12.8.2025 – Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin, das durch hohe Abschreibungen und intransparente Investments in die Schlagzeilen geriet, will im vierten Quartal 2025 seinen Geschäftsbericht für 2024 vorlegen – und dann auch wieder die Mitglieder über ihre Rentenanwartschaften informieren. Das bestätigte ein Sprecher auf Nachfrage.
Das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Berlin (VZB) steckt in finanziellen Schwierigkeiten – und das könnte für seine rund 10.000 Mitglieder spürbare Folgen haben. In einem Schreiben warnte die Einrichtung vergangene Woche, Einschnitte bei Rentenansprüchen und höhere Beiträge seien nicht ausgeschlossen (VersicherungsJournal 7.8.2025).
Derzeit verschickt das VZB keine Rentenanwartschaftsmitteilungen. Die Berliner Zahnärzte wissen somit nicht, wie es um ihre bislang erworbenen Ansprüche steht. Auch der Geschäftsbericht für 2024 liegt noch nicht vor – denn drei Kanzleien wurden beauftragt, die gehaltenen Geldanlagen neu zu bewerten und gegebenenfalls zu korrigieren (25.7.2025).
Doch wann werden die Untersuchungen abgeschlossen sein, so dass Mitglieder und Öffentlichkeit Klarheit über die finanzielle Lage erhalten? Das VZB rechnet damit, den ausstehenden Geschäftsbericht für 2024 „voraussichtlich im Laufe des vierten Quartals 2025“ vorlegen zu können, teilte ein Sprecher dem VersicherungsJournal auf Nachfrage mit.
Zugleich bestätigte der Sprecher Informationen, die bisher vor allem intern gegenüber Mitgliedern kommuniziert wurden. Demnach teilt er mit:
„Das VZB befindet sich in einer ernsten finanziellen Lage. Statt einer soliden Anlagestrategie erfolgten in den letzten Jahren nach derzeitigem Stand aus unserer Sicht
Der Grund, weshalb die Mitglieder derzeit nicht über ihre Rentenansprüche informiert werden, sei, dass sich der neue Verwaltungsausschuss zunächst selbst ein Bild von der Lage machen und auf Basis fachmännischer Bewertungen entscheiden wolle. Der Sprecher erklärte dazu:
„Wir arbeiten mit Hochdruck an einer vollständigen und zugleich realistischen Übersicht über die Beteiligungen und unterziehen jede Anlage einer unabhängigen externen Prüfung. Bevor diese Überprüfung nicht abgeschlossen ist, sind belastbare Aussagen zu den Verlusten und den Auswirkungen für unsere Mitglieder nicht möglich.“
Demnach werde auch der routinemäßige Versand der Rentenanwartschaftsmitteilungen ausgesetzt, bis der Jahresabschluss 2024 vorliege. „Dieser kann erst nach Fertigstellung der derzeit laufenden externen Prüfung der Kapitalanlagen erfolgen. Damit stellen wir sicher, unseren Mitgliedern eine verlässliche und inhaltlich belastbare Information zur Verfügung zu stellen“, so der VZB-Sprecher.
Welche Kanzleien konkret mit der Prüfung der gehaltenen Geldanlagen beauftragt wurden, teilte das VZB auf Nachfrage nicht mit. Das sei aufgrund von Vertraulichkeitsvereinbarungen derzeit nicht möglich.
Konkrete Beispiele für problematische Investments nannte der Sprecher nicht. Laut F.A.Z. Business Media GmbH gehörte dazu auf Basis eines Zwischenberichts – der dem VersicherungsJournal nicht vorliegt – unter anderem die EV Digital Invest AG, eine auf Immobilien spezialisierte Crowdfunding-Plattform.
Das Unternehmen stellte am 4. Juli 2025 beim Amtsgericht Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.
Ebenfalls investiert wurde dem Bericht zufolge in ein Luxushotel auf Ibiza und in das Recycling-Start-up Rplanet Earth. Allein bei diesen beiden Projekten seien Abschreibungen von insgesamt mehr als 200 Millionen Euro zu erwarten. Darüber hinaus schrumpften laut Zeitungsbericht die Buchwerte von drei Hotels in einem Luxemburger Fonds von 294,1 auf 205,3 Millionen Euro.
Nachdem das Versorgungswerk bereits in den Jahren 2022 und 2023 knapp 110 Millionen Euro auf seine Investments abschreiben musste, kam es zu personellen Veränderungen. Ralf Wohltmann, seit Anfang der 2000er-Jahre für die Kapitalanlage verantwortlich, wurde im März freigestellt und der Verwaltungsausschuss neu besetzt.
Seitdem bemühen sich der neue Vorsitzende Thomas Schieritz und sein Stellvertreter Alexander Klutke um Aufarbeitung und mehr Transparenz. Drohte das Versorgungswerk Medien zuvor noch mit rechtlichen Schritten, wenn sie alarmistisch über die finanzielle Lage berichteten, räumen die neuen Vorstände inzwischen Versäumnisse und Probleme offen ein.
Das bedeutet auch, mögliche Compliance- und Satzungsverstöße früherer Entscheidungsträger strafrechtlich zu verfolgen. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft bestätigte am Mittwoch dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), dass sie im Fall des Versorgungswerks strafrechtliche Ermittlungen führe.
Das VZB verordnet sich nach eigenen Angaben einen „grundlegenden Kurswechsel“. Künftig sollen regulatorische Vorgaben konsequent eingehalten, die Kapitalanlagetätigkeit professionalisiert und die Anlagen breit diversifiziert werden. Hierfür prüfe man auch eine Satzungsänderung, um Anlageexperten mit spezieller Fachkompetenz direkt in den Entscheidungsprozess einzubinden.
Zwar besteht für das VZB kein existenzbedrohendes Risiko, da Versorgungswerke zum Beispiel durch höhere Beiträge und Einschnitte bei den Anwartschaften finanzielle Engpässe abfedern können (19.3.2025). Doch genau diese Belastungen drohen nun den Mitgliedern, wie das Versorgungswerk bereits mehrfach intern kommuniziert hat.
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