Rote Karte für sportlichen Teslafahrer

12.4.2024 – Den Fahrer eines knapp 2,20 Meter breiten Pkw, der auf einer nur fünf Meter breiten Straße eine Fahrzeugkolonne überholt, treffen besondere Sorgfaltspflichten. Er haftet daher gegebenenfalls allein, wenn es zu einer Streifkollision mit einem der vorausfahrenden Fahrzeuge kommt. Das gilt selbst dann, wenn dieses zum Zeitpunkt des Unfalls nicht äußerst rechts gefahren ist – so das Landgericht Ellwangen in einem Urteil vom 20. März 2024 (1 S 70/23).

Der Halter eines knapp 2,20 Meter breiten Tesla-Elektrofahrzeugs war auf einer fünf Meter breiten, kurvenreichen und hügeligen Kreisstraße ohne Mittellinie und befestigten Randstreifen unterwegs.

Dort überholte er mit einer Geschwindigkeit von fast 100 Kilometern pro Stunde eine Fahrzeugkolonne. Dabei kam es zu einer Streifkollision mit dem an der Spitze der Kolonne fahrenden Pkw.

Gegenseitige Schuldvorwürfe der Unfallgegner

Der Kolonnenführer behauptete, dass es zu dem Unfall nur deswegen gekommen sei, weil ihn der Fahrer des Tesla ohne ausreichenden Sicherheitsabstand überholt habe. Dagegen warft im der Überholer vor, mit seinem Pkw unerwartet ein wenig nach links gedriftet zu sein. Die Kollision sei für ihn daher nicht zu verhindern gewesen.

Im Übrigen würde ein E-Tesla ähnliche Beschleunigungswerte aufweisen, wie ein Formel-1-Fahrzeug. Der Überholvorgang sei für ihn daher ohne jegliche Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer möglich gewesen.

Diese Argumentation folgten das von ihm angerufene Amtsgericht Langenburg das Ellwanger Landgericht nicht. Die Richter beider Instanzen hielten seine Klage für unbegründet.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts war der Überholvorgang des Tesla-Fahrers zwar nicht unzulässig. Angesichts der örtlichen Verhältnisse hätte ein sogenannter Idealfahrer jedoch auf den Überholvorgang verzichtet.

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Riskantes Überholmanöver geht auf eigenes Risiko

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Fahrzeug des Klägers mit Spiegeln knapp 2,20 Meter breit ist, hätte ihm zwingend einleuchten müssen, dass ein Überholen an gleich drei Personenkraftwagen mit knapp 95 km/h trotz seiner extremen Beschleunigungsfähigkeit allenfalls möglich sein würde, wenn alle überholten Fahrzeugführer am äußersten rechten Rand der Fahrbahn fahren und mit der nötigen Aufmerksamkeit ihre Fahrlinie exakt einhalten würden, so das Gericht.

Darauf habe der Kläger angesichts des welligen und kurvigen Verlaufs der nur fünf Meter breiten Fahrbahn jedoch nicht vertrauen dürfen.

Denn das Rechtsfahrgebot gebiete es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, dass kein Sicherheitsabstand zur rechten Fahrbahnbegrenzung eingehalten werden dürfe. Das gelte in den entschiedenen Fall insbesondere wegen des fehlenden Randstreifens.

Das Überholmanöver des Klägers sei folglich als äußerst riskant einzustufen. Er hafte daher allein für die Folgen des daraus resultierenden Unfalls. Die Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig.

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Bundesgerichtshof · Pkw
 
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