24.6.2025 – Wenn der Ehemann vom E-Mail-Konto seiner Frau mit einem Versicherer kommuniziert, ist von einer Vollmacht auszugehen, urteilte das Gericht. Die Klägerin hatte argumentiert, dass sie nichts von einem Vergleichsangebot in Höhe von 10.000 Euro gewusst habe. Nachdem ihr der Versicherer die Überweisung schriftlich bestätigte, blieb sie untätig. Das änderte sich erst, als nach neun Jahren ein möglicher Folgeschaden auftrat.
Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat in seinem Urteil vom 15. Januar 2025 (1 U 20/24) die Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts (LG) Kaiserslautern vom 28. Dezember 2023 (3 O 18/22) zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Revision wird nicht zugelassen.
Geklagt hatte eine Kundin eines Wohngebäudeversicherers, die im Jahr 2011 einen Versicherungsfall geltend gemacht hatte. Hierbei waren rund 5.000 Kubikmeter Leitungswasser an der Giebelseite ihres Hauses ausgetreten, Feuchtigkeit war in das Untergeschoss gelangt.
Nach einem Ortstermin schickte der eingeschaltete Gutachter eine Kostenberechnung an den Versicherungsmakler der Frau. Später erhielt der Gutachter eine E-Mail vom Konto der Klägerin, die mit ihrem Namen als Absender gekennzeichnet war. Der Absender machte darin Einwände gegen die Aufstellung.
In der E-Mail fand sich laut dem Urteil zudem ein Vergleichsvorschlag, mit dem der Versicherer von eventuellen Folgeschäden freigestellt werden sollte. Wörtlich heißt es: „Ich wäre mit einem Vergleich in Höhe von 10.000 Euro einverstanden.“ Ein Betrag darunter sei demnach nicht akzeptabel.
Damit hat die Versicherte nach Ansicht der OLG-Richter ein Angebot unterbreitet, das der Versicherer so angenommen hat. Die Beklagte überwies der Klägerin den vollen Betrag und erklärte in einem Schreiben: „Die Regulierung erfolgt gemäß den Feststellungen des Sachverständigen vor Ort.“
Doch im Jahr 2020 traten auch im Dach- und Erdgeschoss des gegen Leitungswasserschäden versicherten Gebäudes Wasseraustritte auf. Die Frau forderte daraufhin, dass die Assekuranz ihr sämtliche Folgeschäden aus dem Schadensereignis im Jahr 2011 zu ersetzen hat.
Außerdem hätten sich nach Angaben der Frau im Jahr 2020 Folgeschäden gezeigt, die auf den versicherten Schaden neun Jahre zuvor zurückzuführen seien. Denn es sei zu befürchten, dass die Fundamente unterspült worden seien, wodurch die Bodenplatte instabil geworden sein könnte.
Inzwischen habe sich der Boden im Außenbereich abgesenkt und es seien Risse in der Bodenplatte und im Mauerwerk entstanden, über die Feuchtigkeit aus dem Erdreich eindringen könne. Auch hierfür habe die Beklagte laut dem Versicherungsvertrag einzustehen, argumentierte die Frau.
Die sechs Jahre zuvor gezahlten 10.000 Euro stünden der Klage demnach nicht entgegen. Denn das Vergleichsangebot per E-Mail stamme gar nicht von ihr, sondern von ihrem Ehemann. Dieser sei hierzu nicht bevollmächtigt gewesen und sie habe keine Kenntnis von der Offerte gehabt.
Der Betrag für die per E-Mail angebotene Abfindung sei daher einerseits nicht mit ihr abgestimmt gewesen. Andererseits sei er viel zu gering, so die Frau weiter. Denn sie befürchte immense Schäden an dem Wohnhaus, das sie im Jahr 2005 bei einer Zwangsversteigerung erworben hatte.
Weil der Wert der Immobilie mit etwa zwei Millionen Euro angesetzt wurde, stellt die gezahlte Vergleichssumme nach Ansicht der Frau eine „unbillige Härte“ dar. Laut dem Urteil aber besteht kein solch „krasses Missverhältnis zwischen Gesamtschaden und Abfindungssumme“.
Denn: „Das Wohngebäude kann […] nicht mit dem Schadenswert an sich gleichgesetzt werden“, entgegnen die Richter. „Ein solcher Schadenswert träte nur dann ein, wenn […] das Gebäude insgesamt so schadhaft geworden wäre, dass es nicht mehr nutzbar, abgerissen et cetera werden müsste.“
„Zudem ermangelt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass der Klägerin Folgeschäden in Millionenhöhe drohen“, heißt es weiter. Bereits „Schäden im Umfang von 30.000 Euro – auf diesen Betrag hat die Klägerin den Streitwert […] beziffert – vermochte die Klägerin nicht zu konkretisieren.“
Im Ergebnis sei hier „klar und eindeutig“ vereinbart worden, dass mögliche Folgeschäden bereinigt sind, so dass jede Nachforderung ausgeschlossen ist. Ein Vergleich binde den Versicherungsnehmer auch dann, wenn das Risiko von Folgeschäden von Fachleuten hätte erkannt werden können.
Das Handeln des Ehemannes ist laut dem Urteil der Klägerin zuzurechnen, weil eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht anzunehmen sei. Denn sie habe ihm die Zugangsdaten für den eigenen E-Mail-Account zugänglich gemacht, den er in Kenntnis der Frau unter ihrem Namen genutzt habe.
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