17.1.2025 – Die Insolvenz von Element Insurance könnte für die Branche zu einem gewaltigen Imageschaden werden. Es gibt einen Leistungsstopp und der weitere Schutz ist akut gefährdet. Vor allem Versicherungsmakler müssen handeln. Erste Lösungen zeichnen sich aber bereits ab.
Die in Berlin ansässige Versicherungsgesellschaft Element Insurance AG hatte der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) am 20. Dezember 2024 den Eintritt von Überschuldung angezeigt. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Friedemann Ulrich Schade, Partner der BRL Insolvenz GbR, bestimmt (VersicherungsJournal 13.1.2025). Eine allgemeine Kundeninformation über die Fakten will die Bafin bald veröffentlichen.
Zwar laufen die Verträge bis zur Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens weiter, für aktuelle und künftige Schadenfälle gibt es aber keine Leistungen mehr. Möglicherweise erhalten die Kunden später eine Quote aus dem noch vorhandenen Kapital, dem sogenannten Sicherungsvermögen der Assekuranz.
„Eine vollständige Zahlung auf den Versicherungsfall scheint für Versicherungsfälle, die vor Eröffnung der Insolvenz entstanden sind, aber eher unwahrscheinlich“, schätzt der Fachanwalt für Versicherungsrecht, Stephan Michaelis, von der Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft.
Es sei zu erwarten, dass Schadenzahlungen aus Versicherungsfällen erst in einigen Monaten oder Jahren erfolgen werden, befürchtet der Jurist. Besonders gravierend wären magere und späte Teilentschädigungen etwa für abgesicherte Personenschäden.
Element hat eine Bafin-Zulassung für die Sparten Unfall, See-, Binnensee- und Flussschifffahrts-Kasko, Feuer- und Elementarschäden, Hagel-, Frost- und sonstige Sachschäden, See-, Binnensee- und Flussschifffahrts-Haftpflicht, allgemeine Haftpflicht, verschiedene finanzielle Verluste, Rechtsschutz und Beistandsversicherung.
Betroffen sind mehrere 100.000 Kunden. Die meisten wissen aber nicht, dass sie bei Element versichert sind. Grund ist, dass das Insurtech für Assekuradeure, Vermittler und Versicherer Schutz als White-Label bereitstellt, der in der Regel als digitale Police unter eigenem Namen vertrieben wird.
Oft kann man nicht einmal in den Versicherungsbedingungen den Risikoträger erkennen. Er ist aber immer aus dem Produktinformationsblatt ersichtlich. Element ist neben privaten Unfall-, Tier- und Fahrradversicherungen auch Risikoträger für gewerbliche Versicherungen wie Elektronik- oder Autohauspolicen.
Betroffen sind laut dem Bund der Versicherten e.V. (BdV) unter anderem Versicherungsmakler. So die Autoprotect GmbH, die etwa gewerblichen Flottenschutz und Versicherungen für Autohäuser anbietet.
Als weitere Vertriebe nennt der BdV die Direkt-AS GmbH, die Moinsure GmbH mit der Marke „Hepster“, die Vermittler Schutzgarant GmbH, die Panda Insurtech GmbH sowie die Manufaktur Augsburg GmbH, die eine Unfallversicherung über Element anbietet. „Selbstverständlich arbeiten wir an guten Lösungen für Kunden und Vermittler und werden diese zeitnah kommunizieren“, erläutert Armin Christofori von der Manufaktur Augsburg auf Anfrage.
Stark involviert sind zudem der Assekuradeur Domcura AG und der Versicherer BY die Bayerische Vorsorge Lebensversicherung a.G. (Die Bayerische). Beide sind am Mehrfachvermittler Asspario Versicherungsdienst GmbH beteiligt, der eine Unfall- und Fahrradpolice von Element vertreibt.
Die Zeit für Lösungen drängt, denn wahrscheinlich kann Element nicht fortgeführt werden. Dann würden – wenn das Insolvenzverfahren wie angekündigt im Februar 2025 eröffnet wird – die Verträge nach einem Monat gemäß § 16 VVG enden, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf. Daher müssen vor allem betroffene Versicherungsmakler nun handeln, sonst droht ihnen eine Haftungsfalle.
Jurist Michaelis: „Denn der Versicherungsmakler ist ein treuhandähnlicher Sachwalter und hat seinen vermittelten Kunden auch über die Insolvenz des Versicherers und die damit verbundenen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen zu informieren.“ Für den Versicherungsmakler gelte weiterhin die Devise, dass oberste Priorität der Erhalt des Versicherungsschutzes ist. Daher sollte mit Kunden über eine Umdeckung gesprochen werden.
Der Mehrfachagent Asspario hat bereits „für die nahtlose Absicherung“ der Kunden die GVO Gegenseitigkeit Versicherung Oldenburg VVaG gewonnen, wie der Geschäftsführer von Asspario, Arne Buchhop, mitteilt. Die Verträge sollen von der GVO „inhaltsgleich“ übernommen werden.
Notwendig sei aber eine 20-prozentige Beitragserhöhung. Vermittler sollten daher die Kunden über die Vertragsübernahme informieren. Buchhop: „Treffen Sie gemeinsam mit Ihren Kunden eine Entscheidung, ob eine Umdeckung zur GVO oder ein Wechsel zu einem anderen Anbieter gewünscht wird.“ Eine Rückmeldung sei innerhalb einer Frist von zehn Tagen notwendig.
Auch die Bayerische hat öffentlich angekündigt, dass sie die rund 5.000 Fahrradpolicen „Bike PROTECT“, bei der Element Risikoträger ist, selbst weiterführen will.
„Dazu haben wir unsere Kunden bereits in dieser Woche angeschrieben und unser Produkt angeboten. Der Versicherungsschutz entspricht den bisherigen Leistungen aus dem Hause der Element. Aufgrund unserer Kalkulation kommen wir zu einer Prämie, die im Vergleich um 50 Prozent höher ist“, erläutert eine Pressesprecherin.
Dabei wurden in die Prämie keine Courtage oder Provision eingerechnet. Die höheren Prämien würden die „tatsächlichen Risiken“ widerspiegeln, heißt es bei der Assekuranz.
Ganz eindeutig ist Element vielfach mit Dumpingprämien aktiv gewesen. So wirbt etwa Schutzgarant: „Der FirmenSchutzbrief ist eine modularere Absicherung für gewerblich genutzte elektronische Geräte und ist mehr als 40% günstiger als herkömmliche Schutzbriefe für Elektrogeräte.“ Die Insolvenz von Element ist daher auch ein wirtschaftlicher Realitätscheck für alle Insurtechs, dass Wachstumsideen sich auch den ökonomischen Fakten stellen müssen.
So konnte Element seine Bruttobeiträge noch im Jahr 2023 um 150 Prozent auf über 50 Millionen Euro steigern, wie aus dem Bericht über Solvabilität und Finanzlage 2023 (SFCR) hervorgeht. Doch hohe Kosten von fast 35 Millionen Euro, die vor allem durch Investitionen in die IT-Plattform entstanden sind, führten dazu, dass das Geschäftsjahr 2023 mit einem Minus von rund 24 Millionen Euro abgeschlossen wurde.
Die Situation ist 2024 wohl nicht besser geworden. Nachdem der „wichtigste“ Rückversicherer den Vertrag Ende 2024 gekündigt hatte, war Element überschuldet.
Die Bayerische Versicherung verweist über ihre Pressesprecherin Felicitas Eckert darauf hin, dass das Unternehmen und der Assekuradeur Asspario, an dem der Versicherer beteiligt ist, lediglich mit einem Kundenbestand von knapp einem Prozent an der Element Insurance AG beteiligt sind. Daher könne man nicht von „starker“ Betroffenheit sprechen.
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