12.2.2019 – Versäumt es ein Rentenversicherer, einen Antrag auf eine Rehabilitations-Maßnahme an den zuständigen Träger weiterzuleiten, so hat er die Kosten der Maßnahme auch dann selbst zu bezahlen, wenn der Versicherte in der Zwischenzeit eigenmächtig in Vorleistung getreten ist. Das hat das Sozialgericht Heilbronn mit Urteil vom 17. Januar 2019 entschieden (S 5 R 1812/14).
Der Entscheidung lag die Klage eines Versicherten zugrunde, der im Februar 2012 einen Hirninfarkt erlitten hatte.
Nach mehreren operativen Eingriffen sowie zwei durch seinen gesetzlichen Krankenversicherer finanzierten Frührehabilitations-Maßnahmen stellte der Medizinische Dienst der Krankenkasse schließlich fest, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten gemindert ist. Er könne dauerhaft weder seinen Beruf noch andere, auch nicht leichte körperliche Tätigkeiten ausüben.
Der Krankenversicherer forderte den Versicherten daher dazu auf, bei seinem gesetzlichen Rentenversicherer die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu beantragen. Diesen Antrag lehnte die Deutsche Rentenversicherung mit der Begründung ab, es wäre nicht zu erwarten, dass die Erwerbsfähigkeit durch eine weitere Rehabilitations-Maßnahme wieder hergestellt werden kann.
Der Versicherte reichte daraufhin Klage gegen den Rentenversicherer ein. Gleichzeitig nahm er auf eigene Kosten ab März 2013 für mehrere Wochen an einer tagesstationären neurologischen Reha-Maßnahme teil. Von dem Rentenversicherer verlangte er, ihm deren Kosten in Höhe von rund 22.000 Euro zu erstatten.
Nach Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens kam das Heilbronner Sozialgericht zwar zu dem Ergebnis, dass beim Kläger tatsächlich keine positive Erfolgsprognose bestanden hatte, seine Erwerbsfähigkeit zu bessern oder gar wiederherzustellen. Das Gericht gab der Klage gleichwohl statt.
Der Kläger habe zwar keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten nach rentenversicherungs-rechtlichen Vorschriften gehabt. Die Reha-Maßnahme habe ihm aber unter krankenversicherungs-rechtlichen Aspekten gewährt werden müssen.
Da es der Rentenversicherungs-Träger versäumt habe, den Antrag des Klägers an dessen Krankenkasse weiterzuleiten, sei er es, der die Kosten zu übernehmen habe. Auch die Tatsache, dass der Kläger den Antrag nach ausdrücklicher Aufforderung der Krankenkasse bei dem Rentenversicherer gestellt hatte, ändere daran nichts.
Die Maßnahme sei auch notwendig gewesen. Denn nur so habe eine Chance bestanden, die Pflegebedürftigkeit des Versicherten zu mindern. Ohne eine Reha-Maßnahme wäre er nämlich gehunfähig geworden. Außerdem hätten sich seine kognitiven Fähigkeiten mit großer Wahrscheinlichkeit noch weiter verschlechtert.
Durch die Inanspruchnahme der Maßnahme seien folglich auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit nicht verletzt worden.
Dass dem Kläger durch seine Eigeninitiative der Selbstzahlertarif und nicht die niedrigeren Sätze für Rehabilitationsträger berechnet worden sind, könne ihm nicht angelastet werden. Denn er müsse so gestellt werden, wie er bei einer regelgerechten Leistungsgewährung dagestanden hätte.
Den Ausgang des Prozesses hat der Kläger leider nicht erlebt. Denn er war im Laufe des Verfahrens gestorben. Seine Ansprüche sind aber auf seine Witwe übergegangen. Der müssen nun die rund 22.000 Euro gezahlt werden.
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