29.1.2019 – Der Sturz eines Fußgängers, der darauf zurückzuführen ist, dass er ein Auto verfolgt, dessen Fahrer einen Unfall verursacht hat, ist dem Betrieb des Fahrzeugs zuzurechnen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 24. August 2018 entschieden (7 U 23/18).
Die Klägerin hatte ihren Personenkraftwagen ordnungsgemäß auf einem Parkplatz abgestellt. Als sie zu ihrem Auto zurückkam, wurde sie von einem Zeugen darauf aufmerksam gemacht, dass dieses unmittelbar zuvor durch ein sich langsam entfernendes anderes Fahrzeug beschädigt worden ist.
Die durchtrainierte Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt Sportschuhe trug, lief daraufhin hinter dem schadenverursachenden Fahrzeug her. Doch als sie es erreicht hatte und dessen Fahrerin durch Klopfen auf die Seitenscheibe auf sich aufmerksam machen wollte, kam sie zu Fall. Dabei wurde sie erheblich verletzt.
Der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer der Schadenverursacherin bestritt, dass die Verletzung der Klägerin dem Betrieb des Fahrzeugs seiner Versicherungsnehmerin zuzurechnen ist. Er weigerte sich daher, ihr ein von ihr gefordertes Schmerzensgeld zu zahlen.
Zu Unrecht, befand das Hammer Oberlandesgericht. Es gab der Schmerzensgeldklage der Verletzten statt.
Nach Ansicht der Richter ist der Begriff „beim Betrieb eines Fahrzeugs“ weit auszulegen. Denn die Vorschrift wolle alle Schadensabläufe, die durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflusst werden, erfassen. Daher sei ein Schaden bereits dann bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich die von ihm ausgehenden Gefahren ausgewirkt hätten.
„Der Zurechnungs-Zusammenhang ist grundsätzlich auch bei mittelbar verursachten Schäden gegeben, die dadurch entstehen, dass in einer vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage ein weiterer Umstand – etwa ein Verhalten eines Dritten oder das Verhalten des Geschädigten selbst – hinzukommt und sich die Gefahr dadurch realisiert“, heißt es dazu in der Urteilsbegründung.
In dem entschiedenen Fall habe sich bei dem Sturz weder das allgemeine Lebensrisiko der Klägerin verwirklicht, noch habe sie durch die Verfolgung des Fahrzeugs einen eigenen Gefahrenkreis eröffnet, dessen Risiken sie hätte selbst tragen müssen.
Die Ursache für den Unfall habe nämlich ausschließlich die beklagte Fahrzeughalterin gesetzt, indem sie sich unerlaubt von dem Ort des zuvor durch sie verursachten Unfalls entfernt habe.
Dass die Klägerin zu Fuß dem langsam fahrenden Personenkraftwagen hinterhergelaufen sei, stelle eine nachvollziehbare Reaktion dar. Diese sei auch nicht mit Risiken verbunden gewesen, die im Verhältnis zum Anlass des Hinterherlaufens unverhältnismäßig seien.
Den Einwand der Beklagten, es sei nicht erforderlich gewesen, hinter dem sich entfernenden Fahrzeug hinterherzulaufen, weil sich die Klägerin ebenso gut gefahrlos das Kennzeichen hätte notieren können, ließen die Richter nicht gelten.
Denn für eine Verfolgung des Pkw habe gesprochen, „dass bereits an der Unfallstelle getroffene Feststellungen zu einem Unfallgeschehen mit Blick auf Schaden und Schädiger eine höhere Gewähr für eine reibungslose Schadensregulierung böten, als eine Halterabfrage anhand des Kennzeichens und anschließender Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen nicht an der Unfallstelle angetroffenen Fahrer“.
Die Richter sahen keine Veranlassung, eine Revision gegen ihre Entscheidung zuzulassen.
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