Pkw und Wohnwagengespann kollidieren auf enger Straße – wer haftet?

7.5.2025 – Auch ohne eigenes Verschulden der Fahrerin an einem Unfall kann die Breite eines Fahrzeugs dazu führen, dass sich die Halterin eine höhere Betriebsgefahr zurechnen lassen muss. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Mönchengladbach.

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Eine Frau war mit einem Wohnwagengespann auf einer zwischen 4,81 und etwas über fünf Meter breiten Landstraße unterwegs. Dort stieß sie mit ihrem mit Außenspiegeln 2,63 Meter breiten Gespann mit einem entgegenkommenden 2,11 Meter breiten Pkw zusammen. Beide Fahrzeuge wurden dabei beschädigt.

Ein Gutachten konnte nicht eindeutig klären, wer den Unfall verursacht hatte. Zwar kamen die Sachverständigen zu dem Schluss, dass der Zusammenstoß hätte vermieden werden können, wenn beide Fahrer vorsichtiger gewesen wären – ein konkretes Fehlverhalten ließ sich jedoch niemandem nachweisen.

Auffällig war aber: Das Wohnwagengespann ragte mit dem Außenspiegel mindestens zehn Zentimeter auf die Gegenfahrbahn – genau der Abstand, mit dem sich beide Fahrzeuge letztlich berührt hatten. Laut Gutachten wäre es bei zwei Pkw mit normaler Breite vermutlich nicht zum Unfall gekommen.

Wohnwagengespann muss sich höhere Betriebsgefahr anrechnen lassen

Kann nach einem Unfall nicht zweifelsfrei aufgeklärt werden, welcher der Beteiligten Schuld hat, so wird nach gängiger Rechtsprechung die Betriebsgefahr der Fahrzeuge jeweils gleich hoch angesetzt. Umstände, die eine höhere Betriebsgefahr rechtfertigen, muss der Unfallgegner erst nachweisen.

Das Amtsgericht Erkelenz hatte entsprechend die Betriebsgefahr noch hälftig auf beide Fahrzeuge verteilt. Doch diese Einschätzung korrigierte das Landgericht Mönchengladbach mit Urteil vom 18. März 2025 (5 S 44/24). Demnach ist dem Wohnwagengespann gemäß § 17 StVG eine höhere Betriebsgefahr von zwei Dritteln zuzurechnen.

Höhere Betriebsgefahr war kausal für den Unfall

In einem Praxisreport für den Informationsdienst Juris GmbH betont Dr. Michael Nagel, Fachanwalt für Verkehrs- und Versicherungsrecht, dass eine theoretisch erhöhte Betriebsgefahr eines Fahrzeugs nicht automatisch zu einer höheren Mithaftung führt. Entscheidend sei, dass sich diese Gefahr auch tatsächlich schadensursächlich ausgewirkt habe.

Im konkreten Fall habe sich die erhöhte Betriebsgefahr aber tatsächlich realisiert, da bei einem deutlich kleineren Pkw anstelle des Wohnwagens die Fahrzeuge gar nicht miteinander kollidiert wären. Die Überbreite des Gespanns habe im Verhältnis zu gängigen Pkw-Modellen mehr als 40 Zentimeter betragen, wie im Sachverständigengutachten festgehalten sei.

Damit war es eine wesentliche Unfallursache, dass der Wohnwagen leicht in die Gegenfahrbahn hineinragte. „Die Betriebsgefahr eines solchen auf die Mitnutzung der Gegenfahrbahnseite angewiesenen Gespann ist als höher zu veranschlagen als die eines üblichen Pkws.

Diese Überbreite hat sich vorliegend aufgrund des Kollisionsgeschehens auch ausgewirkt“, heißt es hierzu im Urteilstext.

Klägerin muss letztendlich mehr zahlen

Für die Halterin des Wohnwagens war das Urteil doppelt bitter. Ihre Klage wurde abgewiesen, sie trägt 80 Prozent der Prozesskosten – und laut Berufungsurteil hätte sie einen höheren Anteil am Unfallschaden übernehmen müssen. Jetzt muss sie 600 Euro plus Zinsen zurückzahlen – bei einem Streitwert von nur 1.000 Euro.

Eine Revision wurde nicht zugelassen, da der Fall laut Gericht keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch keine besonderen rechtlichen Fragen aufwirft, die geklärt werden müssten.

Lesetipp: „Unfälle und Regelverstöße: Wie Richter über Verkehrssünder urteilen“
Cover Dossier (Bild: VersicherungsJournal)

Wer haftet nach einem Unfall? Wie werden dabei Fahrfehler, Technikprobleme am Fahrzeug oder Drogenkonsum des Fahrers gewertet? Welche Parksünden können als Straftat gewertet werden? Wann können Richter von einem Fahrverbot absehen – und wann ist eine solche Ermessensentscheidung rechtlich ausgeschlossen?

Diese und andere Fragen beantwortet das neueste Dossier des VersicherungsJournals. Es gibt unter anderem einen fundierten Überblick über relevante Urteile im Verkehrsrecht – von Tempoverstößen bis Fahrerassistenzsystemen.

Anhand zahlreicher Praxisfälle zeigt die 54-seitige Publikation, wie Gerichte komplexe Unfallhergänge bewerten, welche Rechtsfolgen drohen und inwieweit Regelverstöße eine negative Auswirkung auf den Kfz-Versicherungsschutz haben können. Diverse weitere Themen rund um das Verkehrsrecht wie das Fahreignungsregister, häufige Verkehrsverstöße oder rechtliche Entwicklungen hinsichtlich von Fahrerassistenzsystemen werden verständlich aufbereitet.

Weitere Informationen und eine Bestellmöglichkeit finden sich unter diesem Link. Die Publikation steht Premium-Abonnenten des VersicherungsJournals zur persönlichen Nutzung kostenlos zur Verfügung.

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Pkw · Senioren · Zinsen
 
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