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Tarifkonflikt Innendienst – Verdi ruft zu bundesweitem Streik auf

17.6.2025 – Nach dem Scheitern der dritten Tarifrunde erhöht die Dienstleistungsgewerkschaft weiter den Druck auf die Arbeitgeber der Versicherungsbranche. Am 26. Juni soll bundesweit gestreikt werden – möglicherweise kurz vor einem neuen Verhandlungstermin zwischen den Tarifparteien.

Rund 183.000 Beschäftigte im Versicherungsinnendienst stehen seit Anfang März ohne gültigen Tarifvertrag da – die ersten drei Verhandlungsrunden für einen neuen Abschluss sind gescheitert (VersicherungsJournal 23.5.2025).

Die Fronten sind verhärtet. Die Ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft fordert zwölf Prozent mehr Lohn innerhalb eines Jahres, auch um Reallohnverluste durch die Inflation infolge des Ukrainekriegs auszugleichen. Dem entgegen bietet der Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen in Deutschland e.V. (AGV) nur 8,1 Prozent – verteilt auf 28 Monate.

Verdi mobilisiert erstmals für flächendeckenden Streik

Nach der ergebnislosen dritten Verhandlungsrunde am 23. Mai hatte die Verdi-Verhandlungsführerin Martina Grundler angekündigt, dass ohne ein Entgegenkommen der Arbeitgeber die nächste Eskalationsstufe drohe.

Tatsächlich folgten größere Warnstreiks am 28. Mai und 2. Juni, an denen sich laut Gewerkschaft mehr als 7.000 Beschäftigte beteiligt haben.

Bisher beschränkten sich die Aktionen allerdings auf einzelne Regionen. Das soll sich nun ändern. Ein bundesweiter Streiktag ist für den 26. Juni 2025 geplant – Verdi mobilisiert auf ihrer Kampagnenseite bereits dafür.

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Vor der Sommerpause eine vierte Verhandlungsrunde

Damit reagiert die Gewerkschaft auch auf ein informelles Sondierungsgespräch zwischen beiden Parteien, das am 2. Juni in kleinem Kreis in München stattfand. Ziel war es, auszuloten, ob es Bewegung in den festgefahrenen Verhandlungen geben könnte.

Zwar einigten sich beide Seiten darauf, noch vor der Sommerpause eine vierte Verhandlungsrunde anzusetzen, um eine Lösung zu finden. Doch darüber hinaus seien kaum Annäherungen erkennbar gewesen, berichtet Grundler. „Die Arbeitgeberseite hat am 2. Juni nur punktuelle Verbesserungen in Aussicht gestellt“, sagte sie dem VersicherungsJournal (13.6.2025).

Eine Versicherungsbranche, die gute bis hervorragende Ergebnisse erzielt, versucht, auf Kosten unserer Gehälter zu sparen. Das ist nicht fair und nicht wertschätzend.

Verdi Fachgruppe Versicherungen

Von der allgemeinen Lohnentwicklung abgehängt

Im aktuellen Streikaufruf erhebt die Gewerkschaft Vorwürfe gegen die Arbeitgeberseite. Zwar sei in der dritten Verhandlungsrunde das höchste Angebot seit Jahren unterbreitet worden – doch dieses stehe einer historisch hohen Inflation gegenüber. Trotz der angebotenen Erhöhungen würden die Reallöhne im Jahr 2027 rund vier Prozent unter dem Niveau von 2020 bleiben, so die Gewerkschaft.

„Eine Versicherungsbranche, die in den vergangenen Geschäftsjahren und auch im ersten Quartal 2025 gute bis hervorragende Ergebnisse erzielt, versucht weiterhin, auf Kosten unserer Gehälter zu sparen. Das ist nicht fair und das ist auch nicht wertschätzend“, heißt es nun im Flugblatt zum Streikaufruf (PDF, 181 KB).

Nach Einschätzung der Gewerkschaft drohten die Beschäftigten der Versicherungswirtschaft damit, von der allgemeinen Lohnentwicklung abgehängt zu werden – anders als in anderen Branchen, in denen die Arbeitgeber höhere Tarifabschlüsse gebilligt hätten.

„Unsere Arbeitgeber lehnen einen höheren Tarifabschluss mit dem Verweis auf die wieder sinkenden Inflationsprognosen ab“, heißt es im Flugblatt. „Dabei wissen wir alle, dass das Minus bei den Einkommen dauerhaft bleibt, wenn es nicht durch entsprechende Tariferhöhungen ausgeglichen wird. Ein Minus, das bleibt, senkt das Realeinkommen für den Rest des Berufslebens“, so Verdi.

Arbeitgeber zeichnen ein weniger optimistisches Bild der Branche

Der Arbeitgeberverband der Versicherer wies die Darstellung von Verdi zurück und bestreitet derart hohe Reallohnverluste. So sei bereits eine tariflich verpflichtende Inflationsausgleichsprämie in Höhe von insgesamt 2.000 Euro gezahlt worden. Auch die Tariferhöhung um 3,0 Prozent für 2024 liege über der Inflationsrate des Jahres, die bei 2,2 Prozent gelegen habe.

Der Vorwurf, die Versicherer wollten ihre Beschäftigten nicht an Rekordgewinnen beteiligen, wird vom AGV ebenfalls zurückgewiesen. Die Lage in der Branche sei deutlich komplexer, als es Verdi darstelle. So sei etwa das Neugeschäft in der Lebensversicherung rückläufig, das Geschäft gegen laufenden Beitrag stagniere (29.4.2025).

Zugleich, so der AGV, würden sich die Versicherer mit stark steigenden Schadenkosten konfrontiert sehen – etwa in der Kfz- und der Elementarschadenversicherung. Außerdem müssten sie hohe Investitionen in IT-Systeme und die Umsetzung aufsichtsrechtlicher Vorgaben stemmen.

Vorwürfe gegen Gewerkschaft

Wie festgefahren die Situation ist, zeigt sich auch daran, dass auch der Arbeitgeberverband der Gewerkschaft Vorwürfe macht. So kritisierte Dr. Sebastian Hopfner, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des AGV, ein zum Teil ruppiges und konfrontatives Auftreten von Verdi gegenüber der Arbeitgeberseite.

Die dritte Verhandlungsrunde sei „sang- und klanglos“ abgebrochen worden, nachdem die Arbeitgeberdelegation stundenlang habe warten müssen, sagte Hopfner dem VersicherungsJournal (28.5.2025). Zudem habe er den Eindruck, Verdi meide bewusst Formate, die zu einem echten Durchbruch der Verhandlungen führen könnten.

Einen Termin für die vierte Verhandlungsrunde gibt es derzeit noch nicht – AGV und Verdi stellen Gespräche für Anfang Juli in Aussicht, um endlich zu einem Tarifabschluss zu gelangen.

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Schlagwörter zu diesem Artikel
Inflation · Lebensversicherung · Tarifvertrag
 
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