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Rentenfaktor: Weiteres Gericht hält Kürzungsklausel der Allianz für unzulässig

9.5.2025 – Nach dem Oberlandesgericht Stuttgart hat nun auch das Berliner Landgericht eine Klausel in fondsgebundenen Rentenversicherungsverträgen der Allianz, die den ursprünglich vereinbarten Rentenfaktor herabsetzt, für unwirksam erklärt. Die Kanzlei, die das Verfahren führte, geht davon aus, dass bundesweit zehntausende Verträge von ähnlichen Klauseln betroffen sind. Die Münchener haben derweil gegen das Stuttgarter Urteil Revision eingelegt.

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 30. April (4 O 177/23) entschieden, dass die Allianz Lebensversicherungs-AG den in der privaten Rentenversicherung vertraglich zugesicherten Rentenfaktor nicht einseitig zum Nachteil ihrer Kunden herabsetzen darf. Dies berichtet die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, die das Verfahren führte, auf ihrer Homepage.

In dem Rechtsstreit ging es um eine fondsgebundene Riester-Rentenversicherung, bei der Allianz den ursprünglich vereinbarten Rentenfaktor von 41,05 Euro pro 10.000 Euro Vertragsguthaben im Nachhinein gesenkt hatte. Das Gericht erklärte den Angaben zufolge die streitgegenständliche Anpassungsklausel für unwirksam.

Laut Gericht unzumutbare Benachteiligung des Versicherungsnehmers

Die Klausel sei unzulässig, weil sie keine Rückanpassung für den Fall sich bessernder Rechnungsgrundlagen vorsehe. Dies stelle eine einseitige Benachteiligung von Verbrauchern dar. Auch räume das Klauselwerk dem Versicherungsnehmer keine hinreichende Möglichkeit ein, die Rentenkürzung durch zusätzliche Einzahlungen wenigstens teilweise zu kompensieren.

Ferner versuche die Allianz laut Gericht, so die auf Verbraucher- und Verwaltungsrecht spezialisierte Kanzlei, eigene Interessen zulasten der Kunden durchzusetzen. „Als unangemessen wird eine Klausel beurteilt, mit der der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht“, wird die Instanz zitiert.

Der zugesicherte Rentenfaktor sei keine variable Rechengröße, sondern ein wesentliches Leistungsversprechen, heißt es. Das Landgericht schreibe in seinem Urteil: „Der Versicherungsnehmer darf sich auf die Bezifferbarkeit der garantierten Mindestrente verlassen.“

Berliner Gericht folgt Urteil des OLG Stuttgart

Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer sieht in der Entscheidung „ein weiteres richtungsweisendes Urteil im Kampf gegen rechtswidrige Rentenkürzungen“ und spricht von einer „bundesweiten Signalwirkung“. In seiner Begründung folge das Landgericht ausdrücklich dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart (OLG Stuttgart) vom 30. Januar (2 U 143/23) (VersicherungsJournal 31.1.2025).

In dem damaligen Rechtsstreit setzte sich die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (VZ BW) gegen die Allianz durch. Das OLG Stuttgart entschied, dass eine Klausel in Verträgen über eine fondsgebundene Riester-Rente, die zwischen Juni und November 2006 verwendet wurde, unwirksam ist.

Diese Klausel sehe eine Reduzierung der Rente bei nachhaltig abgesunkener Rendite der Kapitalanlagen vor, aber keine entsprechende Rückanpassung bei verbesserten Verhältnissen, lautete die Begründung. Zudem kritisierte das Gericht, dass betroffenen Verbrauchern keine realistische Möglichkeit zur Kompensation durch Zuzahlungen eingeräumt werde.

Der zugesagte Rentenfaktor ist kein Spielball wirtschaftlicher Entwicklungen.

Kanzlei Dr. Stoll & Sauer

Zehntausende Verträge von ähnlichen Klauseln betroffen

Das LG Berlin übernehme diese Argumentation nun nahezu vollständig und bestätige damit, „dass die gängige Klauselpraxis vieler Versicherer rechtswidrig ist“, so die Kanzlei. Mit der Bezugnahme auf das OLG Stuttgart unterstreiche das Berliner Gericht die bundesweite Tragweite der Rechtslage und sendet ein deutliches Signal an die Branche.

„Versicherer wie die Allianz können sich nicht einfach einseitige Anpassungsrechte in die Verträge schreiben und hoffen, dass niemand klagt. Der zugesagte Rentenfaktor ist kein Spielball wirtschaftlicher Entwicklungen – er ist ein Versprechen an den Kunden“, heißt es. Man gehe davon aus, dass zehntausende Verträge von ähnlichen Klauseln betroffen seien.

Die [...] angegriffene Regelung stellt eine ausgewogene Regelung dar, die sämtliche Interessen berücksichtigt.

Allianz Lebensversicherung

Allianz Leben hat beim BGH Revision eingelegt

„Das Landgericht Berlin ist in einem Einzelfall dem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart gefolgt“, äußert sich ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage gegenüber dem VersicherungsJournal. „Das Urteil des OLG Stuttgart wie auch dasjenige des LG Berlin sind nicht rechtskräftig. Allianz Leben hat die Entscheidungsgründe des OLG Stuttgart sorgfältig geprüft und beim Bundesgerichtshof das Rechtsmittel der Revision eingelegt“, berichtet er.

Bei sämtlichen Produktgestaltungen habe die Allianz die rechtlichen Rahmenbedingungen sehr sorgfältig geprüft. Die von der Verbraucherzentrale angegriffene Regelung stelle eine ausgewogene Regelung dar, die sämtliche Interessen berücksichtige, einschließlich der Interessen der Versicherten. Unter bestimmten Voraussetzungen sei nach einer Anpassung des Rentenfaktors auch eine Wiederanhebung des Rentenfaktors möglich.

„Grundsätzlich gilt: Eine Anpassung des Rentenfaktors zur Berechnung der Rente greift nicht in Garantiezusagen von Allianz Leben ein. Allianz Leben steht zu allen vertraglichen Zusagen und Garantien“, so der Sprecher.

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Bundesgerichtshof · Deckungskapital · Lebensversicherung · Rente · Rentenfaktor · Riester · Verbraucherschutz · Zinsen
 
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