinder gilt ein Freibetrag von 400.000 Euro. Sollten diese Kinder nicht mehr leben, gilt der genannte Freibetrag auch für deren Nachkommen, also die Enkel- und Urenkelkinder des Erblassers.

Zusätzlich werden Versorgungsfreibeträge nach § 17 ErbStG für leibliche sowie adoptierte Kinder und Stiefkinder – abhängig vom Alter – in Höhe von bis zu 52.000 Euro gewährt. Wie bei den Ehepartnern ist auch bei den genannten Kindern der Hausrat bis 41.000 Euro und bestimmte bewegliche Sachen bis 12.000 Euro von der Erbschaftsteuer befreit.

Leben die leiblichen oder adoptierten Kinder oder die Stiefkinder noch, und erhalten deren Kinder ein Erbe, zum Beispiel aufgrund eines Testaments, zugesprochen, liegt der Freibetrag für diese Enkelkinder des Erblassers bei 200.000 Euro. Die Steuersätze der leiblichen sowie adoptierten Kinder und der Stiefkinder sowie deren Kindeskinder sind die gleichen wie bei einem Ehepartner.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Erbschaftssteuer · Risiko-Lebensversicherung · Senioren · Steuern
 
WERBUNG
WERBUNG
Werben im Extrablatt

Mit einer Anzeige im Extrablatt erreichen Sie mehr als 12.500 Menschen im Versicherungsvertrieb, überwiegend ungebundene Vermittler. Über die Konditionen informieren die Mediadaten.

Ihr Wissen und Ihre Meinung sind gefragt

Ihre Leserbriefe können für andere Leser eine wesentliche Ergänzung zu unserer Berichterstattung sein. Bitte schreiben Sie Ihre Kommentare unter den Artikel in das dafür vorgesehene Eingabefeld.

Die Redaktion freut sich auch über Hintergrund- und Insiderinformationen, wenn sie nicht zur Veröffentlichung unter dem Namen des Informanten bestimmt ist. Wir sichern unseren Lesern absolute Vertraulichkeit zu. Schreiben Sie bitte an redaktion@versicherungsjournal.de.

Allgemeine Pressemitteilungen erbitten wir an meldungen@versicherungsjournal.de.

WERBUNG
Noch erfolgreicher Kundengespräche führen

Geraten Sie in Verkaufssituationen immer wieder an Grenzen?
Wie Sie unterschiedliche Persönlichkeitstypen zielgerichtet ansprechen, erfahren Sie im Praktikerhandbuch „Vertriebsgötter“.

Interessiert? Dann können Sie das Buch ab sofort zum vergünstigten Schnäppchenpreis unter diesem Link bestellen.

Diese Artikel könnten Sie noch interessieren
12.6.2025 – Aufgrund ihrer Steuervorteile kann eine Fondspolice im Vergleich mit einem direkten Investment die bessere Wahl sein. Aber geht diese Rechnung auch dann noch auf, wenn man einen ETF-Sparplan oder eine Nettopolice wählt und einen Auszahlplan bis 85 mit einer Leibrente kombiniert? (Bild: IVFP) mehr ...
 
10.6.2025 – Fondsgebundene Versicherungen stehen häufig wegen ihrer Abschlusskosten in der Kritik. Im Vergleich zu Direktinvestments in Fonds bieten sie aber steuerliche Vorteile. Ein Blick auf die Details zeigt, in welchen Fällen die Produktalternativen die bessere Wahl sind. (Bild: IVFP) mehr ...
 
29.9.2020 – Für einige Berufsgruppen wird es in der Risiko-Lebensversicherung und in der Berufsunfähigkeits-Versicherung wieder günstiger. Der Volkswohl Bund, die Bayerische und die Basler haben die Berufsklassen neu strukturiert. Neuigkeiten gibt es auch von der VPV. (Bild: Pixabay CC0) mehr ...
 
19.5.2020 – Auch die letzte Erhöhung war für viele Versicherte nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Vielfach kommt es auf die Art der Leistung und das Geschlecht an. Das zeigt die aktuelle Rentenbestandsstatistik. (Bild: Zwick) mehr ...
 
27.10.2017 – Die Ideal führt im Rechtsschutz Tarifzonen ein. Damit will der Versicherer regional wettbewerbsfähiger werden. Auch die Allianz hat ihr Rechtsschutzangebot überarbeitet. Neues gibt es auch bei Hausrat und Haftpflicht. (Bild: Pixabay CC0) mehr ...
 
6.2.2015 – Die Produktentwickler der Lebensversicherer arbeiten derzeit auf Hochtouren und kommen mit neuen Produkten oder Verbesserungen für bestehende Tarife auf den Markt, wie ein Überblick des VersicherungsJournals zeigt. mehr ...
 
9.9.2014 – Die zur Continentale gehörenden Versicherer legten im Geschäftsjahr 2013 bei den Beitragseinnahmen stark zu, vor allem in der Kfz-Versicherung. Bei einigen Kennzahlen wird aber auch ein spürbarer Rückgang vermeldet. mehr ...
WERBUNG