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Vermittlern droht die „Entreicherung“

15.9.2023 – Die Vermittlerverbände sind sich nicht einig, wie das Reformpapier der EU-Kleinanlegerstrategie interpretiert werden muss. Gleichzeitig wird in einer Studie behauptet, dass Kunden durch den Provisionsvertrieb massiv Geld verlieren würden.

Derzeit bekämpfen die Vermittlerverbände den Reformentwurf der EU-Kleinanlegerstrategie (Retail investment strategy – RIS).

Hier kommt ein vom AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. in Auftrag gegebenes Gutachten von Professor Dr. Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt-Universität zu Berlin zum Schluss, dass der RIS-Reformentwurf ein Provisionsverbot für Versicherungsmakler bei der Vermittlung von Lebensversicherungen statuiert.

Neues Gutachten sieht RIS positiv

Andreas Vollmer (Bild: Schmidt-Kasparek)
Andreas Vollmer (Bild: Schmidt-Kasparek)

„Das ist nicht richtig“, sagte Andreas Vollmer, Vizepräsident des Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK) am Donnerstag am Rande der MCC-Konferenz Insurance Today and Tomorrow 2023.

Ein bei Professor Dr. Christoph Brömmelmeyer von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) vom BVK in Auftrag gegebenes Gutachten käme zu einem ganz anderen Schluss. Danach würde sich durch die RIS sogar das Angebot für Versicherungsmakler erweitern.

Sie könnten nun gegenüber den Kunden angeben, ob sie auf Provisionsbasis arbeiteten und deshalb „nicht unabhängig“ wären oder auf Honorarbasis beraten, also keine Provision von einem Versicherer erhalten würden.

„Die Kritik des AfW und ein Vorstoß in Brüssel könnte kontraproduktiv sein“, warnte Vollmer. Möglicherweise würde die EU-Kommission dann nochmals klarer formulieren. „Dann kommt wohlmöglich wieder ein Provisionsverbot für alle auf den Tisch“, so Vollmer.

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BVK warnt vor Strukturvertrieben und Bafin vor Exzessen

Axel Kleinlein (Bild: Schmidt-Kasparek)
Axel Kleinlein (Bild: Schmidt-Kasparek)

Nach Meinung des als Mathconcepts Kleinlein auftretenden Beraters Axel Kleinlein hat die EU-Kommission längst entschieden, dass Provisionsberatung immer zu einem Interessenkonflikt führen würde. Daher liege des Provisionsverbot weiterhin in der Schublade.

In seinem Vortrag stellte Kleinlein am Beispiel einer Basis-Rente vor, dass selbst bei eingerechneten Überschüssen die EZB-Zielrendite von zwei Prozent erst im Alter von über 104 Jahren erreicht sei. „Auch unter Einbezug der Verrentung ist ein Kundennutzen vermutlich nicht nachweisbar“, so Kleinlein.

Nach Feststellung des ehemaligen Chefs des Bundes der Versicherten e.V. (BdV) gäbe es sehr viele solcher Produkte. Das bestritt hingegen BVK-Mann Vollmer. Es gebe noch immer Exzesse in der Branche, die würden aber auf sogenannte Strukturvertriebe entfallen. Daher sei man sich mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (Bafin) einig, dass diese Unternehmen ihre Vergütung ändern müssten.

Auch der scheidende Bafin-Aufseher Dr. Frank Grund mahnte die Branche, solche Exzesse einzustellen. Mit einem vorauseilenden deutlichen Wohlverhalten würde sie bessere Argumente gegen die EU-Kommission haben.

Provisionsvertrieb: Haushalte verlieren 6.000 Euro pro Jahr

Steffen Sebastian (Bild: Schmidt-Kasparek)
Steffen Sebastian (Bild: Schmidt-Kasparek)

Ein Provisionsverbot bei der Vermittlung von Versicherungen und Finanzanlagen lohne sich für Verbraucher, wurde auf der Veranstaltung dargelegt.

„Nach unseren Berechnungen würde sich Deutschland ohne Provisionsvertrieb jedes Jahr um 100 Milliarden Euro besserstellen.

Das sind 6.000 Euro pro Haushalt“, sagte Professor Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der Universität Regensburg. Die Kunden würden eine höhere Rendite von 1,8 Prozent pro Jahr mehr für ihre Finanzanlagen erzielen.

Verglichen wurde die Entwicklung der Haushaltsvermögen mit und ohne Provisionsverbot.

Erfahrungen aus den Nachbarländern

Als positiver Maßstab gilt die wirtschaftliche Vermögensentwicklung in den Staaten Finnland, Norwegen, Vereinigtes Königreich, Niederlande, Australien und Dänemark. In diesen Ländern gilt seit Jahren ein Provisionsverbot für Vermittler.

Ermittelt wurde in der Studie „Die Auswirkungen von Provisionsverboten auf das Vermögen der Haushalte: Erkenntnisse aus OECD-Ländern", dass in Staaten ohne Provisionsvertrieb die Haushalte zu 3,3 Prozent mehr in Aktien, zu 1,9 Prozent mehr in Fonds und zu 4,6 Prozent mehr in Pensionsfonds investierten.

Gleichzeitig ging die Sparquote über Sparbücher und Girokonten um 2,6 Prozent zurück und in Lebensversicherungen wurden 2,1 Prozent weniger investiert. „Das ist keine disruptive Veränderung der Kapitalallokation“, stellte Sebastian fest.

Ist Provision oder Honorar besser?

Daher könne es nur aus den Kosten kommen. Da es in allen Staaten ohne Provisionsvertrieb noch Berater gebe, auch wenn sie sich oft neu organisiert hätten, würde das Verbot zu einer „Entreicherung“ der Vermittler führen.

In der Diskussion wurde aber deutlich, dass die Untersuchung nicht feststellen kann, ob eine Provisionsberatung qualitativ besser oder schlechter als eine Honorarberatung ist. „Das spielt auch keine Rolle mehr“, so Sebastian. Es komme nur auf das Ergebnis an und das sei eindeutig.

Außerdem habe man festgestellt, dass die Sparrate in den Staaten mit Verbot im Vergleich zu anderen Staaten nicht runtergehen würde. Sebastian: „Und die Armen werden auch nicht ärmer“. Insgesamt ließ der Wissenschaftler ein etwas ratloses Auditorium zurück. Die Studie dürfte Wasser auf die Mühlen der Provisionskritiker und Verbraucherschützer sein.

Leserbriefe zum Artikel:

Hans-Jürgen Kaschak - Der Berater betreibt bereits seit Jahrzehnten Hoffnungsgeschäft. mehr ...

+Franz-Josef Kaul - Es entsteht eine Lose-lose-Situation. mehr ...

Peter Schramm - So errechnet sich der Verlust für die Haushalte. mehr ...

Prof. Heinrich Bockholt - Friedensangebot in der Diskussion um das Provisionsverbot . mehr ...

 
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