8.11.2024 – In der Kraftfahrtversicherung kam im vergangenen Jahr keiner der 50 größten Anbieter auf eine kombinierte Schaden-Kosten-Quote von unter 100 Prozent. Elf davon schnitten mit 110 Prozent oder höher ab. Die höchsten Werte standen mit je um die 130 Prozent für die BGV, die Nürnberger und die WGV zu Buche. Verbessern konnte sich nur das Vorjahresschlusslicht Allianz Direct. Dies zeigt der „Branchenmonitor 2024: Kraftfahrtversicherung“ von V.E.R.S. Leipzig.
Die Ertragslage für die deutschen Autoversicherer hat sich 2023 erneut verschlechtert. Während sich die Schadenzahl um über sieben Prozent auf über neun Millionen erhöht hat, haben die Versicherungsleistungen mit einem Sechstel in etwa doppelt so stark zugenommen. Mit erstmals über 30 Milliarden Euro wurde ein neuer Rekordwert erreicht.
Andererseits ist das Prämienvolumen im vergangenen Jahr nur um gut fünf Prozent auf rund 30,6 Milliarden Euro gewachsen. In der Folge ist die kombinierte Schaden-Kosten-Quote (nach Abwicklung; in Relation zu den verdienten Bruttobeiträgen) um zehn Prozentpunkte auf 111,3 Prozent gestiegen.
Nachdem die Branche nach acht profitablen Jahren 2022 erstmals wieder versicherungstechnisch in die Verlustzone gerutscht war, zeigt sich aktuell ein neues 16-Jahres-Hoch. Der Tiefststand im Jahr wurde (coronabedingt) zwei Jahre zuvor erreicht (VersicherungsJournal 20.12.2021).
Dies ist einerseits auf die erneut negative Entwicklung in der Fahrzeugversicherung (Voll- und Teilkasko) zurückzuführen. Hier standen den um 6,2 Prozent erhöhten Prämieneinnahmen (12,8 Milliarden Euro) um fast ein Viertel gestiegene Versicherungsleistungen (13,8 Milliarden Euro) gegenüber.
Das schraubte die Schadenquote und die Combined Ratio um jeweils 17 Prozentpunkte nach oben – auf neue Rekordwerte von 110,1 beziehungsweise 125,3 Prozent.
Im dominierenden Segment Kfz-Haftpflicht (rund 58 Prozent Anteil am Umsatz) erhöhte sich die Combined Ratio „nur“ von 96,5 auf 101,5 Prozent. Dabei stiegen die Einnahmen um unterdurchschnittliche 4,3 Prozent auf etwa 17,7 Milliarden Euro. Die Leistungen wuchsen um ein Zwölftel auf knapp 16,2 Milliarden Euro an. Die Schadenquote erhöhte sich von 96,5 auf 101,5 Prozent.
Dieses Bild spiegelt sich auch auf der Ebene der einzelnen Gesellschaften wider, wie der „Branchenmonitor 2024: Kraftfahrtversicherung“ zeigt. Die Studie wird jährlich von der V.E.R.S. Leipzig GmbH durchgeführt. Sie enthält Übersichten zu zahlreichen Kennzahlen der 50 größten Marktakteure in der Sparte, die auf rund 90 Prozent Marktanteil kommen.
In Kraftfahrt gesamt verminderte sich die Zahl der Anbieter mit versicherungstechnisch schwarzen Zahlen von 25 (7.12.2023) auf null. Zwei Jahre zuvor war es noch 38 Gesellschaften gelungen, schwarze Zahlen zu schreiben (12.12.2022).
Auf die mit Abstand höchste Quote (132,8 Prozent) kommt dabei die BGV-Versicherung AG. Knapp unter der Marke von 130 Prozent liegen die Nürnberger Allgemeine Versicherungs-AG und die WGV-Versicherung AG.
Combined Ratios zwischen 125 und 120 Prozent werden für den DEVK Deutsche Eisenbahn Versicherung Sach- und HUK-Versicherungsverein a.G., die Debeka Allgemeine Versicherung AG, die HDI Versicherung AG und die Allianz Direct Versicherungs-AG ausgewiesen. Letztgenannter Akteur hatte in den drei vorangegangenen Jahren den Branchenhöchstwert erreicht.
Bei fast allen vorgenannten Akteuren verschlechterten sich die Quoten deutlich (um mindestens 13 Prozentpunkte). Bei der WGV fiel die Steigerung mit fast 23 Prozentpunkten besonders hoch aus. Dem Unternehmen gelang ein Prämienplus von 7,1 Prozent auf 172,7 Millionen Euro. Demgegenüber stiegen die Schadenaufwendungen um über ein Drittel auf 195 Millionen Euro.
Im Geschäftsbericht 2023 (PDF, 2,2 MB) wird angemerkt, dass die Kfz-Versicherung insgesamt geprägt gewesen sei „von einer weiteren Normalisierung des Verkehrsaufkommens und der damit einhergehenden steigenden Anzahl an Verkehrsunfällen. Zusätzlich erhöhten erhebliche inflations- und nachfragegetriebene Preissteigerungen die Reparaturkosten erneut in wesentlichem Umfang“.
Als wesentlicher Aufwandstreiber für die um fast 25 Prozentpunkte erhöhte Combined Ratio im Segment Sonstige Kraftfahrt werden Elementarschäden genannt, die für fast drei Viertel des Anstiegs verantwortlich gewesen seien. Zusätzlich seien die Ersatzteilpreise und Reparaturkosten erneut deutlich gestiegen.
Von den unprofitabelsten Marktteilnehmern konnte nur die Allianz Direct ihre kombinierte Schaden-Kosten-Quote senken (minus fast zwölf Prozentpunkte auf 120 Prozent). Dies ging nur zu einem kleinen Teil auf die Schadenseite zurück.
Die Schadenquote sank nur um gut drei Prozentpunkte hauchdünn unter die Marke von 100 Prozent. Dabei erhöhte sich der Umsatz etwas stärker (plus 220 Prozent auf 420 Millionen Euro) als die Schadenaufwendungen (plus 208 Prozent auf knapp 418 Millionen Euro).
Die Betriebsaufwendungen erhöhten sich „nur“ um 127 Prozent auf knapp 85 Millionen. Die Betriebskostenquote sank um gut acht Prozentpunkte auf 20,3 Prozent. Laut Geschäftsbericht 2023 (PDF, 1,0 MB) resultiert diese Verbesserung „aus den Verwaltungskosten“.
„Bei gestiegenen absoluten Verwaltungsaufwendungen konnte der Verwaltungskostensatz mehr als halbiert werden, während der Abschlusskostensatz sowie die absoluten Abschlusskosten im Zuge des hohen Niveaus der Neustückeproduktion über dem Vorjahr lagen.“
Hintergrund für die massive Zunahme bei den Einnahmen und den Ausgaben war die Neuordnung des europäischen Direktversicherungsgeschäfts unter der Marke Allianz Direct. In diesem Rahmen „wurde im Geschäftsjahr 2023 der Direktbestand der Allianz Benelux S.A. auf die Allianz Direct Versicherungs-AG übertragen“, heißt es in dem Bericht.
„Des Weiteren ging das spanische Direktversicherungsgeschäft der Fénix Directo, Compañía de Seguros y Reaseguros, S.A. („Fénix Directo“) mit Sitz in Madrid, Spanien, durch Verschmelzung der bisherigen Tochtergesellschaft in der Allianz Direct Versicherungs-AG auf.“ Als weitere Sonderfaktoren werden unter anderem bilanzielle Wertanpassungen und Reserveerhöhungen genannt.
Bei einem Blick auf die Schadenquoten fällt auf, dass die Gesellschaften mit den höchsten Combined Ratios zum Teil deutlich überdurchschnittliche Werte ausweisen. Der Durchschnittswert der 50 in der Publikation aufgeführten Anbieter beträgt 94 Prozent. Halbwegs in der Nähe dieses Wertes liegt einzig der HDI mit 97,6 Prozent.
Die WGV sowie die BGV kommen sogar auf Schadenquoten von über 110 Prozent und belegen damit die Ränge 50 und 49. Etwas unter dieser Marke blieben der DEVK VVaG (Position 47) und die Nürnberger (Platz 46).
Bei allen genannten Anbietern, bis auf die Allianz Direct, hat sich der Wert teils massiv verschlechtert. Beim HDI „nur“ um acht Prozentpunkte, bei der BGV um 24 Prozentpunkte.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Betriebskostenquote, deren Schnitt mit 18,2 Prozent angegeben wird. Lediglich die WGV (Rang acht mit 12,1 Prozent) und der DEVK VVaG (Platz 14 mit 16,9 Prozent) agierten deutlich besser als der Markt.
Der höchste Wert wird mit 23,6 Prozent erneut für die Nürnberger ausgewiesen (Position 45). Direkt davor liegen mit jeweils knapp 23 Prozent die Debeka und der HDI. Bei der Debeka ging es besonders deutlich nach oben (plus 5,5 Prozentpunkte). Dabei nahmen die Betriebsaufwendungen um fast ein Drittel zu.
Laut Geschäftsbericht 2023 (PDF, 4,8 MB) resultiert dieser Anstieg „insbesondere aus der Geschäftsausweitung und ist vor allem auf höhere zusätzliche Abschlussaufwendungen infolge eines Vertriebswettbewerbs zurückzuführen“.
Der „Branchenmonitor 2024: Kraftfahrtversicherung“ enthält zahlreiche weitere Kennzahlen zum Versicherungszweig. Die Daten werden auf Sechsjahressicht dargestellt (2018 bis 2023). Die rund 200-seitige Studie kann als PDF-Version für brutto 1.487,50 Euro inklusive Mehrwertsteuer bei Maik Entrich per E-Mail oder per Telefon unter 0341 24659262 bestellt werden.
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