8.10.2025 – Welche Preisentwicklung beobachten Huk-Coburg, Allianz, LVM und VHV im Kfz-Segment – und wie könnte sich das auf die Wechselsaison 2025/26 auswirken? (Bild: Pixabay, CC0)
Die Kfz-Versicherer müssen immer höhere Werkstattkosten erstatten. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) meldete Anfang Oktober, dass sich die durchschnittlichen Stundensätze für Reparaturarbeiten auch 2024 um acht Prozent erhöht haben – sie liegen aktuell bei 220 Euro (VersicherungsJournal 2.10.2025).
Neben den Arbeitskosten treiben auch die stark gestiegenen Preise für Autoersatzteile die Ausgaben weiter nach oben. Hinzu kommt: Mit Kameras und Sensoren müssen selbst bei kleineren Schäden zunehmend hochwertige Bauteile ersetzt werden. Das verteuert Reparaturen deutlich.
„Ein durchschnittlicher Pkw-Sachschaden kostete 2024 in der Kfz-Haftpflicht rund 4.250 Euro – das sind sieben Prozent mehr als im Vorjahr und fast 60 Prozent mehr als 2017, als der Durchschnittswert noch bei etwa 2.700 Euro lag“, berichtet GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.
Was bedeuten die steigenden Werkstattkosten konkret für die deutschen Autoversicherer – und wie reagieren sie darauf? Müssen sich Autohalter in der Wechselsaison 2025/26 erneut auf steigende Kfz-Prämien einstellen? Um das zu klären, hat das VersicherungsJournal vier große Autoversicherer befragt.
Die Huk-Coburg-Gruppe ist mit der Huk-Coburg-Allgemeine Versicherung AG und der Huk24 AG der nach Stückzahl größte deutsche Autoversicherer: 14 Millionen Fahrzeuge versichern die Franken nach eigenen Angaben.
„Wir beobachten in der Kfz-Versicherung weiterhin eine anhaltend hohe Schadeninflation – insbesondere bei Ersatzteilen und Werkstattrechnungen. Die aktuellen Auswertungen des GDV können wir in vollem Umfang nachvollziehen“, teilt ein Sprecher des Konzerns mit.
Besonders deutlich würden sich die Preissteigerungen bei Original-Ersatzteilen zeigen, berichtet der Sprecher. Aufgrund der Monopolstellung der Automobilhersteller seien die Kosten in den vergangenen Jahren immens gestiegen:
„Auch wenn die außergewöhnlich hohen Anstiege der Jahre 2022 und 2023 von jeweils rund zehn Prozent inzwischen etwas abgeflacht sind, liegen die Erhöhungen 2024 und 2025 immer noch ein Vielfaches über der allgemeinen Verbraucherpreisinflation. Diese Entwicklung ist für Endverbraucher kaum nachvollziehbar.“
Bei den Stundenverrechnungssätzen (SVS) sei zudem eine klare Unterscheidung zwischen markengebundenen und freien Werkstätten erforderlich, berichtet der Huk-Sprecher weiter.
Während die Stundensätze in Markenbetrieben zuletzt um rund acht Prozent gestiegen seien und mittlerweile meist zwischen 200 und 300 Euro lägen – bei E-Fahrzeugen teils deutlich darüber –, würden freie Werkstätten meist für weniger als 200 Euro pro Stunde arbeiten. „Diese Unterschiede zeigen, wie groß der Einfluss der Preisgestaltung der Hersteller auf die Schadenkosten ist“, so der Sprecher.
Um den steigenden Werkstattkosten entgegenzuwirken, setzt die Huk-Coburg auf ein eigenes Partnernetzwerk.
„Schon vor über 20 Jahren haben wir damit begonnen, steigenden Werkstattpreisen der Hersteller durch Kooperationen mit freien, hochqualifizierten Partnerbetrieben entgegenzuwirken. Unser Werkstattnetz umfasst inzwischen mehr als 1.700 Partnerwerkstätten in ganz Deutschland“, berichtet der Sprecher.
Wer sich für die Werkstattbindung in der Kaskoversicherung entscheide, profitiere von einem um rund 20 Prozent reduzierten Beitragssatz. „Die Mehrheit unserer Kaskokunden nutzt dieses Angebot bereits – Tendenz weiter steigend.“
Neben den hauseigenen Telematiktarifen, die das vorsichtige Fahren mit Prämienrabatten belohnen, verweist der Huk-Sprecher auf die derzeit gültige Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung (EU) 2023/822. Sie erlaube es, Ersatzteile in Originalqualität zu verwenden, auch wenn sie nicht direkt vom Autohersteller stammen – was den Wettbewerb im Ersatzteilmarkt stärke.
„Dieser Wettbewerb kann langfristig helfen, die Preisentwicklung bei Ersatzteilen zu bremsen – zum Vorteil der Verbraucherinnen und Verbraucher“, so der Huk-Sprecher.
Auf die Frage, mit welcher Beitragsentwicklung die Huk in der kommenden Wechselsaison 2025/26 rechnet und ob Prämienerhöhungen im Bestand zu erwarten sind, antwortet der Sprecher zurückhaltend:
„Die Reparaturkosten haben sich – anders als von uns erhofft – leider nicht der allgemeinen Inflation angenähert und liegen mit sieben bis acht Prozent weiterhin etwa dreimal so hoch wie die Teuerung der Verbraucherpreise. Solange wir mit den stark steigenden Werkstattkosten konfrontiert sind, müssen wir uns mit Beitragsanpassungen auseinandersetzen.
Dabei werden wir, wie in der Vergangenheit, die Beitragssteigerungen jedoch auf das unbedingt Nötige beschränken und unseren Kunden weiterhin sehr günstigen Versicherungsschutz bieten“, so der Sprecher. Die Huk-Coburg verfolgt seit vielen Jahren eine auf niedrige Prämien ausgerichtete Strategie – und hat dafür in der Vergangenheit auch versicherungstechnische Verluste in Kauf genommen (28.8.2025).
Rund neun Millionen Fahrzeuge hat die Allianz-Gruppe derzeit versichert – damit ist sie Deutschlands zweitgrößter Kfz-Versicherer. Im Interview beantwortet Dirk Steingröver, Vorstand Privat & Automotive der Allianz Versicherungs-AG, unsere Fragen.
„Wir sehen derzeit immer noch einen deutlichen Anstieg der Kosten für Ersatzteile und Reparaturen, die den Schadenaufwand deutlich in die Höhe treiben.
Zudem behalten Schäden durch Sturm, Hagel und ähnliche Ereignisse weiterhin eine hohe Relevanz. Dies wirkt sich sowohl im Neu- wie auch im Bestandsgeschäft aus und wird auch in den kommenden Jahren einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung haben“, berichtet Steingröver.
Die Allianz kooperiert, ähnlich wie die Huk, mit einem umfangreichen Netz von Partnerwerkstätten, um die Kosten im Schadenfall zu senken, berichtet Steingröver. Kunden, die sich für den Baustein „WerkstattBonus“ entscheiden, erhalten bei Kaskotarifen ebenfalls einen Prämienrabatt von 20 Prozent.
„Auch Kundinnen und Kunden ohne WerkstattBonus bieten wir bei Schadenmeldung stets die Reparatur in einer unserer Partnerwerkstätten an – die freie Werkstattwahl bleibt selbstverständlich bestehen“, so Steingröver.
„Zusätzlich setzen wir vermehrt darauf, beschädigte Fahrzeugteile zu reparieren, anstatt sie komplett zu tauschen, oder bieten, sofern verfügbar, auch gebrauchte Ersatzteile an“, ergänzt der Schadenexperte. Über den Telematik-Tarif BonusDrive können Kunden zudem – abhängig vom Fahrverhalten – bis zu 30 Prozent Prämie einsparen.
Der LVM Landwirtschaftliche Versicherungsverein Münster a.G. ist laut einer Auswertung der V.E.R.S. Leipzig GmbH (8.1.2025) mit mehr als sieben Millionen versicherten Fahrzeugen derzeit Deutschlands drittgrößter Autoversicherer nach Stückzahl. Auch die LVM bestätigt den anhaltenden Anstieg der Kosten.
„Schadeninflation bleibt ein zentrales Thema. Die Kosten für Ersatzteile und Werkstattleistungen steigen weiterhin deutlich und entkoppeln sich zunehmend von der allgemeinen Inflation. Ein Beispiel: Der durchschnittliche Preis für einen Scheinwerfer ist seit 2020 um rund 48 Prozent gestiegen“, berichtet ein Sprecher. Auch bei den Stundenverrechnungssätzen beobachte man ähnliche Kostenanstiege wie der GDV.
Zur Stabilisierung der Schadenkosten setze der Versicherer auf eine langfristige Strategie, wozu ebenfalls Kooperationen mit Partnerwerkstätten gehören – dort würden die Kosten im Durchschnitt deutlich unter jenen von Werkstätten außerhalb des Netzwerkes liegen.
Die LVM verweist darauf, dass der GDV nach den hohen Verlusten in den Jahren 2022 bis 2024 für das kommende Jahr erstmals wieder leicht positive versicherungstechnische Ergebnisse für die Branche erwarte. „Diese Entwicklung wird nach unserer Einschätzung stark durch ein außergewöhnlich schadensarmes Elementarschadenjahr begünstigt“, so der Sprecher.
„Die Branche steht darum weiterhin vor der großen Herausforderung, stark gestiegene Schadenkosten – etwa durch höhere Werkstattstundensätze und Ersatzteilpreise – in der Beitragskalkulation zu berücksichtigen. Daher ist nach unserer Einschätzung auch zum Jahreswechsel 2025/2026 weiterhin mit marktweiten Beitragsanpassungen im Bestand zu rechnen.“
Die VHV Allgemeine Versicherung AG hatte im Jahr 2023 mehr als 6,2 Millionen Fahrzeuge im Bestand – und ist damit die Nummer vier auf dem Markt. Auch die Hannoveraner wollen zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage treffen, ob und wie sie zur Wechselsaison die Prämien anpassen. Ein Sprecher deutet aber branchenweite Beitragsanpassungen an:
„Die diesjährige Kfz-Wechselsaison wird erneut von anspruchsvollen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geprägt sein. Die Entwicklung der Schadenkosten bleibt angespannt und wird je nach Tarif, Schadenklasse und Regionalklasse für eine dynamische Preisentwicklung im Markt sorgen“, so der Sprecher.
Er hebt die Bedeutung digitaler Prozesse für niedrigere Kosten hervor. „Um dem Kostenanstieg entgegenzuwirken, betreiben wir ein aktives Schadenmanagement, in dem wir unter anderem die Schadenprozesse weiter konsequent digitalisieren, zum Beispiel durch das automatische Auslesen von Daten sowie digitale Begutachtungs- und Meldeprozesse.“
Darüber hinaus habe der Versicherer mit dem Produkt „Autostarter Starter 2.0“ soeben einen neuen Tarif eingeführt, der es Familien erleichtern soll, Fahranfänger und junge Autofahrer mitzuversichern. Auch die VHV biete zudem einen Telematiktarif an.
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