14.2.2025 – Versicherer haben hohe Erwartung an die Politik. Weiterhin befindet sich die Lebensversicherung in einer Schwächephase. In der Krankenversicherung sieht die Lage dem GDV zufolge rosiger aus. Alarmiert zeigt sich der Verband wegen einer drohenden Cyberpandemie. (Bild: Schmidt-Kasparek)
Die vorgezogene Bundestagswahl bewertet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) als Chance, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland in den Mittelpunkt gerückt wird. „Wir gehen von einer Koalitionsregierung der demokratischen Mitte aus“, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.
Die Versicherer würden seit mehreren Jahren einen deutlichen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland beobachten. Asmussen: „Wir hoffen durch die neue Regierung, aber auch mit der neuen EU-Kommission wieder auf eine Wachstumspur in Deutschland und Europa zu kommen.“
Die Ambitionen der Parteien im aktuellen Bundestagswahlkampf, das Rentensystem tatsächlich zu reformieren, sei gering. „Niemand wollte wohl die Wahlberechtigten, die älter als 55 Jahre sind, und das sind die Hälfte aller Wahlberechtigten, verprellen“, so Asmussen.
Der GDV fordert weiterhin Reformen, die die Lasten der Überalterung der Bevölkerung „klug“ auf alle drei Säulen der Altersvorsorge verteilen. „Das sollte eine hohe Priorität für jede neue Bundesregierung haben“, sagte der GDV-Lobbyist.
Bei der geförderten Altersvorsorge sollten die Garantien moderat auf 80 Prozent der Beitragseinzahlung abgesenkt werden. Und zwar sowohl in der Anspar- als auch in der Rentenphase. Damit wäre eine 40 Prozent höhere Rente möglich.
Asmussen: „Wir können lebenslang eine sichere Altersvorsorge anbieten und damit renditestark sein.“ Zudem müsse die betriebliche Altersversorgung (bAV) breiter werden. Der GDV will, dass Geringverdiener mehr gefördert werden und die Unternehmen immer das Recht erhalten ihre Mitarbeiter in eine Betriebsrente einzubeziehen, auch wenn kein Tarifvertrag besteht.
In der Lebensversicherung dürften die Beitragseinnahmen in diesem Jahr laut einer GDV-Prognose nur um 1,3 (im Vorjahr: 2,6) Prozent auf knapp 96 (94) Milliarden Euro zulegen (VersicherungsJournal 25.1.2024). Maßgeblicher Treiber ist das Einmalbeitragsgeschäft mit einem Plus von 4,8 (zehn) Prozent.
Demgegenüber gehen die laufenden Beiträge 2025 um 0,3 (minus 0,2) Prozent zurück. „Der gestiegene Höchstrechnungszins gibt Schwung. Wir können dies aber schwer quantifizieren“, erläuterte Asmussen. Die laufenden Beiträge würden seit einigen Jahren unter der Demografie leiden. „Es laufen mehr Verträge aus als wir durch Neuverträge hinzugewinnen können“, so Asmussen.
Nach Einschätzung von GDV-Präsident Norbert Rollinger spielt zudem der Höchstrechnungszins durch einen neuen Produktmix, der stärker auf Fondspolicen fokussiert, eine geringere Rolle am Markt. „Wir merken aber gerade, dass sich die Zinsen wieder ermäßigen und sich das Einmalbeitragsgeschäft erholt“, erläuterte Rollinger.
Die hohe Steigerung im Vorjahr von zehn Prozent sei vor allem durch einen milliardenschweren Vertrag zur betrieblichen Altersvorsorge beeinflusst worden. Die Einmalbeiträge wären in den letzten drei Jahren überproportional zurückgegangen, weil die Banken wieder eigene Zinsangebote machen konnten. Nun gebe es wieder eine Normalisierung für die Versicherungsbranche.
Für die private Krankenversicherung (PKV) prognostiziert der Gesamtverband ein Beitragsplus von 7,5 Prozent auf 56 Milliarden Euro im laufenden Jahr. 2024 verzeichneten die privaten Krankenversicherer Beiträge in Höhe von knapp 52 Milliarden Euro, ein Zuwachs von 6,3 Prozent.
Die Durchdringung von Extra-Elementarschutz liegt bei Wohngebäuden nun bei 54 Prozent mit großen Unterschieden je nach Bundesland. Viele Unternehmen würden im Neugeschäft ein opt-out praktizieren. Hier gäbe es im Neugeschäft Elementarabschlussquoten von über 80 Prozent.
Sowohl bei Elementarschäden als auch bei Cyberschäden möchte der GDV mit der Politik Modelle entwickeln, um Spitzenschäden abzusichern. „Wir können ein Mehrfaches der Ahrtalschäden privatwirtschaftlich tragen, bevor der Staat eingreifen muss“, erläuterte Asmussen.
Ganz deutlich warnte GDV-Präsident Rollinger vor eine Cyberpandemie. Die hybride Kriegsführung von Staaten wie Russland und China könnte dazu führen, dass viele Unternehmen und Verwaltungen durch einen Cyberangriff lahmgelegt würden.
Derzeit wären zwei Drittel der 3,5 Millionen Unternehmen in Deutschland so schlecht gegen Cyberkriminalität geschützt, dass sie „kaum versicherbar sind.“ Schon ein koordinierter Angriff auf wenige 100 Unternehmen könnte Lieferketten unterbrechen und massive wirtschaftliche Schäden verursachen.
Eine Cyberpandemie würde zu schwerwiegenden Dominoeffekten auch auf kritische Infrastrukturen führen. Die Versicherer halten sich bereits stark mit Abschlüssen zurück. Während 2023 die Beiträge noch um 25 Prozent wuchsen, rechnet der GDV für 2024 nur noch mit einem einstelligen Wachstum.
Der GDV fordert klare Strukturen beim Cyberschutz in Deutschland. Heute würden sich rund 250 öffentliche Institutionen um Cybersicherheit kümmern. „Doch keine ist konkret für die Wirtschaft verantwortlich“, kritisierte Rollinger. Er forderte eine zentrale Stelle. Sie soll helfen Krisen früh zu erkennen und schnell zu reagieren.
Rollinger: „Eine Cyberpandemie kann die Versicherungswirtschaft nicht allein tragen.“ Daher müsse hier ein Schutzmodell mit dem Staat erarbeitet werden, das im Ernstfall die Volkswirtschaft effektiv schützen kann.
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