7.1.2021 – Fettleibige, die nach einer radikalen Reduzierung ihres Gewichts entstellt sind, haben Anspruch auf Leistungen ihres gesetzlichen Krankenversicherers, wenn sie die Entstellung operativ korrigieren lassen. Das hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 17. November 2020 entschieden (L 16 KR 143/18).
Der Entscheidung lag die Klage einer unter Übergewicht leidenden Frau zugrunde, die nach einer sogenannten Schlauchmagen-Operation rund 50 Kilogramm Gewicht verloren hatte.
Dieses an sich positive Ergebnis wurde durch die Tatsache getrübt, dass es durch das Reduzieren des Gewichts eine Fettverteilungsstörung mit massiven Hautüberschüssen im Bereich der Oberarme auftrat. Diesen Zustand wollte die Klägerin operativ korrigieren lassen.
Ihr gesetzlicher Krankenversicherer lehnte es jedoch ab, die Kosten des Eingriffs zu übernehmen. Das begründete er damit, dass es sich dabei um eine kosmetische Operation handele, für welche keine Leistungsverpflichtung bestehe. Der Zustand der Oberarme der Versicherten sei nämlich nicht als Krankheit im medizinischen Sinne zu bewerten.
Doch obwohl das von mehreren Gutachtern bestätigt wurde, gab das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen der Klage der Versicherten gegen ihre Krankenkasse statt.
In der Begründung ihrer Entscheidung wiesen die Richter darauf hin, dass die Kosten kosmetischer Operationen im Fall einer Entstellung durchaus durch die gesetzlichen Krankenversicherer zu übernehmen seien. Von einer solchen zeigten sie sich nach persönlicher Augenscheinnahme überzeugt.
Denn trotz unauffälliger, weit geschnittener und lockerer Alltagskleidung habe die Kleidung im Bereich der Oberarme der Frau sehr eng angelegen. Im Bereich der Unterarme habe sich die Kleidung hingegen „wie eine Fahne im Wind“ bewegt. Im Übrigen seien die Ellenbogen von einem „eiförmigen, voluminösen Gewebeüberhang“ deutlich überdeckt worden.
Ein derartiges Erscheinungsbild ist nach Ansicht des Gerichts als Entstellung zu werten. Denn dabei handele es sich um eine körperliche Auffälligkeit, die schon bei einer flüchtigen Begegnung in alltäglichen Situationen praktisch im Vorbeigehen zu erkennen sei. Sie würde automatisch zu einer Fixierung anderer auf die Klägerin führen.
Die Versicherte habe folglich einen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die Beseitigung des Makels durch ihre Krankenkasse.
Dass die gesetzlichen Krankenversicherer die Kosten einer Hautstraffung nur in seltenen Ausnahmefällen übernehmen müssen, belegt ein Urteil des Sozialgerichts Mannheim aus dem Jahr 2014 (VersicherungsJournal 9.1.2015).
Das hatte ebenso wie Jahre zuvor das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (2.2.2007) entschieden. Beide kamen zu dem Schluss, dass Versicherte nach einer radikalen Gewichtsreduzierung keinen Anspruch auf Leistungen ihrer Krankenkasse wegen der operativen Beseitigung auffälliger Hautfalten haben.
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