Die Lebensversicherer mit den höchsten Stornoquoten

20.11.2023 – Die Bestandsstornoquote bei Hauptversicherungen der deutschen Lebensversicherer ist 2022 von 2,59 Prozent auf einen neuen Tiefststand von 2,51 Prozent gesunken. Delta Direkt und WGV schnitten laut dem Map-Report 926 am besten ab, die Dortmunder und die Targo am schlechtesten. Am deutlichsten verbessert hat sich die Athora. Am stärksten verschlechterte sich die Nürnberger Beamten.

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Im vergangenen Jahr ist die Bestandsstornoquote bei Hauptversicherungen der deutschen Lebensversicherer (Rückkäufe und Umwandlungen in beitragsfreie Versicherungen zuzüglich sonstiger vorzeitiger Abgänge in Prozent des mittleren Vertragsbestandes des Geschäftsjahres) von 2,59 auf einen neuen Tiefststand von 2,51 Prozent gesunken.

Stornoquote

Bei der Stornoquote werden Rückkäufe und vorzeitige Abgänge in Beziehung zum mittleren Jahresbestand gesetzt. Diese Kennzahl ist für den Map-Report-Chefredakteur Reinhard Klages ein wichtiger Indikator für die Qualität eines Lebensversicherers. Dieser „misst, wie viele Verträge, in Prozent des Bestandes, vorzeitig gekündigt werden.“

Durch diese Quote werden junge, schnell wachsende Unternehmen laut Klages möglicherweise benachteiligt. Denn der Nenner sei klein, und in den ersten Jahren passierten viele Storni.

„Neben schlechter Beratung ist diese Kennzahl häufig auch ein Indiz für eine Strategie, die stark auf Finanzierungen oder Geldanlagen setzt. Ändern sich dann steuerliche Rahmenbedingungen oder fällt der Investitionszweck weg, wird schnell storniert“, erläutert der Map-Report-Chefredakteur.

Der vorzeitige Abgang von Verträgen hänge allerdings auch von externen Faktoren ab, die sich dem Einflussbereich des Versicherers entzögen – so beispielsweise von der wirtschaftlichen und persönlichen Situation des Versicherungsnehmers. In der Regel nehme die Stornohäufigkeit mit zunehmender Bestandszugehörigkeit ab, so Klages weiter.

Direkt auf die Unternehmensqualität schließen lässt die Stornoquote allerdings nicht. Dies hat der Diplom-Mathematiker und Aktuar (DAV) Peter Schramm vor einiger Zeit in einem Leserbrief im VersicherungsJournal dargelegt.

Der bis dahin niedrigste Wert in diesem Jahrtausend wurde zwei Jahre zuvor gemessen (VersicherungsJournal 23.11.2021). Dies ist dem Mitte November erschienenen Map-Report Nummer 931 – „Bilanzrating deutscher Lebensversicherer 2022“ (8.11.2023) zu entnehmen.

Damit hat sich die Quote im Vergleich zum Höchststand im Jahr 2004 um über 40 Prozent vermindert. Dabei ging es fast kontinuierlich nach unten – lediglich drei Mal hat sich die Stornoquote erhöht.

Bestandsstorno der Lebensversicherer 2000 bis 2022 (Bild: Wichert)

Keine signifikanten Auswirkungen durch Corona

Im Map-Report wird hervorgehoben: „Anders als vielfach befürchtet, hatte weder die Corona-Pandemie noch der Ukraine-Krieg bisher signifikante Auswirkungen auf die Stornoquoten. Nach steigenden Tendenzen im Jahr 2019 – also vor Covid, Krieg und Inflation – waren die Stornoentwicklungen in den einzelnen Sparten wie im Vorjahr wieder fast durchweg positiv.“

Einzige Ausnahme waren die Kapital-Lebensversicherungen, bei denen die Quote leicht auf 1,73 Prozent zunahm. In den Segmenten Risikoleben, Fondsgebundene, Kollektiv und Renten gab es jeweils leichte Verbesserungen.

Bestandsstorno der Lebensversicherer nach Sparten (Bild: Wichert)

Die Gesellschaften mit den höchsten Stornoquoten

Die 77 im Map-Report analysierten Lebensversicherungs-Gesellschaften weisen Stornoquoten zwischen 0,63 Prozent und 9,31 Prozent aus. Auf den höchsten Wert kommt die erst vor wenigen Jahren gegründete Dortmunder Lebensversicherung AG (30.6.2017) – mit einer leicht gesunkenen Quote.

Das Unternehmen ist mit einem Vertragsbestand von rund 27.700 (plus über ein Fünftel) und verdienten Bruttobeiträgen von 25,4 Millionen Euro (plus fast ein Siebtel) der jeweils zweitkleinste Marktteilnehmer.

Dahinter folgt die Targo Lebensversicherung AG, zwei Jahre zuvor noch das „Schlusslicht“ der Branche, mit einer erneut leicht gesunkenen Stornoquote von knapp 8,2 Prozent. Vergleichsweise hohe Werte zwischen sechs und fünf Prozent werden für die LPV Lebensversicherung AG (früher PB Lebensversicherung AG) (11.1.2023), die Neue Leben Lebensversicherung AG und die Nürnberger Beamten Lebensversicherung AG ausgewiesen.

Auf Stornoquote mit einer Vier vor dem Komma kommen die Credit Life AG, die Mylife Lebensversicherung AG, die Provinzial Rheinland Lebensversicherung AG und die Bayern-Versicherung Lebensversicherung AG.

Höchstes Bestandsstorno der Lebensversicherer (Bild: Wichert)

Sonderfaktoren bei der Mylife

Der vergleichsweise hohe Wert der Mylife, der sich allerdings in den Vorjahren von 7,4 über 6,6 und 5,5 auf 4,6 Prozent verminderte, wird laut Geschäftsbericht 2022 (PDF, 2,1 MB) „wesentlich beeinflusst vom auslaufenden Bestand des Geschäftszweigs der Restschuld-Versicherungen (28.4.2016).

Aus technischen Gründen endet der Restschuldvertrag bei einer Erhöhung der Darlehenssumme durch einen neuen Kreditvertrag automatisch und zählt als Storno. Es handelt sich hierbei also nicht um echte Kündigungen, sondern vielmehr um die Fortführung guter Kundenbeziehungen.

Mittelfristig wird sich die Stornoquote weiter verbessern, kurzfristig bleibt sie jedoch aufgrund des nur schrittweise auslaufenden Restschuldbestandes noch auf höherem Niveau.“ Die Stornoquote im Nettogeschäft wird in dem Bericht mit unverändert 2,0 Prozent angegeben.

Sieben Marktteilnehmer weisen Quoten zwischen drei und unter vier Prozent aus. 27 Anbieter liegen zwischen zwei und unter drei Prozent und 28 weitere zwischen einem und unter zwei Prozent.

Fünf Akteure mit unter einem Prozent

Vier Lebensversicherer blieben unter der Marke von einem Prozent. Die niedrigsten Werte werden mit jeweils um die 0,65 Prozent für die Delta Direkt Lebensversicherung AG und die WGV-Lebensversicherung AG ausgewiesen.

Stornoquoten von unter einem Prozent hatten neben der Run-off-Gesellschaft Entis Lebensversicherung AG auch die Europa Lebensversicherung AG und die Versicherer im Raum der Kirchen Lebensversicherung AG (VRK) zu verzeichnen.

Dahinter folgen mit Werten von jeweils knapp über einem Prozent die Bayerische Beamten Lebensversicherung a.G., die Ergo Lebensversicherung, die Hannoversche Lebensversicherung AG, die Victoria Lebensversicherung AG und die Athora Lebensversicherung AG.

Niedrigstes Bestandsstorno der Lebensversicherer (Bild: Wichert)

Auffällig ist, dass sich mit der Entis, der Bayerischen Beamten a.G., der Ergo, der Victoria und der Athora gleich fünf Run-off-Gesellschaften unter den Akteuren mit besonders niedrigen Stornoquoten befinden.

Athora mit der deutlichsten Senkung

Insgesamt schafften 43 der analysierten Lebensversicherer eine Verbesserung im Vergleich zu 2021. Die Stornoquote am stärksten gesenkt hat die Athora (minus 2,44 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent). 2021 war es noch um 2,1 Prozentpunkte auf 3,2 Prozent nach oben gegangen.

Im Geschäftsbericht 2022 (PDF, 1,2 MB) gibt das Unternehmen an, dass die Stornoquote – gemessen als vorzeitiger Abgang gegen laufenden Beitrag – von 2,91 auf 2,65 Prozent zurückgegangen sei.

Dort wird auch ausgeführt, dass sich der gesamte Abgang um etwa ein Drittel auf 14.558 Versicherungsverträge vermindert hat. Ein Blick in die Auflistung „Bewegungen des Versicherungsbestandes im Geschäftsjahr 2022“ zeigt, dass sich die Anzahl der Rückkäufe und Umwandlungen in beitragsfreie Versicherungen um etwa drei Viertel auf 1.803 reduziert hat.

Die Zahl der regulären Abläufe nahm vergleichsweise leicht um knapp acht Prozent auf 12.270 zu. Letztgenannter Posten bleibt damit der häufigste Abgangsgrund. Der Anteil erhöhte sich von etwa der Hälfte im Jahr zuvor auf zuletzt 84 Prozent. Der Anteil der Rückkäufe und Umwandlungen in beitragsfreie Versicherungen an den Abgängen insgesamt sank hingegen von einem knappen Drittel auf ein knappes Achtel.

Weitere Akteure mit den deutlichsten Verbesserungen

Ebenfalls deutliche Verminderungen schafften die Deutsche Lebensversicherungs-AG (DLVAG; minus 0,9 Prozentpunkte auf 2,4 Prozent) und die Süddeutsche Lebensversicherung a.G. (minus 0,7 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent).

Letztgenannter Anbieter ist mit einem Umsatz von 29,6 Millionen Euro (minus sieben Prozent) der drittkleinste der aufgelisteten Marktteilnehmer. Ein Policenbestand von 43.860 (minus 4,9 Prozent) bedeutet Rang 74.

Ihre Stornoquote um jeweils etwa einen halben Prozentpunkt senken konnten die drei Run-off-Gesellschaften Skandia Lebensversicherung AG, Proxalto Lebensversicherung AG und Heidelberger Lebensversicherung AG.

Die Gesellschaften mit deutlich gestiegenen Quoten

Andererseits hatte die Nürnberger Beamten (plus 1,8 Prozentpunkte auf fünf Prozent) den größten Anstieg der Stornoquote zu verzeichnen. Das nicht mehr im Neugeschäft aktive Unternehmen (17.6.2019, 18.6.2019) liegt mit 33 Millionen Euro an viertletzter Stelle im Ranking nach Umsatz. Beim Bestand reichte es mit knapp 36.900 Kontrakten nur für die drittletzte Position.

Vergleichsweise deutliche Anstiege zwischen 0,4 und 0,2 Prozentpunkten standen für die Barmenia Lebensversicherung a.G., die Ergo Vorsorge Lebensversicherung AG, die LVM Lebensversicherungs-AG und die Direkte Leben zu Buche.

Größte Veränderungen beim Bestandsstorno der Lebensversicherer (Bild: Wichert)

Die Branchenschwergewichte gehören bis auf die Bayern-Versicherung weder zu den Spitzenreitern noch zu den Schlusslichtern (20.11.2023).

Bezugshinweis

Der Map-Report Nummer 931 – „Bilanzrating deutscher Lebensversicherer 2022“ ist bei der Franke und Bornberg GmbH erschienen. Er enthält auf 198 Seiten neben den detaillierten Ratingergebnissen auch Übersichten zu insgesamt rund zwei Dutzend Bilanzkennzahlen (Geschäftsjahr 2022, zum Teil auch 2021) von bis zu 77 Anbietern.

Dazu gehört unter anderem auch die Abschlusskostenquote (13.11.2023, 13.11.2023). Darüber hinaus werden neben dem Storno auch detaillierte Daten zum Neugeschäft und zum Bestand (9.11.2023) geliefert. Das Heft ist als E-Paper ab 457,56 Euro netto über die Bestellseite von Franke und Bornberg erhältlich.

Leserbriefe zum Artikel:

+Volker Arians - Hohe Stornoquoten, aber die Bilanz scheint in Ordnung zu sein. mehr ...

Peter Schramm - Es geht wohl um Restschuldversicherungen zu Ratenkrediten. mehr ...

 
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